_3 Update My Business — digitale Geschäftsmodelle

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Christian Hoffmeister beschreibt in seinem Buch Digitale Geschäftsmodelle richtig einschätzen (2013) verschiedene Business Model-Typen, die mit der Digitalisierung entstanden sind oder an Bedeutung gewinnen. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick darüber. Es geht darum, wesentliche Charakteristika der Modelle aufzuzeigen. Vielleicht entsteht bei Ihnen daraus der Impuls, sich mit dem einen oder anderen eingehender auseinanderzusetzen…

1. First-and-Fast-Mover-Modelle — Geschwindigkeit, als Geschäftsprinzip

Die Doktoranden, die Google erfanden, hatten am Anfang nur eine Idee und Programmierkenntnisse. Heute ist das Unternehmen Milliarden schwer und weitaus erfolgreicher, als die meisten der ältesten Unternehmen der Welt. Das Internet öffnet die Arena für einen Geschwindigkeitswettkampf, wie er noch nie stattgefunden hat („schnell frisst langsam”). Das Zeitfenster für Ideen dieser Art ist kurz, denn die Hürden zur Umsetzung sind niedrig.

2. (Don’t) Follow the Free — Traffic ist nicht immer alles

Free heißt im Internet nicht, dass kein Umsatz erwirtschaftet wird, wie allen voran Google vorzeigt. Kostenlose Angebote sind erfolgreich, wenn sie zu einer „technisch-basierten Kundenbindung” führen („Lock-in”), wie Hoffmeister erklärt (2013, S. 73). Gewinnt das Angebot nicht an Wert, indem es mehr genutzt wird („users add value”), ist von „free” als Geschäftsmodell abzuraten. In jedem Fall gilt es, die Balance zwischen zahlenden und nicht zahlenden Usern und Partnern zu beachten.

3. Disruptive Geschäftsmodelle — Erfolg durch Selbstkannibalisierung

Der Grundgedanke der Selbstzerstörung als Prinzip der Innovation ist im digitalen Umfeld tief verankert. Hoffmeister beschreibt die Selbstkannibalisierung als Verbindung von Schumpeters „kreativer Zerstörung” mit Clayton Christensens Diagnose, dass etablierte Unternehmen mit dem Management disruptiver Innovationen überfordert sind. Es geht darum, den bekannten Bezugsrahmen zu verlassen und ein völlig neues Preis-Qualitätsfeld zu schaffen (mit zunächst entsprechend hohen Renditen). Große Internetunternehmen wie Apple oder Google kaufen solche innovativen Produkte oft zu und integrieren sie sogleich in eigene Angebote.

4. Long-Ta(i)le-Modelle — Erfolg der Nische

Dieses Modell ist uns schon mehrfach begegnet. Es steht in direktem Widerspruch zum Pareto-Prinzip (20% der Leistung schaffen 80% des Erfolgs) und zeigt, wie es möglich ist, im Internet mit vielen Nischenprodukten mehr zu verdienen, als mit wenigen Massenprodukten. So erwirtschaftet Amazon einen großen Teil seines Umsatzes mit Buchtiteln, die im klassischen Handel nicht zu haben sind. Es ist durch das Internet günstiger und einfacher geworden, Angebote vielen potentiellen Kunden zu präsentieren und sie an diese zu vertreiben (bei digitalen Produkten wie z.B. Musik-Tracks auch, sie zu produzieren). Das bedeutet eine Demokratisierung von Mitteln der Produktion und des Vertriebs.

5. Open Business Models — Erfolg durch kollektives Handeln

Noch vor kurzem galten organisatorische Abgeschlossenheit und exklusive Innovationsideen als Schlüssel zum Erfolg. Das alleine reicht heute aber nicht mehr aus. Vielmehr verschieben sich erfolgsentscheidende Fragen an die Unternehmensgrenzen: Wie sehr interagiert das Unternehmen mit seinen Lieferanten, Partnern, Kunden und sogar Wettbewerbern? Crowdsourcing, Open Innovation, etc. heißen die Schlagworte dazu. Zugleich gilt es nach wie vor, bestimmte Informationen und Entwicklungen geheim zu halten — ein maßvolles und fokussiertes sich Öffnen ist angesagt (für welche Zielgruppe?, mit welchen Fragen?, mit welchen Werten und Zielen?, etc.).

6. Predictive Business Models — wie aus Daten Zukunft wird

Die zunehmende Menge von Daten, die in immer höherer Geschwindigkeit gesammelt werden können, bringt Geschäftspotentiale hervor, die auf der Vorhersage zukünftiger Entwicklungen basieren. Google sagt unsere Suchanfragen voraus und Amazon unseren nächsten Einkauf (bzw. wirkt auf diesen ein). Die Daten werden dabei also zielorientiert in Geschäftsmodelle eingebaut. Hoffmeister merkt allerdings auch an, dass die Systeme und Algorithmen oft intransparent und unübersichtlich sind (was tut der Algorithmus?). Der Schutz persönlicher Daten ist zudem ein wichtiges offenes Thema für diese Modelle.

Hoffmeister lässt an dieser Stelle noch eine Interpretation von Geschäftsmodellen als Code bzw. als Algorithmen folgen. Er erläutert zusammenfassend, es gehe „um die tatsächliche Abbildung von geschäftsrelevanten Regelwerken mittels digitaler Technologien, auf digitalen Plattformen und die Übertragung der Regelwerke in Code.” (2013, S. 199) — Welchen „Code” hat das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens? Wie ließe sich dieser digital ergänzen oder verändern, welches digitale Business Model regt Ihre Fantasie an (für Ihr Unternehmen und für Ihre Funktion)? Wie organisiert Ihr Unternehmen oder Ihre Abteilung „Offenheit” und „Abgeschlossenheit” in der digitalen Welt? Welche Rolle spielen die Sammlung und Nutzung von Daten und Algorithmen bereits?

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Heitger Consulting
Digitalisierung, mein Unternehmen & ich

Heitger Consulting, 2007 gegründet von Dr. Barbara Heitger mit Sitz in Wien, versteht sich als Pionier in der systemischen Unternehmensberatung.