Deutschland ist beim Thema Lebensmittelverschwendung klar im Rückstand.

Obwohl Lebensmittel im Müllcontainer gelandet sind, gehören sie rein rechtlich noch immer dem dafür verantwortlichen Supermarkt. Das sahen zwei junge Frauen Anfang des Jahres andres und wurden in Bayern wegen “gemeinsam begangenen Diebstahls” dafür verhaftet. Die Studentinnen sollen das Schloss mit einem Vierkantschlüssel geöffnet und anschließend Lebensmittel “entwendet” haben. Dabei wollten Sie eigentlich nur die Lebensmittel vor einer unnötigen Verschwendung retten. Sie erhielten im Endeffekt eine Verwarnung und wurden zu einer Geldbuße verurteilt.

18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich in Deutschland im Müll

Containern kann, wie im obigen Fall gesehen, in Deutschland strafbar sein — vor allem dann, wenn sich jemand Zutritt auf ein fremdes Gelände verschafft oder die Mülltonnen gewaltsam aufbricht.

Krass ist, dass sich laut einer Erhebung der Europäischen Union fast jeder dritte Arbeitslose in Deutschland keine regelmäßige, vollwertige Mahlzeit leisten kann, während Mülltonnen voll mit noch genießbaren Lebensmitteln sind.

Laut einer Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) werden in Deutschland jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet. Das ist ein Drittel der gesamten Produktion und entspricht in Euro-Wert dem Jahresumsatz von Aldi Deutschland. Das Ziel der Vereinten Nationen, bis 2030 die Lebensmittelvernichtung um 50 Prozent zu senken, rückt so in weite Ferne.

Andere Länder machen es vor

Lebensmittelreste für die Jeden? Genau dazu gibt es beispielsweise bei unserem Nachbarn Tschechien eine gesetzliche Regelung. Supermärkte müssen ihre übriggebliebenen Lebensmittel an karitative Einrichtungen — wie die Tafel — spenden. Frankreich ist schon seit über drei Jahren dabei. Die Hilfsorganisationen freuen sich in diesen Ländern über immer mehr Lebensmittel, die sie an Bedürftige verteilen können. Ob ein solches Modell in Deutschland möglich ist, ist mehr als fraglich.

“Ich glaube, es ist immer schwierig, mit Gesetzesvorgaben etwas zu verändern. Ich glaube, es geht um die Haltung und das betrifft alle, nicht nur das Ende der Wertschöpfungskette.” (Jochen Brühl, Bundesvorsitzender Tafel Deutschland e. V.)

Der französische Tafel-Präsident Jacques Bailet hat mehrfach betont, dass das Gesetz bewirkt habe, dass die Tafeln nun auch Essen von Herstellern bekämen, die das Verteilen von Lebensmitteln vorher verboten hätten. Zudem steige die Qualität und Auswahl der Spenden stetig an, da jetzt auch mehr frische Produkte und solche, die einige Zeit haltbar sind, gespendet würden. Die Spenden von Lebensmittelläden direkt ist bis heute auf fast 50% angestiegen.

“Stop Wasting Food” Kamapgne in Dänemark führt zu 25 Prozent weniger Verschwendung

Die Anti-Lebensmittelverschwendungs-Bewegung wird in Dänemark von Selina Juul angeführt. Sie gründete 2008 die Organisation “Stop-Waste-Food” und bekam mit ihren nachhaltigen Projekten Anerkennung auf höchster politischer Ebene und damit auch entsprechend viele Aktivisten zugunsten einer Reduzierung von Lebens­mittel­abfällen. Bemerkenswert ist, dass Dänemark mit seinen 5,7 Millionen Einwohnern mehr Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung hat als irgendein anderes europäisches Land.

Immer mehr dänische Supermärkte haben “Stop Food Waste Areas” eingerichtet, in denen es Lebensmittel zu sehr günstigen Preisen zu kaufen gibt, die kurz vor dem Ablauf des Haltbarkeitsdatums stehen. Oder es gibt dort “hässliche” Lebensmittel, die immer noch für Salate genutzt werden können.

“Jeder Einzelne kann etwas dagegen tun”

Über das Thema Verschwendung sollte jedoch schon vorm Verkauf im Supermarkt nachgedachte werden, um unnötigen Überfluss im zweiten Schritt zu vermeiden. Der WWF fordert zudem, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum bei lange haltbaren Produkten abgeschafft wird.

“Jeder kann was tun, ob jetzt der Handel, indem er die Norm ausweitet, nicht mehr so viel Obst und Gemüse, das nicht mehr so perfekt ist, auszusortieren, die Gastronomie zum Beispiel, indem verschiedene Tellergrößen angeboten werden, das Buffet nicht mehr so üppig bestückt wird und jeder im privaten Haushalt, indem man sich einen besseren Plan macht, wie man einkauft.”

Deutschland in Sachen Lebensmittel mit großem Nachholbedarf

Die Regierung in Paris hat es sich 2012 zum Ziel gemacht, die Lebensmittelverschwendung in Frankreich bis 2025 zu halbieren. Auch Deutschland hat sich im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele dazu verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren.

Leider dürfen hierzulande weiterhin Supermärkte ohne verbindliche Ziele oder Sanktionen ihr Nahrungsmittel entsorgen. Diese sind aber notwendig, um die Ziele bis 2030 zu erreichen. Freiwillige Vereinbarungen bleiben eben dies: freiwillig.

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