Das Sudhaus http://bit.ly/1zYSWC7

Vom Waldhörnle zum Sudhaus

Tübinger Geschichten

--

Eine halbe Stunde aus der Tübinger Altstadt ist es zu Fuß bis an den südlichen Stadtrand zum Sudhaus. Laute Autos brausen am Gelände vorbei, unwissend, was für eine Geschichte hinter dem Sudhaus steckt.

Da steht es: Direkt an der B27. Zwischen Terracotta-Skulpturen und der Bundesstraße, dahinter ein beschaulicher Wald. Der Treffpunkt für Künstler und Kunstfans, musizierende und tanzende Menschen. Das Sudhausgelände hat eine 200 jährige Geschichte. Was die wenigsten wissen, schon im 19. Jahrhundert war das heutige Sudhausgelände ein beliebter Treffpunkt der Tübinger Studenten.

Fight Club im 19. Jahrhundert

Auf dem Gelände des heutigen Sudhauses stand früher das Wirtshaus Waldhörnle, das vom Autor Max Eifert im Jahre 1849 als ein „Schauplatz mancher Heldenthaten der akademischen Jugend mit Waffen sowohl als mit dem Humpen.“ bezeichnet wurde. Hier wurde das verbotene Mensurfechten der Studentenverbindungen ausgetragen. Sogar ein „Flickenzimmer“ gab es, in dem verletzte Studenten sich von einem „Paukarzt“ versorgen lassen konnten. Denn nach dem Mensurfechten mussten die blutenden Gesichtswunden, genannt Schmisse, wieder genäht werden.

Praktisch war das Wirtshaus, so konnten die Studenten danach gleich im Haus bleiben, um das hauseigene Bier zu trinken. Seit 1815 stand eine eigene Bierbrauerei neben dem Wirtshaus. Brauereimeister Franz Bachner verstand sein Handwerk gut und das Gebraute wurde schnell in der ganzen Stadt ausgeschenkt und lockte bald die Menschen aus der ganzen Region an.

Aber auch Entspannung und Ruhe suchende Gäste fanden im Waldhörnle eine Zuflucht. Vor allem am Wochenende kamen viele Gäste aus der Gegend, denn der Biergarten bot sich für Wanderer und Tagesausflügler an. Für einen längeren Aufenthalt waren ab 1927 auch vier Gästezimmer eingerichtet worden.

Turbulente Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Friedrich Keck aufgrund seiner Verbindungen zu den Nazis gefangen genommen. Die französische Besatzungsmacht übernahm das Haus und machte daraus ein Erholungsheim für französische Kinder. Mit der Hoffnung ein gutes Schnäppchen mit dem ehemaligen Wirtshaus zu machen, bewarben sich viele Bieter aus der ganzen Region. Doch erst 1949 eröffnete das Waldhörnle wieder mit dem - in politische Ungnade verfallenen - Friedrich Keck.

Die Schnellstraße B27 war jedoch der Untergang des Wirtshauses: Der laute Fernverkehr zerstörte den Garten-Charme des Geländes, immer weniger Gäste kamen. Das historische Gebäude verfiel und wurde schließlich 1990 abgerissen.

Doch das Brauereigebäude blieb erhalten und wurde vom Verein „Soziokulturelles Zentrum Sudhaus“ aufgekauft. Seit den 90ern finden im Sudhaus Konzerte und Kunstvernissagen statt. Der Vollmondtanz ist schon lange Kult in Tübingen: Einmal im Monat pilgern Tanzwütige aus der ganzen Region zum Sudhaus.

Weiterführende Links:

Offizielle Homepage des Sudhauses Tübingen

Aufhebung des Mensurverbots

Zurück zur Startseite

--

--

Tübinger Geschichten

Dichte Dichter, berühmte Ehemalige und eine imposante mittelalterliche Architektur