Im Land der Flüsse den Stürmen standhalten

Wie sich Familien in Bangladesch vorausschauend gegen Monsune wappnen

WFP Deutsch
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4 min readAug 28, 2019

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Bauer Feroze, hier mit Futter für sein Vieh. Er wusste rechtzeitig von den Überschwemmungen und konnte sich entsprechend vorbereiten. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

„Wenn die Erde trocken riecht und sich dichte, graue Wolken über unserem Dorf zusammenbrauen, weiß ich, dass es heftig regnen wird“, sagt Saleha Begum, eine Bäuerin im Kurigram-Distrikt im Nordwesten von Bangladesch.

Für Saleha und unzählige andere im berühmten ‚Land der Flüsse‘ sind es Zeichen des Unheils, denn ihre Lebensgrundlagen hängen von den Flüssen ab.

Der letzte Monat hat das auf dramatische Weise gezeigt: Sintflutartige Überschwemmungen haben Häuser weggespült und mehr als sieben Millionen Menschen aus den Distrikten Kurigram, Jamalpur und Gaibandha vertrieben.

WFP-Helfer Azharul Islam spricht in Kurigram, Bangladesch, mit Menschen, die von den Überflutungen betroffenen sind. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

Viele warten in Notunterkünften, provisorischen Camps oder aufgeschütteten Dämmen, dass der Wasserspiegel wieder sinkt.

„Die Regenfälle ließen nicht nach und ich hörte den Fluss über das Ufer strömen. In diesem Augenblick wusste ich, dass Hochwasser kommen wird“, sagt Feroze, ein dreifacher Vater, der wie Saleha Reis, Mais und Gemüse anbaut. „Ich nahm meine Kinder und flüchtete in höher gelegene Gebiete.“

Im Blitzlicht eines Sturmes kann der Fluss schnell von einer Lebensquelle zu einer gefährlichen Bedrohung werden.

„Der Fluss ist unser Segen und Fluch zugleich.“

Die Ruhe ‚nach‘ dem Sturm: Familien suchen Schutz auf höheren Ebenen nach dem letzten Monsun in Kurigram, Bangladesch. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

„Der Fluss ist unser Segen und Fluch zugleich“, sagt Saleha, „Wenn es den Fluss nicht gäbe, hätten wir nicht überlebt. Unsere Felder wären ausgetrocknet und wir hätten nichts zu essen. Aber der Fluss ist auch wie ein Fluch — wenn es regnet und es dann Überschwemmungen gibt, wird alles, was wir besitzen, von der Flut weggerissen.“

„Im Laufe der Jahre hat sich das Niederschlagsmuster geändert und die Monsune wurden noch gefährlicher und unberechenbarer“, sagt sie.

Mit mehr als 700 Flüssen befinden sich fast Zweidrittel von Bangladesch weniger als 4,6 Meter über dem Meeresspiegel. Starker Regen führt dazu, dass große Teile des Landes für längere Zeit überschwemmt bleiben.

Die Überflutungen erschweren den Zugang zur Grundversorgung etwa mit Wasser. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

Die Situation wird durch die steigenden Temperaturen im Himalaya erschwert. Die schmelzenden Gletscher lassen den Brahmaputra-Fluss, der durch Kurigram und in den Golf von Bengalen fließt, anschwellen.

Wie das UN World Food Programme (WFP) mit Gemeinden zusammenarbeitet, damit sie frühzeitig auf die Überflutungen vorbereitet sind.

Immer wiederkehrende Monsune und Überflutungen haben zur Folge, dass humanitäre Einsätze jedes Mal nur begrenzt und kurzzeitig wirken können. WFP hat daher die Hilfe angepasst. Der neue Schwerpunkt lautet: vorbereitet sein. Das stärkt die Widerstandsfähigkeit von Familien gegen diese wiederholte Gefahren.

Ein Mann trägt einen Sack voller Nahrungsmittel, nachdem die verheerenden Überflutungen mehr als sieben Millionen Menschen aus drei bangladeschischen Distrikten vertrieben hatte. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

Mithilfe eines Ansatzes, der als Forecast-based Financing bekannt ist, können WFP und Partner präventive Maßnahmen basierend auf zuverlässigen Wettervorhersagen ergreifen. Das hilft den Menschen dabei, Katastrophen besser zu bewältigen, und verringert den Bedarf an humanitärer Hilfe.

Forecast-based Financing kann mithilfe wissenschaftlicher Daten und Wettervorhersagen Hilfseinsätze bereits starten, bevor der Wasserspiegel die Gefahrenschwelle überschreitet. In Bangladesch wurde dieser Mechanismus jetzt zum ersten Mal von WFP aktiviert — und zwar bereits vor den Überflutungen im Juli.

Saleha Belam beschreibt den Fluss als ‚Segen und Fluch zugleich‘. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

Rund 25.000 Menschen erhielten je 53 US-Dollar (rund 47 Euro) damit sie sich lebensrettende Nahrungsmittel kaufen können. Außerdem kaufen sie mit dem Geld auch Baumaterialien wie Bambus, um damit ihre Häuser zu befestigen. Das Bargeld wurde unter den bedürftigsten Menschen verteilt, dazu gehören zum Beispiel Menschen mit Behinderung, alte Menschen oder alleinerziehende Mütter.

Die Zusammenarbeit mit Partnern aus verschiedenen Bereichen — zum Beispiel zwischen WFP und den Regierungsministerien, etwa dem Meteorologischen Amt in Bangladesch und dem Zentrum für Hochwasservorhersage und Frühwarnungen und der dortigen Gesellschaft des Roten Halbmonds — sind der Schlüssel zum Erfolg für das Forecast-based Financing. Zum Konzept gehört auch, Unwetterwarnungen in abgelegenen Gemeinden zu verbreiten und laufend zu aktualisieren, welche Familien Hilfe benötigen.

Frauen warten auf die Bargeldhilfe von WFP. Damit können sie Essen und Zubehör kaufen, um sich gegen die Auswirkungen der Überflutungen vorzubereiten. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

„Trotz des Kummers freuen sich alle im Dorf“, erklärt Saleha. „Das Geld hat mir sehr geholfen. Ich habe damit etwas Hülsenfrüchte, Reis und Bambus gekauft. Das Haus ist noch einigermaßen unversehrt. Ich werde es später reparieren.“

Mit dem Geld, das die Familien vor den Überflutungen im Rahmen des Forecast-based Financing von WFP erhalten hatten, kauften sie Nahrungsmittel. Foto: WFP/Sayed Asif Mahmud

Sajeda Khatun gehörte ebenfalls zu denjenigen, die von WFP Geld erhielten. „Ich kaufte Reis, Linsen und einige Hülsenfrüchte, damit ich während des Hochwassers zu essen hatte“, sagt sie. „Wir haben uns außerdem ein Boot gemietet, um einige meiner Habseligkeiten zu retten. Ich konnte Essen für meine Familie kochen, indem ich einen tragbaren Ofen auf das Boot baute.“

WFP versorgte außerdem mehr als 250.000 Menschen in den drei nordwestlichen Bezirken mit nahrhaften Energiekeksen. Direkt nach den Überflutungen konnten die Menschen damit drei Tage lang überleben. Die Kekse werden häufig in Notsituationen eingesetzt, da sie nahrhaft, leicht transportierbar und sofort verzehrfertig sind.

Mehr über die WFP-Hilfe in Bangladesch und Forecast-based Financing.

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Offizieller Kanal des UN World Food Programme (WFP). WFP ist die größte humanitäre Organisation der Welt und bekämpft Hunger weltweit. Mehr unter: de.wfp.org