Neue Studie aus Ruanda belegt: Bargeld hilft Geflüchteten — und kurbelt die lokale Wirtschaft an

Bargeld und Gutscheinen statt Nahrungsmittel: Dass Flüchtlinge durch dieser Form der Nothilfe einen besonders positiven Einfluss auf die Wirtschaft der aufnehmenden Gemeinden haben, bestätigt nun eine wissenschaftliche Studie in Ruanda.

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4 min readAug 1, 2017

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Flüchtlinge, lokale Verkäufer und Kleinbauern: Sie alle profitieren von der WFP-Nothilfe in Form von Bargeld und Gutscheinen.

Ein Team von Wissenschaftlern des UN World Food Programme (WFP) und der University of California hat in Ruanda die Wirkung der WFP-Nothilfe untersucht und dazu drei Flüchtlingscamps miteinander verglichen: In zwei von ihnen unterstützte WFP die Menschen mit Bargeld und Gutscheinen, in einem dritten erhielten die Bewohner zum damaligen Zeitpunkt Nahrungsmittel in Form von WFP-Notrationen. Dabei fanden die Forscher heraus, dass WFP-Nothilfeprogramme die lokale Wirtschaft im Umkreis der Flüchtlingscamps enorm fördern, wobei Bargeld- und Gutscheinprogramme einen noch größeren Effekt haben als Nahrungsmittelrationen.

In Ruanda fanden knapp 100.000 Menschen aus der Demokratischen Republik Kongo und Burundi in sechs Flüchtlingscamps Zuflucht. Wo lokale Märkten funktionieren und Nahrungsmittel vorhanden sind, erhalten die Flüchtlinge monatlich Bargeld (zum Zeitpunkt der Studie rund 110 US-Dollar pro Jahr), um eigenständig einzukaufen. Die Studie zeigt, dass durch jeden erwachsenen Flüchtling jährlich zwischen 146 bis 253 US-Dollar in die Wirtschaft der Gemeinden im Umkreis von 10 km der Camps einfließen — weit mehr als sie von WFP erhalten.

Insbesondere mit Bargeld und Gutscheinen haben Flüchtlinge die Wirtschaftskraft der lokalen Aufnahmegemeinden substantiell gefördert. Für jeden von WFP investierten US-Dollar erhöhten sich die Einkommen der Menschen inner- und außerhalb der Camps um beeindruckende 150 bis 195 Prozent jährlich. Auch die Flüchtlinge profitieren von den Bargeld- und Gutscheinprogrammen: „Die gute Sache an den Gutscheinen für uns ist, dass wir auf die Märkte gehen und die Nahrungsmittel kaufen können, die wir auch wollen“, sagt Peruth Murorunkwere, die mit ihrer Familie aus dem Kongo geflohen ist. Jetzt bereitet sie ihren Kindern ein Mittagessen aus Kartoffeln und Auberginen zu, die sie zuvor auf dem Markt außerhalb des Camps gekauft hat. „Was auch immer wir möchten, wir gehen zum Markt und kaufen es.“

Im Anschluss an die Studie führte WFP auch im dritten Flüchtlingscamp Kigeme Bargeldhilfe ein. 17.000 Flüchtlinge aus dem Kongo leben in dort, 150 km südlich der Hauptstadt Kigali. Die Bewohner spürten bald einen deutlichen Unterschied: „Seitdem wir Geld erhalten, hat sich mein Geschäft verbessert“, sagt Justin Rwubagiza, selbst Flüchtling, der zusammen mit seinem Bruder einen kleinen Laden im Camp betreibt. „Weil wir die Ware von der Gemeinde beziehen, hat das auch deren wirtschaftliche Situation verbessert.“

Davon profitiert zum Beispiel die Verkäuferin Claudine Mukamweza, die mit ihrem Geschäft seitdem näher ans Camp gezogen ist: “Für mich ist Kigeme keine Bedrohung“, sagt Claudine. „Kigeme hat sich positiv auf mein Leben und das meiner beiden Kinder ausgewirkt, weil ich Geld verdienen und unsere Lebenshaltungskosten decken kann.“ Seit die Bewohner im Camp Bargeld erhalten, habe sie deutlich mehr verkaufen können, erzählt Claudine. Einige der Nahrungsmittel kauft sie von lokalen Bauern, deren Einkommen sich dadurch ebenso verbesserten.

Auch Agnes Uwizeyimana konnte sich dank der Bargeldhilfe ein Geschäft aufbauen. Mit etwas Geld von ihren Eltern kauft sie Gemüse von lokalen Bauern auf und verkauft es anschließend wieder an Flüchtlinge auf den Märkten in der Nähe von Kigeme. Schon nach einem Monat konnte Agnes ihren Eltern das Geld zurückzahlen und macht seitdem jeden Monat Gewinn. Für die alleinerziehende Mutter, die in einem Dorf in der Nähe von Kigeme lebt, ist dieses Einkommen enorm wichtig.

Seit 2005 nutzt WFP weltweit Bargeld- und Gutscheinprogrammen als schnelle und effiziente Möglichkeit der Ernährungshilfe. Wo Märkte es zulassen, setzen WFP und andere humanitäre Organisationen verstärkt auf diese Form der Unterstützung, da sie auch den lokalen Gemeinden zu Gute kommen, für die die Aufnahme der Hilfsbedürftigen oftmals eine große Herausforderung darstellt.

Diese Studie ist ein erster wissenschaftlicher Beleg der positiven Effekte und Vorteile, die der Einsatz von Bargeld in der humanitären Hilfe hat — für Flüchtlinge und Aufnahmegemeinden. WFP hofft, seine Programme auf Grundlage der Studie besser planen und verstärkt für ihre Finanzierung werben zu können, damit noch mehr Menschen, Schutzsuchende wie Einheimische, von der Hilfe profitieren.

Veröffentlicht am 03. August 2016.

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Offizieller Kanal des UN World Food Programme (WFP). WFP ist die größte humanitäre Organisation der Welt und bekämpft Hunger weltweit. Mehr unter: de.wfp.org