Trumps Gipfel-Spiel: Genial oder gefährlich?

Stefan Homann
upday DE
Published in
3 min readMay 25, 2018

Es sollte DER Coup des selbsternannten “Dealmakers” werden: Donald Trump trifft Kim Jong Un — der erklärt sich bereit, seine Atomwaffen abzugeben — endlich Frieden für die koreanische Halbinsel — und vielleicht der Nobelpreis für den US-Präsidenten. So einfach wird das nicht. Trump hat den Gipfel mit einem Paukenschlag abgesagt. Was steckt dahinter? Wie gefährlich wird der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm jetzt? Und warum hält der US-Präsident nur einen Tag später das Treffen plötzlich doch für möglich?

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (links), US-Präsident Donald Trump.: Zwei, die einfach nicht zusammenkommen. Foto: Wong Maye-E/AP/dpa

DER DIKTATOR ZÜNDET

Mit seinen Raketen- und Atomtests hatte Kim Jong Un die USA und die Welt immer wieder provoziert. Diese Explosion sollte wohl ein Zeichen des guten Willens sein. Am Donnerstag jagte Nordkorea die Tunnel in Punggye Ri in die Luft, wo die Sprengköpfe getestet wurden. Allerdings gibt es Spekulationen, dass die Anlage ohnehin nutzlos für Kim war— falls er wirklich schon über einsatzfähige Atomwaffen verfügen sollte.

DER PRÄSIDENT SAGT AB

Kurz nach der Sprengung die Kehrtwende von Donald Trump: Der US-Präsident sagt den Gipfel mit Kim ab, der für den 12. Juni in Singapur geplant war. Wegen der “offenen Feindseligkeit” in den letzten Aussagen aus Pjöngjang halte er den Gipfel derzeit für “unangemessen”.

Tatsächlich wurde in den letzten Tagen zunehmend deutlich, dass die USA und Nordkorea nicht auf einen Nenner kommen, was beim Gipfel eigentlich erreicht werden sollte. Nordkorea nannte Vizepräsident Mike Pence “dumm”, Vizeaußenministerin Choe Son Hui drohte mit einem “nuklearen Showdown”, falls es zu keiner Einigung kommen sollte.

DER BRIEF

Trump erklärte Kim die Absage in einem Brief. Der enthält sanfte Schmeicheleien (“ein wunderbarer Dialog”) und brutale Drohungen: “Unsere [Atomwaffen, Anm. d. Red.] sind so gewaltig und schlagkräftig, dass ich zu Gott bete, dass sie nie eingesetzt werden müssen”. Er liest sich beinahe wie ein verlängerter Tweet des US-Präsidenten. (“Süddeutsche.de” dokumentiert den Brief im Wortlaut.)

Trumps Brief an Kim Jong Un: “Dear Mr. Chairman.” Foto: J. David Ake/AP/dpa

Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, meint: Das Schreiben sei bizarr, werde wohl weltweit bei der Diplomatenausbildung als Negativbeispiel behandelt werden.

DER SÜDEN IST ÜBERRUMPELT, DER NORDEN WILL WEITER REDEN

Südkorea wurde von der Absage des Gipfels völlig überrascht. Präsident Moon Jae In nannte den Schritt “schockierend und sehr bedauerlich”. Kim Jong Un ließ durch seinen Vizeaußenminister erklären, sein Land sei weiter zu Verhandlungen bereit. Er kritisierte den Druck der USA auf Nordkorea, sein Atomprogramm einseitig aufzugeben.

WAS WILL TRUMP MIT SEINER ABSAGE ERREICHEN?

Auf diese Frage gibt es in Washington zwei Arten von Antwort. Variante 1: Es ist das Eingeständnis seines Versagens, seine “Alles oder nichts”-Politik funktioniert nicht — schnelle Ergebnisse sind ohnehin nicht zu erwarten und Nordkorea hegt wahrscheinlich gar keine ernsthaften Absichten. Variante 2: Die Absage ist Teil einer genialen Strategie, mit der er den Preis für den Gipfel hochtreiben will — immerhin hat Trump Nordkorea bereits zur Freilassung von Geiseln, der mutmaßlichen Zerstörung des Testgeländes und einem viel versöhnlicheren Ton als bisher bewegt. “Süddeutsche.de” mit einer Analyse:

Kommt es doch noch zum Gipfel?

Trump äußerte sich am Freitagnachmittag vielsagend auf Twitter. Er schreibt, von “sehr guten Nachrichten”. Man werde sehen, wohin das “produktive Statement” Nordkoreas führe — “hoffentlich zu langem und dauerhaftem Wohlstand und Frieden”.

Vor Reportern ging der US-Präsident mehr ins Detail. “Jeder spielt Spiele”, sagte Trump. Und plötzlich ist auch wieder der gerade abgesagte Termin ein Option. Trump: “Es könnte auch der 12. Juni sein.“

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