Eine neue Ära: Wie wir das größte IT-Projekt der letzten Jahre erfolgreich gemeistert haben

Das größte technische Projekt des Unternehmens der letzten Jahre. Wie uns der komplette Austausch unserer Abonnenten-Verwaltung in weniger als 12 Monaten gelang.

Christian Lämmerer
VGN tomorrow
5 min readSep 29, 2022

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Photo by Russ Ward on Unsplash

Unsere Ausgangssituation

Im Jahr 2020 finalisierten wir eine folgenschwere Entscheidung. Bisher hatten wir unsere komplette Abonnentenverwaltung outgesourct. Nach sechs Monaten intensiver Analyse und Strategiearbeit war klar, dass unser derzeitiger Dienstleister den Anforderungen nicht mehr gerecht wird und wir einen neuen Partner brauchen. Zwei Finalisten für das Herzstück des Projektes — die Abonnentenverwaltung — waren in der engeren Auswahl. Ein Sieger zeichnete sich ab, weshalb wir die offizielle Kündigung an unseren damaligen Dienstleister übermittelten.

Das Projekt

Nach Aussprache der Kündigung an unseren aktuellen Dienstleister blieben uns genau 12 Monate, um alle Bausteine einer Aboverwaltung neu aufzusetzen und in den Regelbetrieb zu bringen. Folgende Komponenten umfasste das Projekt:

Bereiche die im Zuge des Projektes bearbeitet wurden

Mit der Kündigung mussten wir somit mehrere technische Systeme implementieren, Dienstleister auswählen und zusätzlich auch noch den strategischen Shift in unserer Abo-Strategie möglich machen.

Nach zwei weiteren Monaten vertraglicher Abstimmungen konnten wir ab September 2020 endlich mit der Implementierung des größten Projektbausteins -> der technischen Implementierung unseres neuen Abo- & Kundenmanagementsystems beginnen.

Parallel zur Implementierung dieses großen und komplexen Projektes starteten wir die Auswahl der weiteren Partner für E-Paper, Lager & Lettershop und Service Center. Wie also konnten wir in nur noch 10 Monaten das Projekt erfolgreich umsetzen?

Das Projekt ist vergleichbar mit einem Motorenwechsel bei 130 km/h auf der Autobahn
- Zitat von Michael Pirsch, zuständiger Geschäftsführer, bezugnehmend auf die Komplexität des Projektes

Unsere 5 Erfolgsfaktoren

1. Kernteam mit umfassenden Kompetenzen

Eines der wichtigsten Faktoren war unser internes Projektteam. Wir hatten einerseits die vollständige Unterstützung und Entscheidungsfreiheit unseres zuständigen Geschäftsführers.
Andererseits waren alle Mitglieder ein integraler Teil der Einheiten, die die neue Software und die neuen Dienstleister nutzen würden. Dies hatte zur Folge, dass alle mit großer Eigenverantwortung und Engagement mitarbeiteten. Zusätzlich — und das war für unser Projekt essenziell — konnten wir extrem schnell und umfassend Fragestellungen diskutieren bzw. Entscheidungen treffen.

Dadurch entstand nicht nur eine schnelle und direkte Kommunikation im Team, sondern auch zu unseren neuen Partnern!

2. Big Picture ständig im Fokus und laufende Priorisierung

Die Implementierung des neuen Abo-Verwaltungssystems erfolgte anhand der agilen Projektmethode SCRUM. Scrum ist eine wunderbare Art, schnell wirksame Ergebnisse zu produzieren. Diese Projektmethode hat aber auch die Tendenz, dass man sich in Details verstrickt und der Überblick bzw. das große Ziel aus den Augen verliert. Wodurch Prioritäten oftmals falsch gesetzt werden. Dieses Problem hatten wir vor allem zu Beginn des Projektes, als wir noch lernten Scrum richtig anzuwenden.

Nach den ersten Monaten Lernphase priorisierten wir die anstehenden Tasks im Projekt laufend und entschieden auch kontinuierlich, welche Inhalte Go-Live relevant waren und welche nicht. Wir stellen uns laufend die Fragen:

  • Was brauchen wir, um den Go-Live zu ermöglichen?
  • Wie viel Zeit haben wir noch?

Der stetige Blick auf unser Big Picture half uns enorm den Fokus richtig auszurichten und das Projekt voranzutreiben.

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3. Volles Einlassen auf die SCRUM Methode

Wie zuvor schon erwähnt, führten wir im Projekt auch Scrum als Methode ein. Im Zuge des Projektes lernten wir schnell die Vorzüge der Methodik kennen und schätzen:

  1. die agile Arbeitsform ermöglicht es, flexibel auf Themen einzugehen und daran zu arbeiten, zu lernen und dann das Projekt entsprechend zu adaptieren
  2. Anforderungen werden definiert und sehr schnell nach der Definition umgesetzt. Somit muss nicht bis zum Ende des Projektes gewartet werden, bis eine Anforderung fertig umgesetzt ist und verifiziert werden kann. Der Grundgedanke der Anforderung ist im Team daher noch „frisch“ und die Umsetzung kann so besser nachvollzogen werden.
  3. Durch die schnelle Umsetzung werden Erkenntnisse und Fehler schneller klar und man kann entsprechend schnell darauf reagieren

Damit Scrum aber wirklich funktioniert, muss eines gewährleistet sein: „hohe Kompetenz sowohl auf Seite des Beauftragenden wie auch auf Seite des Developer-Teams. Nur wenn auch die Developer das System kennen und entsprechend „Beratungsleistung“ in der Story-Definition (= Anforderungsspezifikation) leisten, funktioniert Scrum wirklich.

Ist dies nicht gegeben, hat Scrum ein hohes Frustpotenzial, da fehlende Qualität in der Anforderungsdefinition sehr schnell augenscheinlich wird.

Mittelmäßigkeit hat beim agilen Arbeiten keine Chance!

4. Gute Stimmung im gesamten Projektteam

Ein nicht messbarer, aber meiner Meinung nach ungemein wichtiger Erfolgsbaustein, war die sehr gute Chemie im internen Projektteam und auch zu unseren externen Partnern. Dies zeichnete sich durch eine schnelle, sehr offene und direkte Kommunikation aus. Aber vor allem konnten wir die andauernde gute Zusammenarbeit an den Scherzen und Gelächter im Team festmachen.

Vor allem gegen Ende des Projektes, als die Zeit immer enger und der Druck immer größer wurde, war die gute Stimmung essenziell um den Zusammenhalt im Team gewährleisten bzw. die Motivation hochzuhalten.

5. Don‘t panic

Im Laufe eines Projektes kommt immer der Moment, der Angst einflößt. Wir hatten diese Momente mehrmals. Sei es, als wir den “Point of no Return” überschritten hatten, in den letzten zweieinhalb Monaten vor dem Go-Live, als wir die letzten Kräfte mobilisieren mussten oder im Zuge der Live-Migration die sehr knapp kalkuliert war.

Alle Momente verleiten dazu in Panik zu geraten und in Aktionismus überzugehen. Vor allem dann ist es als Projektleiter, wichtig sich das Motto „DON’T PANIC“ vor die Augen zu halten und die Situation in Ruhe zu analysieren und etwaige Alternativen abzuwägen.

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All diese Faktoren haben dazu geführt, dass wir ein sehr umfangreiches und komplexes Projekt in sehr kurzer Zeit erfolgreich umsetzen konnten. Wir gingen pünktlich live und hatten zum Zeitpunkt des Wechsels alle Dienstleister an Bord.

Der Motor wurde also erfolgreich während einer schnellen Autobahnfahrt gewechselt und läuft nun. Wir haben mit dem Projekt eine neue Abonnentenverwaltung an die Hand bekommen, die wesentlich flexibler ist, uns erlaubt Änderungen selbst durchzuführen UND wir haben für einen wichtigen Geschäftsbereich der VGN Medien Holding enorm viel Know-how wieder ins Haus zurückgeholt.

Learning zum Go-Live

Eines der wichtigsten Learnings zum Abschluss des Projektes, welches sich durch die Geschwindigkeit in der Umsetzung wie auch — wahrscheinlich — durch die Projektmethode ergibt, war die Phase des Post-Go-Lives:

Wir arbeiten nach wie vor an der Optimierung und weiteren Implementierung von Features. Vor allem direkt nach dem Go-Live mussten wir noch intensiv am System arbeiten, gleichzeitig Bugs beheben und bereits weiter das System optimieren.
In einem Haus mit einer Historie von “Wasserfallprojekten” ist und war dies natürlich eine große Herausforderung, auch nach dem Go-Live Personal- und Budgetkapazitäten zur Verfügung zu stellen!

Der große Vorteil ist jedoch, dass wir — gemäß den agilen Grundsätze — laufend Erfahrungen in das System einbauen können und schnell und regelmäßig das System optimieren.

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Christian Lämmerer
VGN tomorrow

Driving, shaping and implementing digital transformation @ VGN Medien Holding