„Wir essen nicht gut, wir leben nicht gut“

3,7 Millionen Menschen in Haiti brauchen dringend Ernährungshilfe — sie leiden Hunger

WFP Deutsch
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3 min readDec 17, 2019

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„Wir hatten nichts mehr übrig“, erzählt die 24-jährige Dianise Vixama. „Es gibt Tage, da weiß ich nicht, was meine Kinder Essen sollen, aber heute bin ich stolz darauf, dass meine Familie etwas auf dem Teller hat.“

In Dianise Augen blitzt Vorfreude auf. Die junge Mutter zweier Kinder wird heute Abend kochen. Ihr Mann, der als Gelegenheitsarbeiter in der Landwirt arbeitet, hilft ihr dabei, eine Monatsration Reis, Bohnen und Pflanzenöl einzupacken. Auf dem Schulgelände des haitianischen Dorfes Chansolme bereiten sich dutzende Menschen genau wie Dianise auf den Heimweg vor. Sie tragen das Essen auf dem Rücken. Jene, die weiter entfernt wohnen, transportieren die Nahrungsmittel auf Eseln oder Motorrädern. Wir sind im Departement Nord-West, an der nördlichen Spitze Haitis — eine Region, die am stärksten Hunger leidet. Heute hat das UN World Food Programme (WFP) dort eine Verteilung von Notrationen organisiert.

Millionen Menschen in Haiti sind stark von steigenden Preisen, einer immer schwächeren Lokalwährung und dem Rückgang der Nahrungsmittelproduktion betroffen. Jede*r dritte Haitianer*in — 3,7 Millionen Menschen — braucht dringend Ernährungshilfe. Davon leidet eine Million extrem Hunger. Diese Zahlen basieren auf einer landesweiten Studie, die im August von der National Coordination for Food Security (CNSA) mit Unterstützung von WFP und der Food and Agriculture Organization (FAO) durchgeführt wurde.

Wo immer möglich verteilt WFP Bargeld, damit Bedürftige selbstbestimmt Nahrungsmittel auf lokalen Märkten kaufen können. Foto: WFP/Alexis Masciarelli

WFP hat seine Nothilfe in Haiti auf 700.000 Menschen ausgeweitet. Während manche, zum Beispiel Dianise, direkt Notrationen erhalten, bekommt die Mehrheit Bargeld, um Essen in lokalen Geschäften und auf Märkten einzukaufen.

„Zusammen mit unseren Partnern tun wir das Möglichste, um die wachsende Zahl Bedürftiger mit Nothilfe zu erreichen“, sagt Miguel Barrato, WFP-Regionaldirektor für Lateinamerika und die Karibik , der sich aktuell in Haiti aufhält. Im November unterstützte WFP innerhalb nur einer Woche 13.000 Familien in drei verschiedenen Departments mit umgerechnet einer Million US-Dollar an Bargeld.

Doch seit September sorgen Unruhen dafür, dass sich die Situation für Bedürftige weiter verschärft, denn aufgrund blockierter Straßen können weder Menschen noch Nahrungsmittel die Märkte erreichen.

„Wir essen nicht gut, wir leben nicht gut und aufgrund der chaotischen Situation im Land können wir uns nicht frei bewegen“, sagt Osena Previlon, die auf ihrem kleinen Grundstück außerhalb der Stadt Gonaives Obst und Gemüse anbaut. „Früher haben wir verkauft, was wir auf unseren Feldern geerntet haben. Jetzt ist das nicht mehr möglich.”

Haiti ist abgeschnitten

Nur wenige Käufer*innen sind zu dem gefährlichen Weg durch die Straßensperren bis zum Markt in Gonaives bereit, erzählt Osena. Der Markt ist einer der Hauptmärkte im nördlichen Teil Haitis. Sie versucht, dort ihre Erträge zu verkaufen.

Straßensperren erschweren den Zugang zu Nahrungsmitteln. Diese Bild zeigt Osenas 2-jährige Nichte Leny. Foto: WFP/Alexis Masciarelli

„Haiti ist abgeschnitten. Das ist nicht gut für uns, weil unsere Produkte am Ende verrotten“, fügt Osena hinzu. Sie nimmt an einem WFP-Programm teil, indem lokal angebautes Obst und Gemüse für Schulmahlzeiten eingekauft wird. Doch weil jetzt viele Schulen noch immer geschlossen sind, hat auch sie weniger Einkommen.

„Obwohl ich das Schuldgeld für meine Kinder bezahlt habe, können sie nicht zur Schule gehen“ erzählt Osena. „Auch das Projekt mit der Schule wurde beendet. Das hat uns das Herz gebrochen“.

Normalerweise werden über das WFP-Schulmahlzeitenprogramm landesweit 300.000 Kinder in 1.200 Schulen pro Jahr mit Essen unterstützt. Es ist das größte Sicherheitsnetz gegen Hunger in Haiti, aber nur 60 Prozent der Schulen haben seit Beginn der Unruhen vor drei Monaten wieder geöffnet.

„Trotz dieser Herausforderungen wollen wir unsere Hilfe kontinuierlich leisten und gewährleisten. Es ist wunderbar, dass die Schulen langsam wieder öffnen und die Kinder wieder den Unterricht besuchen können, weil wir ihnen eine warme Mahlzeit bieten. Für Kinder aus armen Familien ist es häufig die einzige Mahlzeit, die sie am Tag bekommen“, sagte Barreto nach seinem Besuch einer gerade wiedereröffneten Schule in der Nähe der Hauptstadt Port-au-Prince.

Mehr über die WFP-Hilfe in Haiti

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Offizieller Kanal des UN World Food Programme (WFP). WFP ist die größte humanitäre Organisation der Welt und bekämpft Hunger weltweit. Mehr unter: de.wfp.org