Der ideale Führungsstil im Wandel der Zeit

PR-Fundsachen
Wandel in Kommunikation und Marketing
5 min readSep 6, 2017
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Ein Beitrag von Naoual Abardah und Johanna Hilbig.

Wie sieht der ideale Führungsstil aus? Diese Frage wird heutzutage völlig anders beantwortet als vor etwa 20 Jahren. Das Bild des perfekten Leaders hat sich mit der Zeit gewandelt. Gleichzeitig finden sich immer noch viele Parallelen wieder. Wir haben „The Listening Leader“ (2017) von Emilio Gallo Zugaro mit Dirk Baeckers „Postheroisches Management“ (1994) verglichen.

Informieren, kommunizieren, enablen, empowern und managen — das sind laut Business Coach Emilio Gallo Zugaro fünf Schritte, mit denen ein „Listening Leader“ sein Unternehmen zum Erfolg führen kann. Im Mittelpunkt steht hier — wie der Titel erahnen lässt — die Fähigkeit des Zuhörens. Schon früher lieferten verschiedene unabhängige Theorien immer wieder neue Erkenntnisse und Prinzipien über eine Führung, die zukunftsfähig ist. So hat Dirk Baecker bereits 1994 den Begriff des “postheroischen Managements” bekannt gemacht, der die Unterscheidungen von heroischer und nicht heroischer Führung und gleichzeitig die Entwicklungen im Management beschreibt.

Informationsvermittlung und Komplexität in Unternehmen

Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in der Marke sind für ein Unternehmen unabdingbar. Und doch sehen sich heute viele Unternehmen mit dem Problem konfrontiert, dass diese zwei Faktoren nicht in ausreichendem Maße gewährleistet sind. Wie stark Stakeholder einem Unternehmen vertrauen, hängt nach Emilio Gallo Zugaro davon ab, wie ein Leader Informationen vermittelt. Wie sollte beispielsweise ein CEO informieren, wenn es um wichtige Entscheidungen, Krisen, etc. geht? Zugaro gibt hier konkrete Tipps: Er rät dazu, dass der “Listening Leader” in einer einfachen Sprache spricht, keinen bürokratischen Jargon verwendet, Fakten auf den Tisch bringt, alle W-Fragen beantwortet und seine zentrale Message wiederholt.

Dirk Baecker schreibt hingegen über Komplexität und erklärt, je kundennäher, flexibler und reaktionsschneller es zugehe, desto mehr werde das Chaos aus der Umwelt in die Firma hinein geholt. Das entscheidende Kennzeichen von Komplexität sei vielmehr, eine Auswahl des Wichtigen zugunsten des Unwichtigen zu treffen. Allerdings ist man sich bewusst, dass das, was heute unwichtig ist, morgen schon wichtig sein kann. Baecker erklärt aber auch, dass Komplexität als Lösung betrachtet werden kann, weil es dem Menschen leichter fällt, zu einem stabilen Verhalten zu finden, wenn er es mit komplexen Sachverhalten zu tun hat.

Kommunikation

Nach Zugaro führt der „Listening Leader“ ständig Dialoge mit Stakeholdern. Solche Dialoge und den Austausch von Informationen definiert Zugaro hier als Kommunikation, die im Gegensatz zur reinen Information nicht monolog erfolgt. Zugaro unterscheidet dabei zwischen kalter und warmer Kommunikation. Erstere erfolgt auf technischem, elektronischem oder gedrucktem Wege, beispielsweise per E-Mail oder Telefon. Die warme Kommunikation hingegen erfolgt auf physischer und persönlicher Ebene; beispielsweise face-to-face. Zweitere sollte der “Listening Leader” stets bevorzugen, da die warme Kommunikation Körpersprache und Emotionen mit einschließt!

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Dirk Baecker erklärt dagegen, dass sich auf der Ebene der Kommunikation Erfolg und Misserfolg des Unternehmens unterscheiden. Denn alles, was im Unternehmen geschieht, ist ein Ereignis, auf das andere auf die eine oder andere Weise reagieren.

Enablen — Mitarbeiter Befähigen und Leistung steigern

“Learning and teaching to learn” lautet das Prinzip, mit dem Zugaros „Listening Leader“ die eigene Leistung und die seiner Mitarbeiter steigern kann. Dabei schaut er sich nicht nur selbst Skills und Best Practices von anderen ab, sondern teilt das, was er gelernt hat, mit seinen Mitarbeitern — er „enablet“ sie. Das erfolgt beispielsweise, indem er ihre Stärken erkennt und diese fördert. Auf diese Weise werden Mitarbeiter motiviert, was wiederum ihre Leistung steigert.

Zu diesen Punkten lassen sich einige Parallelen, aber auch Gegensätze zu Dirk Baeckers Aussagen finden. Baecker weist auf das Buch von Reinhard K. Sprenger hin, in dem es darum geht, auf die Wiederentdeckung des Faktors Mensch umzuschalten. Sprenger zeigt in seinem Buch, dass jede Motivation daran scheitert, dass sie ihre Absicht kommunizieren muss. Wer motiviert wird, achtet dann nicht auf das, was nun konkret zu tun wäre, sondern nur noch auf die Absicht — und ist verstimmt. Die Diagnosen von Sprenger lauten:

Die Motivation ist die Krankheit, für deren Haltung sie sich hält.

Leistungsbereitschaft kann man nur verhindern.

Sprengers Leitsatz: Wir brauchen Führungskräfte, die verhindern, dass ihre Mitarbeiter sich die falschen Aufgaben suchen; die sicherstellen, dass die Bezahlung angemessen ist; und die sich darüber hinaus eher in Schweigen hüllen.

Empowern — Machtverteilung und Hierarchie

Laut Zugaro ist es wichtig, die Energie der Stakeholder zu nutzen. Aus diesem Grund sollte Empowerment in den Leadership Guidelines stehen oder zu den Werten des Unternehmens gehören. Bedeutet: Die Leader des Unternehmens sollen die Mitarbeiter aktiv dazu ermächtigen, Verantwortung zu übernehmen, im Sinne des Unternehmens zu agieren, den Stakeholdern zuzuhören und ihren Input an das Top-Management zu leiten. Der Zweck: Das Unternehmen zu einem besseren zu machen. Für all das bedarf es zuerst einer kurzen Reflexion: Welche Macht hat ein Leader eigentlich? Und: Wie viel davon verteilt er oder sie auf die Mitarbeiter? Teams soll sich zugleich trauen, die „Listening Leader“ zu fragen, was sie von ihnen benötigen, um effektiv zu sein und Entscheidungen zu treffen, die zu den Zielen des Unternehmens führen.

Baecker erklärte bereits, dass die Hierarchie als Prinzip der Organisation eines Unternehmens einen wichtigen Vorteil mit einem Nachteil kombiniert: Den Vorteil sieht er darin, dass die Menge derer, die eine Entscheidung treffen, extrem eingeschränkt wird. Man weiß also im Zweifel, an wen man Probleme weitergeben kann, nämlich nach oben — ob die Probleme dann gelöst werden, ist dann jedoch zweitrangig… Entscheidend ist, dass man wieder Zeit für anderes hat und die oberen Ränge der Hierarchie beschäftigt glaubt. Als Nachteil sieht Baecker, dass die Zuordnung von Verantwortung sehr leicht in eine Wegverteilung verwandelt werden kann: Das ganze Geschick einer Bürokratie besteht darin, die Hierarchie zu einem Verschiebebahnhof von Konflikten und Problemen zu machen. Letztendlich sind die Chancen größer die Probleme zu vergessen, als sie zu lösen.

Managen — Los geht’s

Als gute Lösung für eine Führung nannte Baecker die “Vagabundierende Führung”. Die sogenannte vagabundierende Führung rotiert unter allen Mitgliedern einer Unternehmung und drückt jeweils dem das Zepter in die Hand, der in einer bestimmten Frage die größte Kompetenz besitzt. Die traditionelle Führung hat dann nur noch die Aufgabe, zu sichern, dass das Zepter tatsächlich dorthin kommt, wo die Kompetenz ist und anschließend weitergegeben wird.

Diese Grundidee spiegelt sich auch in Zugaros Listening Leader wieder. Wer sich an Zugaros oben genannten Prinzipien hält, kann zu einem “Listening Leader” werden — was ihm ermöglicht, Entwicklungen und Trends vorauszusehen und die Agenda des Unternehmens danach auszurichten. Die Stakeholder involviert er aktiv, damit sie Veränderungen im Unternehmen willkommen heißen. Die letzten Schritte, um „Listening Leader“ zu werden, ist eine Art Reflexion, bei der man sich folgende Fragen beantworten muss: Wann ist der richtige Zeitpunkt, um den Führungsstil zu ändern? Kenne ich die Stärken von mir und meiner Mitarbeiter? Welche Strategien kann ich anwenden, um ein Problem zu lösen oder eine Veränderung im Unternehmen anzugehen? Berücksichtige ich die Bedürfnisse der Stakeholder? Was erwarten sie von mir als Leader? Wenn sich der “Listening Leader” Ziele setzt, sollte er gleichzeitig flexibel bleiben — denn nicht alles läuft immer nach Plan, und manchmal ist das auch gut so.

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