Wilder Spargel und zahme Rübe — Berlin und Brandenburg, Stadt und Umland und ihre wechselseitige Beziehung aus nahrungs-ökonomischer Sicht

von Marina Heilmeyer

Wilder Spargel. Foto: Diana Ruff / Pixabay

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Die europäische Stadt konnte sich mit ihrer technologisch-handwerklichen Spezialisierung nur entwickeln, wenn sie auf ein Umland aufbauen konnte, aus dem sie die Nahrung für ihre Bewohner beziehen konnte.

Für das „Morgen in Brandenburg“ lohnt ein Blick in das „Gestern“ und die historischen Entwicklung der Beziehungen zwischen Berlin und Brandenburg auf dem Feld der sich wandelnden Verwertungsansprüche der Großstadt an den sie umgebenden Raum und die darauf folgenden Antworten des „Umlandes Brandenburg“.

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Die beliebten Schlagworte von „regionalen“ und „saisonalen“ Produkten sollten einmal in ihrer historischen Entwicklung genauer beleuchtet werden. Unter vielem anderen wäre der Spargelanbau hier ein lohnendes Thema. In der Flora des Königreiches Preußen von 1833 ist zu lesen: Wilder Spargel ist in Brandenburg häufig, in Berlin wächst er namentlich in Tiergarten, Hasenheide, Jungfernheide und Grunewald. Der Anbau von kultiviertem Spargel läßt sich für Berlin bereits zu Beginn des 18. Jh. gut belegen und Versuche, die Saison für Spargel möglichst lange zu verlängern, sind in Berlin schon für das frühe 18. Jahrhundert gut zu beobachten.

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Berlin-Brandenburg ist mit dem berüchtigten Vorurteil, in Brandenburg „wachse nichts“, keineswegs gut beschrieben, auch wenn mit diesem Vorurteil gerne kokettiert wird, wenn ein Brandenburger Gourmet im 19. Jh. schreibt: „Köstlich ist die märkische Rübe, die als ächte Brandenburger Patriotin nirgend gedeiht außer in dem klassischen Sandboden“. Und es wachsen noch andere in Vergessenheit geratene Rüben hier, die auf Wiederentdeckung warten.

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Über die Geschichte der Versorgung der Stadt mit Nahrung aus dem Umland ließe sich gerade in Berlin mit seiner wechselvollen Geschichte vor allem im 20. Jahrhundert viel erzählen. Ein Blick auf die in Ost- wie Westberlin auch in der Zeit der Teilung beliebten Wochenmärkte und ihre lokalen Angebote böte viele Erkenntnisse über den Austausch zwischen Stadt und Umland. Über ökologische Ideen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wäre zu berichten. Auf welchen Verkehrswegen wurde getauscht und geliefert? Welche Bedeutung kommt den vielen Kleingärten in Ost- wie Westberlin und in Brandenburg zu? Hier haben sich erstaunlich viele alte Obst- und Gemüsesorten erhalten und bieten heute ein reiches Forschungsgebiet.

Marina Heilmeyer studierte Kunstgeschichte, Italienisch und Design in Italien und Deutschland. Sie ist seit 1947 tätig als wissenschaftliche Zeichnerin unter anderem für die Bayrische Akademie der Wissenschaften. Sie war von 1991 bis 1996 Kuratorin für die Ausstellungen am Botanischen Museum Berlin-Dahlem und ist dort seit 1996 freie Mitarbeiterin. Des Weiteren hat sie Ausstellungen am Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam und am HBPG Potsdam kuratiert und zahlreiche Publikationen veröffentlicht.

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