Apps in der Assekuranz 2011 & heute

Deutsche Versicherer verfügen heute über ein breites Angebot an Apps und reagieren damit auf die zunehmende Technologie­affinität ihrer Kunden. Nur für welche App werden sich diese am Ende entscheiden und warum?

fluidsonic
Widgetlabs
4 min readDec 1, 2017

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Um den Zusammenhang zwischen Inhalt und Erfolg einer App in der Versicherungs­branche greifbarer zu machen, beobachten wir seit 2011 nicht nur hiesige sondern auch internationale Top-Versicherer. Die Angebote amerikanischer Versicherer sind dabei aufgrund ihrer hohen Bereitschaft zur Innovation und der damit verbundenen Lernkurve besonders interessant.

Die USA sind Deutschland um Jahre voraus

Betrachtet man den aktuellen App-Markt, dann finden sich für jeden großen deutschen Versicherer unzählige Apps. So sind beispielsweise die Allianz und die AXA gemeinsam mit stolzen 160 Apps im Apple App Store unterwegs. Das Angebot ist dabei so vielseitig, wie es nur sein kann: Apps zur Tarifierung, Apps zur Schadenmeldung, Apps für sicheres Fahren, Apps für den Umzug und viele mehr.

Was fehlt ist eine einheitliche digitale Strategie und das spüren auch die Kunden. Wer eine für sich relevante Versicherungs-App nutzen möchte, muss erst einmal suchen, ausprobieren und verstehen. Die Zeit dafür hat heutzutage natürlich niemand mehr und die Enttäuschung beim Installieren der ersten App ist oft groß: veraltet, unübersichtlich, extrem umständlich oder einfach schlicht nicht das, was man erwartet hat. Dies ist oft verursacht durch schwerfällige Prozesse der Versicherer, übertriebenen Datenschutz (ein typisch deutsches Problem) und mangelndes Verständnis darüber, wie Menschen mit Technologie interagieren.

Eine ähnliche Situation haben wir auch 2011 auf dem amerikanischen Markt beobachtet: zahlreiche Funktionen über dutzende Apps hinweg verteilt — von Spaß & Zeitvertreib bis hin zum Claim Reporting war alles vertreten.

Diese Versicherer haben seitdem hart an Lösungen zu ihrer Fragmentierung und ihrer Ziellosigkeit gearbeitet und durch Mut zur Innovation sowie schneller fortwährender Iteration den Weg auf die Smartphones ihrer Kunden gefunden. Die Zahl einzelner und oft nutzloser Apps pro Versicherer ist stark gesunken und die Entwicklungsressourcen liegen nun dort, wo sie gebraucht werden: Den Blick aus dem eigenen Sandkasten heben und in das Leben der Kunden bewegen, um dieses nicht nur zu tangieren, sondern durch eine klare Wertschöpfung zu bereichern.

Foto von Austin Chan auf Unsplash

Paradebeispiel GEICO

Exemplarisch für die Umsetzung einer erfolgreichen All-in-One App-Strategie präsentiert sich das derzeitige Angebot des amerikanischen Versicherers GEICO. Durch die Reduzierung ihrer zahlreichen Apps und isolierten Kampagnen auf eine einzige zentrale App hat es GEICO Mobile mit schätzungsweise 15 Millionen Downloads zu den meistgenutzten Apps der Versicherungsbranche weltweit geschafft.

Zentrale Apps mit Kernfunktionen wie Schadensmeldungen, Vertrags­verwaltung, Einreichung von Arztrechnungen, usw. — kurz gesagt alle relevanten Informationen und Funktionen rund um die eigenen Policen in einer App — erhalten deutlichen Zuspruch. Für Kunden sind inzwischen Mehrwert und Komfort die entscheidenden Kriterien bei der Akzeptanz neuer digitaler Inhalte.

Strategisch setzen die digitalen Angebote amerikanischer Versicherer wie GEICO heute auf die Bindung ihrer Bestandskunden statt auf die Gewinnung von Neukunden. Die letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass es kaum eine größere Herausforderung gibt, als Menschen dazu zu bewegen, die eigene App zu finden, zu installieren, zu nutzen und nicht wieder zu entfernen. Die Aktivierung von Bestandskunden umgeht die meisten Hürden: Kunden können auf die App aufmerksam gemacht werden — idealerweise durch gezielte Hervorhebung eines Mehrwerts, welcher in genau diesem Moment für die Kunden relevant ist. Zudem verstehen Versicherer ihre Kunden besser als Fremde, wodurch die Entwicklung von Funktionen für diese Zielgruppe deutlich leichter fällt.

Consumers have spoken: By and large, they prefer to manage their lives through apps. For many industries, apps are increasingly becoming a must-have.
AppAnnie

Ihre Ressourcen auf einer App zu bündeln statt verschiedene Apps in autarken Projekten umzusetzen verlangsamt GEICO’s Innovationsgeschwindigkeit aber keineswegs. So haben sie bereits Januar 2017 ihre App um einen AI-gestützen virtuellen Assistenten erweitert und so gleich zwei Themen aufgegriffen, welche bei uns gerade erst interessant werden und noch am Anfang stehen.

Längst vergangene Kampagnen wie GEICO’s Caveman Photo Crasher im Jahr 2011, welche durch eine Emo­ti­o­na­li­sie­rung von Versicherungsprodukten weitere Kundenkreise erschließen sollten, finden sich inzwischen kaum noch.

Die Konkurrenz ist enorm, der Platz begrenzt

Während man damals im Apple App Store mit “nur” 350.000 Apps konkurrieren musste, kämpfen heute mehr als 2,2 Millionen Apps um ihren Platz auf dem Smartphone. Jeder Mensch hat im Durchschnitt gerade mal rund 90 Apps auf seinem Smartphone installiert. Zieht man die rund 30 vorinstallierten Apps der jeweiligen Plattform ab, dann bleibt für lediglich 60 weitere Apps die Chance, sich durch deutlichen Mehrwert einen Platz im Alltag der Menschen zu sichern.

App Research

Im Folgenden ein Überblick über die Apps der größten US-Versicherer.

2011

2017

App Stores 2011 & heute

Researches durch Danny Clark, Dennis Kiewning und Lutz Grätz.

Weitere Blickwinkel

Während unsere Beobachtungen sich auf den Blickwinkel der Kunden von Versicherern konzentrieren, berichtet Mehrdad Piroozram (Venture Capitalist, Partner bei InsurTech.VC) darüber, wo zur Zeit die Schwerpunkte der Aktivitäten von InsurTechs liegen:

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