Humanitäre Lage im Sahel verschlechtert sich: 6 Dinge, die man wissen muss
Humanitäre Organisationen warnen, dass Millionen von Menschen in diesem Jahr Ernährungshilfe benötigen. Warum das so ist und welche Lösungen es gibt.
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1. Der Sahel ist ein Trockengebiet südlich der Sahara, das sich über den afrikanischen Kontinent von Westen (Senegal) nach Osten (Djibouti) erstreckt. Die Region ist anfällig für Dürren und Ernährungskrisen, die mit Klimaschocks und fehlenden Investitionen zusammenhängen. Kommt es zu einer großen Dürre, wächst der humanitäre Bedarf um ein Vielfaches. In diesem Jahr ist die Situation in sechs Staaten im Westen des Kontinents besonders besorgniserregend — Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger, Senegal und Tschad. Ausbleibender Regen vernichtete im letzten Jahr große Teile der Ernte, dezimierte den Viehbestand. Viele Familien verloren damit ihren Lebensunterhalt. Das führte zu einem frühzeitigen Beginn der „Hungersaison“, die Zeit zwischen dem Punkt, an dem die letzte Ernte verbraucht ist und der neuen Ernte.
2. Ernährungsexperten sprechen von der schlimmsten Trockenperiode seit vier Jahren. Die Nahrungsmittelvorräte der Bevölkerung sind früher erschöpft als erwartet. Ohne Hilfe werden die Menschen über lange Zeit nicht genügend und angemessen essen können. Die Folgen: Die Menschen müssen ihren Viehbestand billig verkaufen. Jeden Tag können sie sich weniger Essen leisten. Sie suchen deshalb früher als sonst in anderen Regionen oder Städten Zuflucht. Die Getreidepreise sind hoch — für die Ärmsten werden Nahrungsmittel unerschwinglich.
3. Über fünf Millionen Menschen werden in der Trockenzeit Ernährungshilfe benötigen — ihre Zahl kann noch steigen. Bis zu fünf Millionen Kinder sind von akuter Mangelernährung bedroht, 1,6 Millionen von ihnen sind extrem gefährdet. Rund 2,5 Millionen Hirten werden Unterstützung benötigen, um ihren Viehbestand wiederherzustellen.
4. Die angespannte Ernährungssituation im Sahel ist nicht neu. Doch die Situation hat sich aus verschiedenen Gründen verschärft. Konflikt und Unsicherheit, einschließlich Extremismus, bedeuten große Unsicherheit für die Menschen. Anhaltende Kämpfe haben Tausende von Menschen vertrieben, zum Beispiel im Norden Malis in der Region um Timbuktu. Insbesondere Flüchtlinge haben unter einer doppelten Last zu leiden. Die Jüngeren laufen Gefahr, sich zu radikalisieren oder militanten Gruppen anzuschließen. Die Präsenz von Militär, bewaffneten Gruppen und die in diesem Zusammenhang auferlegte beschränkte Bewegungsfreiheit bedeuten andererseits, dass traditionelle Überlebensstrategien schwieriger geworden sind — wie zum Beispiel die Viehzucht. Selbst humanitären Helfern ist es oft nicht möglich, die Betroffenen zu erreichen.
5. Um in der Sahel-Zone Leben zu retten und eine Katastrophe abzuwenden, muss jetzt gehandelt werden. Es ist ein Rennen gegen die Zeit, Nahrungsmittel und Spezialnahrung zu kaufen und sie in jene entlegenen Regionen zu bringen, wo sie gebraucht werden — noch bevor die Regenzeit beginnt und Straßen unpassierbar werden. Wo es funktionierende Märke gibt, hilft WFP mit Bargeldtransfers. Die UN-Organisation benötigt dringend 165 Millionen US-Dollar, um den Hilfsbedarf für 3,5 Millionen Menschen zu decken. Ansonsten müssen WFP und seine Partner die Hilfe für Familien priorisieren und Rationen reduzieren. Für eine beträchtliche Zahl von armen Menschen würde es jedoch keine Unterstützung geben.
6. Wir sind jetzt verpflichtet, Menschenleben zu retten ist. Doch die Krisen wird es auch in Zukunft geben, wenn nicht deren Ursachen bekämpft werden — Armut, Bevölkerungswachstum, fehlende Investitionen in die Landwirtschaft und der Klimawandel. Die Vereinten Nationen rufen dringend zu einem integrativen Handlungsansatz auf, bei dem humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und friedensbildende Maßnahmen miteinander verknüpft werden. WFP arbeitet mit Regierungen und Partnern zusammen, um Resilienz-Programme im Sahel zu entwickeln. Ziele: Eine Millionen Jobs in der Region schaffen, fünf Millionen Hektar degradiertes Land rekultivieren, zusätzlich zwei Millionen Tonnen landwirtschaftliche Produkte erzeugen und die riskante Migration mindestens in 70 Prozent der Gemeinden innerhalb der nächsten sechs Jahre reduzieren. Um die Lebenssituation von über sechs Millionen Menschen im Sahel zu verbessern, werden dazu jährlich rund 600 Millionen US-Dollar benötigt.
WFP bedankt sich bei folgenden Gebern für die Unterstützung seines aktuellen Nothilfeprogramms im Sahel: AfDB, Deutschland, DFID und ECHO, Japan, Kanada, Monaco, Schweiz, SRAC, UN-Katastrophenhilfsfond (CERF) und USAID.
Text von George Fominyen, übersetzt von WFP Berlin