Beteiligung braucht (dritte) Orte

von Lena Heiss

Zukunftsort Drahnsdorf. Foto: Frederic Schweizer

Um den durch Globalisierung und Digitalisierung befeuerten Wandel zu meistern und den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen, braucht es die Mitarbeit und Beteiligung nichtstaatlicher Akteure und Menschen.

Ländliche Räume, besonders in Ostdeutschland, sind dabei von einem besonders starken Wandel und Umbrüchen geprägt, dabei denke ich an den Zusammenbruch der sozialistischen Staaten, den Kohleabbau, soziale Veränderungen, Abwanderung auf der einen und enormer Zuzug auf der anderen Seite.

In Zeiten von Klimawandel, populistischen Tendenzen und sozialer Spaltung braucht es mehr denn je das Engagement und die Innovationskraft zivilgesellschaftlicher Akteure. Sie an laufenden oder anstehenden Transformationsprozessen zu beteiligen ist die Voraussetzung für deren Gelingen. Doch was ist eigentlich „echte“ Beteiligung und was kann sie leisten? Wer initiiert sie? Wer wird beteiligt? Wer entscheidet? Fragen, die sich sowohl die Politik, die Wissenschaft wie auch Institutionen, Vereine, oder das Netzwerk Zukunftsorte stellt.

Das Netzwerk Zukunftsorte versteht sich als Praxis-Netzwerk, das eng mit Akteuren und Macher*innen aus der Zivilgesellschaft in konkreten lokalen Projekten zusammenarbeitet. Hier haben wir gelernt: Vor allem im gemeinsamen Tun, im Anpacken für das gemeinsame Ziel kommt man zusammen. Und dafür braucht es konkrete Orte.

„Zukunftsorte“ sind Orte, die Wohnen und Arbeiten vereinen. Sie nutzen Leerstand im ländlichen Raum um und entwickeln vor Ort neue Lebens- und Arbeitsmodelle sowie offene Treffpunkte ­– sogenannte Dritte Orte.

Je mehr Menschen und Interessen zusammentreffen, desto heterogener werden auch die Ansprüche an Räume. Gleichzeitig mangelt es vielerorts an Treffpunkten. Von der Dorfkneipe über den Coworking Space zur Werkstatt oder den Gemeinderaum, Dritte Orte sind multifunktional, das heißt, sie bieten vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und Anknüpfungspunkte für verschiedene Interessen und Gruppen. Sie werden gemeinschaftlich konzipiert und gemeinwohlorientiert umgesetzt. Oft werden auch gewerbliche Aspekte in den Ort integriert, um Aufbau und Betrieb zu finanzieren. Der Wert verbleibt bei den Menschen und unterstützt die regionale Kreislaufwirtschaft.

Und es gibt sie bereits, die guten Beispiele. Seit vielen Jahren begleiten wir Gruppen beim Aufbau solcher Orte und begleiten Prozesse zwischen Kommunen, Akteuren und Bewohner*innen. Das Ziel ist die Zusammenführung von ländlicher und städtischer Kultur und das Fördern des produktiven Miteinanders von Einheimischen und Zugezogenen.

In unserer Vision 2030 sind Offene Treffpunkte — initiiert oder unterstützt von Zukunftsort-Betreiber*innen, Politik und Bewohner*innen der Umgebung — weit verbreitet. Auch in Gegenden fernab der Großstädte bieten sie Raum zum gemeinsamen Arbeiten, für Freizeitaktivitäten, Vernetzung oder Weiterbildung.

Nur gemeinsam und auf Augenhöhe lässt sich die Zukunft gemeinwohlorientiert gestalten. Dazu braucht es Mut, Wille und Offenheit sowie neue Methoden und Prozesse, welche die Zusammenarbeit der Beteiligten ermöglichen.

Lena Heiss. Foto: privat

Ich bin rastlose Multidisziplinärin und bewege mich in unterschiedlichen Welten, vom Schreiben zum Produzieren, zwischen Stadtalltag und Landlust. Dabei interessieren mich die großen, disziplinübergreifenden Fragen und Geschichten, mit denen wir konfrontiert sind, um eine bessere Zukunft zu gestalten. Beim Netzwerk Zukunftsorte begleite ich Kommunen auf dem Weg zur gemeinwohlorientierten Immobilienentwicklung und sorge für Wissenstransfer zwischen Akteuren auf dem Land.

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Stiftung Zukunft Berlin
Zukunftsforum Berlin-Brandenburg

Die Stiftung Zukunft Berlin ist ein unabhängiges Forum für bürgerschaftliche Mitverantwortung. https://stiftungzukunftberlin.eu