Peter Diekmann
4 min readJun 3, 2018

Social Learning = Social Relations — das ist die Kraft, die im Netzwerk steckt

Photo by Danielle MacInnes on Unsplash

Im ersten Teil meiner Lernreise habe ich beschrieben, wieso ich Agiles Arbeiten lernen möchte, warum das nicht mit einer Weiterbildung geht und wie überrascht ich war, dass der Social Learning-Ansatz so alt ist, aber so selten verstanden wird. In diesem Teil versuche ich zu veranschaulichen, warum #Workingoutloud für die persönliche Weiterentwicklung inmitten des digitalen Wandels so wichtig ist.

Über das Konzept von Working out loud oder kurz #WOL ist schon viel gutes geschrieben worden, sodass ich hier nichts grundsätzliches mehr hinzufügen möchte. Einen ständig aktualisierten Überblick mit vielen Linktipps liefert das deutschsprachige wol.wiki selbst, aus dem ich nur kurz drei Grundprinzipien zitieren möchte, in denen nahezu alles drinsteckt:

WOL ist eine Methode und eine Denkweise, die es ermöglicht,

- digitale Zusammenarbeit in einem selbstorganisierten Umfeld zu lernen

- systematisch nachhaltige Netzwerke aufzubauen

- unsere Arbeit sichtbar zu machen

Leiste großzügige Beiträge

Zu den WOL-Kernelementen gehört es, darüber nachzudenken, für wen die eigene Arbeit interessant sein könnte und anderen Hilfe anzubieten, anstatt sich selbst als irgendein Experte darzustellen. In den sozialen Medien gibt es viele sehr angenehme Menschen, die sich so verhalten — und natürlich das genaue Gegenteil: Linkschleudern und Kontaktsammler, die selbst bei linkedin/xing für eine Nachricht zu faul sind. Bitte Leute, es ist wie im analogen Leben: Wenn Ihr etwas von anderen wollt (und sei es nur Aufmerksamkeit), müsst Ihr wenigstens höflich sein.

Während meines ersten WOL-Circle stellte ich fest, dass ich einige dieser Prinzipien instinktiv schon befolgt hatte, weil es zu meinem Selbstverständnis passte. Dennoch habe auch ich viel zu selten darüber nachgedacht, für wen ich etwas sende und ob ich öfter einmal die Inhalte anderer miteinander in Verbindung setzen könnte. Ich war zwar immer wieder positiv überrascht, was passieren kann, wenn ich über die sozialen Medien einfach mal eine Frage stellte, Hilfe suchte oder wie aus digitalen Kontakten ganz echte Kooperationen entstehen können. Aber erst, als ich begann, zielgerichtet darüber nachzudenken, für wen es interessant sein könnte, was ich schrieb; erst als ich meine Fans/Follower aktiv ansprach und miteinander in Verbindung brachte, entstand so etwas wie ein gewinnbringender Austausch, der mich meinem Ziel näherbrachte: Agiles Arbeiten lernen.

Arbeitet zielgerichtet zusammen

John Stepper spricht bei der WOL-Methode viel über Beziehungen. Erstaunlich dabei fand ich, wie viele Menschen in meinem Umfeld über die Bedeutung des Netzwerken sprechen, ohne dabei den Beziehungsaspekt zu betrachten. Selbst die meisten selbsternannten Experten für Influencer Relations haben den Begriff nie mit Leben gefüllt, dabei könnten wir alle ein bisschen mehr Beziehungsarbeit in unserem sozialen (Arbeits-)umfeld gebrauchen. Mein persönlicher Augenöffner hierbei waren Diskussionen mit Social-Collaboration- und Digital-Workplace-Experten in einer Phase, wo wir selbst mit der Einführung eines solchen Tools beschäftigt waren. Viele der Menschen, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe, unternehmen unglaubliche Anstregungen in Sachen Projekt- und Change-Management, damit in Organisationen besser zusammen gearbeitet wird. Auch die technischen und budgetären Aufwände sind teils enorm. Erfolgreich waren bis heute nahezu ausnahmslos aber nur die, denen es in dem Prozess gelungen ist, Menschen zusammenzubringen, die das eingeführte Tool zum Organisations-Netzwerk machen (bei einigen Unternehmen übrigens auch mit Hilfe von Working out loud).

Einen dieser Menschen, den ich in dieser Phase schätzen gelernt habe, Alexander Kluge, möchte ich hier zitieren und seinen Artikel dazu als absolute Leseempfehlung verlinken:

Die Antwort auf den digitalen Wandel heißt Vernetzung!

Ich habe bereits im ersten Teil dieser Serie angedeutet, dass ich die Schnelligkeit, Gleichzeitigkeit und Disruptionsfähigkeit des digitalen Wandels sowohl als Herausforderung als auch Gefahr der Überforderung sehe. Die Zusammenarbeit und gemeinsames Lernen in Netzwerken ist aus meiner Sicht die einzige Chance, mitzuhalten. Das nötige Mindset dafür aufzubringen, ist fast die einzige Hürde. Perfekt beschrieben haben das beaservices in ihrer Grammatik der digitalen Zusammenarbeit. Dort heißt es unter Punkt 11:

“Prinzipien wie etwa WOL(Working out loud) oder Formate wie etwa BarCamps befähigen zum Lernen dieser Regeln und sind insofern fester Bestandteil eines institutionalisierten digitalen Corporate Social Learning.”

CORPORATE Learning? Ja, tatsächlich gibt es inzwischen eine deutschsprachige CL-Community und auch einige Organisationen, die Social Learning bei sich institutionalisieren. Überzeugungstäter wie Alexander und seine Frau werden auch innerhalb von Organisationen beständig mehr. Nicht zufällig hat das meist mit Graswurzelbewegungen zu tun, viele davon wurden im Unternehmen durch interne soziale Netzwerke größer und auch hier haben aus meiner persönlichen Erfahrung die technischen Entwicklungen lediglich beschleunigende Effekte.

Verbessere Deine Arbeit

Zurück zu Working out loud und meinem Lernziel: Ich wollte Agil arbeiten lernen und lehren können. Das Zitat vom Anfang meiner Serie, “Agil lernen kann ich nur agil lernen”, steckt im WOL-Prinzip Nummer zwei: Querverbindungen und Rückmeldungen helfen, die eigenen Ergebnisse kontinuierlich zu verbessern. Dies ist nichts anderes als Arbeiten im Netzwerk oder in einem agilen Arbeitszyklus der immer wiederkehrende Ablauf von Plan-Do-Check-Act. Dass ich dafür ein BarCamp besuchen musste, um den Sinn von Retrospektiven und kontinuierlichen Verbesserungsprozessen zu verstehen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: ich folgte schon den richtigen Personen, las ihre Blogbeiträge und Diskussionen und hätte einfach fragen können.

Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, dies stärker zu beherzigen und mein Netzwerk als das zu betrachten, was es ist: Ein Kraftspender, ein Wissensgenerator, ein Kontaktmanagement, ein Reichweitenverstärker, eine Findemaschine, eine Community und vieles mehr. Dabei will so ein Netzerk aber auch beständig gepflegt und gefüttert werden — wer nichts gibt, bekommt auch nichts.

Weshalb neuerdings ein Kanban-Board in meinem Büro hängt, warum dieses ganze Agile mit Werten steht und fällt, wieso es gut tun kann, wenn ein agiles Experiment gleich am Anfang schief geht und was meine Lernreise (vorläufig) für einen ungeahnten Abschluss findet — dazu später mehr in Teil 3.

Peter Diekmann

Digitale Kommunikation @ Bosch Stiftung, normal nerdig, fragt gerne nach dem "Why"?