Menschen, die durch verschiedene Trends beeinflusst werden, strömen aneinander vorbei und verschwimmen ineinander — so wie auch Trends ineinander fließen, sich gegenseitig beeinflussen und Innovationen prägen

Der Einfluss von Trends auf die Entwicklung von Innovationen

Wie Trendforschung erfolgreich in den Innovationsentwicklungsprozess integriert werden kann.

XO-Stories
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6 min readApr 26, 2021

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Trends tauchen in unserem Alltag häufig als das auf, was gerade “in” ist. Dabei sind sie mehr als bloße Hypes oder Modeerscheinungen. Sie sind Indikatoren für langfristige Entwicklungen und spiegeln die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse wider - genau das, was Unternehmen brauchen, um innovativ und erfolgreich zu sein. Im Folgenden möchte ich aufzeigen, wie Trends in den Prozess der Innovationsentwicklung integriert und somit aktuelle Schwachstellen ausgeglichen werden können.

Der traditionelle Innovationsentwicklungsprozess

Ein Modell, das vor allem in der deutschen Literatur häufig zitiert wird und Basis vieler neuartiger Innovationsprozesse ist, wird nun zum perfekten Schaubild, um zu zeigen, an welcher Stelle Trends zur Unterstützung der Innovationsentwicklung ansetzen können: Das Stage-Gate Prozessmodell von Robert G. Cooper.

Stage-Gate-Prozess von Robert G. Cooper (in Anlehnung an Stage-Gate®)

Das Modell hat zum Ziel, die Informationsbarrieren zwischen den Organisationseinheiten im Unternehmen zu verringern oder ganz aufzuheben, um so den Innovationsprozess für alle beteiligten Abteilungen transparenter zu gestalten. Dadurch wird grundsätzlich die Erhöhung von Qualität, Geschwindigkeit und Profitabilität bei der Entwicklung innovativer Produkte unter größtmöglicher Minimierung potentieller Risiken und Unsicherheiten angestrebt.

Nicht jede gute Idee birgt das Potential für eine erfolgreiche Innovation (vgl. Markusch, 2011). Umso entscheidender ist es, die Ideen für neue Produktentwicklungen durch mehrere Filter laufen zu lassen, um die Entwicklung einer erfolgsversprechenden Innovation zu gewährleisten.

Der Stage-Gate Prozess ist demnach, wie ein fünfgliedriger Filter, der aus vielen Ideen und mehrfacher Filterung ein marktreifes Produkt entstehen lässt. Die Ergebnisse jeder der sechs “Stages” bilden die Grundlage und liefern Input für die Folgephase. Den Übergang von einer Phase zur nächsten stellen sogenannte „Gates“ dar, an denen ein Team mit Vertretern aller Prozessbeteiligten über den weiteren Verlauf des Prozesses abstimmt. Resultat der Gate-Meetings ist ein „go“ oder ein „no-go“ für die Weiterführung der Idee, je nach erzielten Ergebnissen und erfüllten Voraussetzungen der vorherigen Phase.

Dabei bleibt das Stage-Gate Prozessmodell ein sehr wenig spezifisches System, welches im Einzelfall der unternehmensspezifischen Anpassung bedarf. Darüber hinaus fehlt in diesem Modell die kontinuierliche Überprüfung der Ideen hinsichtlich der Übereinstimmung mit tatsächlichen Kundenbedürfnissen. Die Verknüpfung des Innovationsentwicklungsprozesses mit beobachteten gesellschaftlichen Bedürfnissen ist demnach mangelhaft und das Modell in seiner ursprünglichen Form nur bedingt als Startschuss für die Innovationsentwicklung geeignet.

Die Berücksichtigung von Trends im Innovationsentwicklungsprozess, kann die Schwachstellen des Modells ausgleichen und die gesellschaftliche Relevanz einer Produktinnovation erhöhen.

Die verschiedenen Trendkategorien

Dem Trend zugrunde liegt eine Strömung, die sich über einen gewissen Zeitraum erstreckt und nachhaltigen Einfluss auf Kultur, Gesellschaft oder eine bestimmte Branche hat. Somit können Werte, Lebensstile oder das Kaufverhalten durch Trends beeinflusst werden. Trends sind also keine starren Zustände, sondern weisen einen dynamischen Charakter auf und streben stets in eine Richtung: zukunftsweisend und niemals rückwirkend.

Ein Trend ist eine zu beobachtende Entwicklung in der Gegenwart, die eine Veränderungsbewegung oder einen Wandlungsprozess in die Zukunft andeutet.

Trends wirken in verschiedenen Größenordnungen und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Eine Zuordnung und Kategorisierung verhilft zum differenzierten und zielgerichteten Umgang mit den jeweiligen Trends. Somit können kurzlebige Oberflächenphänomene von tiefen, nachhaltigen und vor allem langandauernden Strömungen unterschieden werden. Außerdem lassen sich dadurch Erkenntnisse über den Einfluss einzelner Trendkategorien auf die Entwicklung von Innovationen gewinnen.

  1. Metatrends sind evolutionäre Strömungen mit einem globalen Wirkungsradius, die vom Menschen kaum beeinflussbar sind und dauerhaft Gültigkeit haben.
  2. Megatrends beschreiben fundamentale gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Veränderungsprozesse, die mit einer Wirkungsdauer von mehreren Jahrzehnten globale Veränderungen epochalen Charakters kennzeichnen. Sie sind Cluster von Trends, welche die hierarchisch darunterliegenden Trends beinhalten.
  3. Soziokulturtrends spiegeln das Lebensgefühl einer Generation wider und beschäftigen sich mit sozialen Wertewandelprozessen sowie Organisationsformen.
  4. Techno-, also Technologietrends, sind meist Spezifikationen der Digitalisierung und beruhen auf Basistechnologien, welche an branchenspezifische Veränderungen angepasst werden.
  5. Zeitgeist- und Konsumtrends lassen sich gut zusammenfassen, da beide die Entwicklung von Produkt- und Konsumwelten und die abwechslungsreiche Befriedigung grundlegender Bedürfnisse darstellen.
  6. Mikrotrends sind im engeren Sinne scharf umgrenzt Hypes, die meist regional ausgeprägt sind und sich in kurzfristigen, spezifischen Produkttrends widerspiegeln.
Exemplarische Veranschaulichung der Trendkategorien innerhalb des Megatrends der „Neo-Ökologie“

Trendforschung

Die Arbeit mit Trends im Unternehmen verspricht „Ordnung im Ungeordneten, Übersicht im Unübersichtlichen, Richtung im Ungerichteten - oder, mit einem Wort: Komplexitätsreduktion“ (Neuhaus, 2018).

Um langfristig erfolgreich zu sein, ist die Berücksichtigung der Trendarbeit im unternehmerischen Kontext von großer Bedeutung. Unternehmen müssen auf die Umbrüche und Verlagerungen der wirtschaftlichen Ordnung, welche den globalen Entwicklungen entspringen, reagieren und ihr eigenes Handeln immer wieder neu denken, da dieses stets an die gesellschaftliche Realität und aktuelle Bedürfnisse angepasst sein muss. Die Schnelllebigkeit zwingt Unternehmen zu schnellem Handeln, denn Rückständigkeit lässt Konsumenten zur Konkurrenz abwandern. Im Umkehrschluss bedeutet das für Unternehmen, dass sie durch Trendorientierung einen uneingeschränkten Wettbewerbsvorteil erlangen können.

Um mögliche Zukunftsbilder zu erkennen und unternehmensrelevante Trends frühzeitig zum eigenen Vorteil zu nutzen, bedient sich die Trendforschung verschiedener Methoden. Grundlegend werden dabei die folgenden vier Schritte der Trendanalyse chronologisch durchlaufen, um auf Basis des gesellschaftlichen Wandels eine Produktinnovation zu kreieren.

  1. Erkennen von Trends
  2. Filtern von Trends
  3. Anwenden von Trends
  4. Bewerten/Prüfen von Trends

Aus der kontinuierlichen Beobachtung von gesellschaftlichen Veränderungen mittels Trendanalyse ergeben sich Sprungbretter für Innovationen. Die Methoden der Trendarbeit lassen sich mit den im Stage-Gate Prozess verwendeten Verfahren verknüpfen. Dadurch können die Bedeutung einer trendbasierten Innovationsentwicklung eingeschätzt und die Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg beurteilt werden.

Trendorientierte Innovationsentwicklung

Mittels der folgenden Aspekte können Schwächen des Stage-Gate-Prozessmodells minimiert und die Trendarbeit in den Prozess der Innovationsentwicklung integriert werden.

  1. Integrieren von Trendfiltern: Die mittels des Stage-Gate-Prozessmodells entwickelte Idee sollte an jedem “Gate”, also an jedem Entscheidungspunkt, nicht nur hinsichtlich ihrer technischen Machbarkeit, ihres finanziellen Erfolgs oder ihrer unternehmerischen Passung sondern darüber hinaus mit Blick auf ihre Trendpassung geprüft werden. Dem Kriterium der „Trendpassung“ sollte zu Beginn des Innovationsentwicklungsprozesses die höchste Relevanz zugeschrieben werden. Gerade in der ersten Phase, in der aus hunderten Ideen eine gefiltert wird, ist es wichtig, aktuelle und zukünftige Trends zu beachten, um tatsächlich die Idee auszuwählen, welche die gesellschaftlichen Strömungen und Bedürfnisse kurz- und auch langfristig bedient und befriedigt.
  2. Einsetzen eines/einer Trendforscher:in: Um eine kundenorientierte Market-Pull-Innovation zu entwickeln, ist es sinnvoll, zusätzlich dauerhaft gesellschaftliche Strömungen zu beobachten und diese als Basis für Innovationsentwicklungen zu nutzen. So können unternehmensrelevante Trends frühzeitig erkannt werden. Gibt es Schnittmengen zwischen Trend und Unternehmen, kommen die vier Schritte — Erkennen, Filtern, Anwenden und Bewerten/Prüfen — der Trendanalyse zum Einsatz. Ein:e Trendforscher:in bzw. ein Team, das mit der Trendforschung im Unternehmen beauftragt ist, birgt durch erhöhte Innovationsfähigkeit somit einen großen Konkurrenzvorteil.
  3. Implementieren einer Innovationskultur: Die Sensibilisierung aller Mitarbeiter eines Unternehmens für Trends und die damit einhergehende Prognose unternehmensrelevanter Trends schafft eine Innovationskultur. Diese unterstützt das Unternehmen dabei, kunden- und gesellschaftszentriert zu agieren und sich darüber hinaus als Trendsetter gegen den Wettbewerb durchzusetzen. Strukturell zeigen sich die Erfolgsfaktoren des Wandels beispielsweise in gemeinsamen Visionen, kooperativer Zusammenarbeit, Kundenorientierung oder agilen Organisationsformen.

Fazit

Der Innovationsentwicklungsprozess wird durch die Integration von Trendarbeit stärker an den fundamentalen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungsprozessen ausgerichtet. Die Integration von Trends in den Innovationsentwicklungsprozess beeinflusst den Unternehmenserfolg somit positiv und kann Unternehmen helfen, Trendsetter statt Innovationsnachzügler zu sein. Dennoch ist bei der Betrachtung dieses Themenkomplexes stets zu beachten, dass mithilfe von Trends zwar fundierte Annahmen über wahrscheinliche Zukunftsszenarien formuliert werden können, niemals aber die Zukunft hundertprozentig vorhergesagt werden kann. Selbst kontinuierliche Trendbetrachtung kann den Erfolg einer Innovation nicht garantieren, sondern nur das Risiko einer Fehlentwicklung minimieren.

Für eine ausführlichere Betrachtung des Themas können Sie hier unser White Paper zu Trends & Innovationen herunterladen.

Wenn Sie Interesse haben, auf Basis relevanter Trends Innovationen zu entwickeln oder die Innovationskultur in Ihrem Unternehmen zu stärken, informieren wir Sie gerne über Ihre Möglichkeiten!

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