Was sagt Mesut Özils Rücktritt über den deutschen Fußball aus?

Sarah Borufka
upday DE
Published in
3 min readJul 23, 2018
Er ist es leid: Mezut Özil ist als Nationalspieler zurückgetreten (Foto:Christian Charisius/dpa)

Jetzt ist es amtlich: Mesut Özil will nicht mehr für Deutschland spielen. In den vergangenen Wochen musste er, mehr als jeder andere Spieler der Nationalmannschaft, viel einstecken: Erst wurde er wegen seines Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisiert. Dann suchten nach dem WM-Aus Fußball-Funktionäre die Schuld vor allem bei ihm. Özil schwieg lange, nun erklärte er am Sonntag seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Auch Rassismus spielt dabei eine Rolle.

Wie alles begann …

Wie geriet Mesut Özil, der vor vier Jahren mit “der Mannschaft” Deutschland zum WM-Titel brachte, ins Kreuzfeuer der Kritik? Kurz vor der WM-Nominierung trafen Mesut Özil und sein Mannschafts-Kollege Ilkay Gündogan den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in London. Das Foto, auf dem die beiden Sportler mit dem umstrittenen Machthaber der Türkei posieren, machte Schlagzeilen — und sorgte für heftige Kritik an Özil. So sagte der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Grüne):

“Anstatt Erdogan diese geschmacklose Wahlkampfhilfe zu leisten, wünsche ich mir von den Spielern, dass sie sich aufs Fußballspielen konzentrieren.”

Nach dem WM-Aus suchten viele die Schuld bei Özil

Nach dem vorzeitigen WM-Aus ebbte die Kritik an Özil nicht ab, im Gegenteil. Der Direktor der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, kritisierte den Spieler öffentlich. Man hätte überlegen müssen, ob man “sportlich auf ihn verzichtet”, sagte Bierhoff in einem Interview, neun Tage nach dem WM-Aus. Die Kritik an Özil wirkte auf viele wie ein Nachtreten aus den eigenen Reihen. Bierhoff mache so einen einzelnen Spieler zum Sündenbock, kommentierte etwa Martin Schneider in der “Süddeutschen Zeitung”.

Sportlich gehört Özil europaweit zu den besten Spielern

Dass die sportliche Kritik an Özil nicht unbedingt gerechtfertigt ist, zeigt auch ein Blick auf die Kreativ-Statistik der englischen Zeitung “Sun”. Diese platziert den FC-Arsenal-Spieler auf Platz drei. Die Statistik berücksichtig die fünf europäischen Top-Ligen und beruht auf den durchschnittlich kreierten Chancen pro 90 Minuten. Laut ihr ist Özil im Schnitt an 3,44 Chancen beteiligt — und spielt somit ganz weit vorne mit.

Schwere Vorwürfe gegen DFB-Präsident Reinhard Grindel

In einem sehr persönlichen Statement erklärte Özil nun seinen Rücktritt. Er spricht über seine Wurzeln in der Türkei, seine Identität zwischen zwei Kulturen und den Rassismus, den er immer wieder erlebt. “Was auch immer das Ergebnis der letzten Wahl gewesen wäre, oder der Wahl davor, ich hätte das Bild trotzdem gemacht”, schreibt Özil. An Grindel übt er harsche Kritik. In seinen Augen sei er “Deutscher, wenn wir gewinnen, und ein Immigrant, wenn wir verlieren”.

“Seit dem Ende der Weltmeisterschaft ist Grindel wegen seiner Entscheidungen vor Turnierbeginn unter starken Druck geraten, und das zu Recht. Zuletzt hat er öffentlich gesagt, dass ich noch einmal meine Handlungen erklären solle und gibt mir die Schuld für die schwachen Ergebnisse in Russland, obwohl er mir in Berlin gesagt hat, dass es erledigt sei. Ich spreche jetzt nicht wegen Grindel, sondern weil ich es will. Ich werde nicht länger als Sündenbock dienen für seine Inkompetenz und seine Unfähigkeit, seinen Job ordentlich zu erledigen.”

Den Vorwurf des Rassismus will der DFB nicht auf sich sitzen lassen: “Dass der DFB mit Rassismus in Verbindung gebracht wird, weisen wir (…) in aller Deutlichkeit zurück”, heißt es in einer Mitteilung, die der Verband am Montag veröffentlichte.

Nach dem Rücktritt haben alle eine Meinung

Nicht besonders sportlich verhielt sich Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Özil habe “seit Jahren Dreck gespielt”. Doch auch Menschen mit geringerer Fußball-Expertise sahen sich dazu berufen, den Nationalspieler zu kritisieren. So äußerte sich unter anderem das IT-Girl Sophia Thomalla zum Rücktritt Özils.

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