Wer glaubt, ist nie allein!

Karl-Maria de Molina
4 min readDec 31, 2023

Der Glaube verbindet uns mit Gott und untereinander. Daraus entsteht eine Gemeinschaft mit Gott und mit anderen Menschen. Daher war dieses Motto beim Papstbesuch in München ein wegweisender Spruch für unser Leben.

Der Besuch vom Papst Benedikt in München vor fast zwei Dekaden stand unter dem Motto „Wer glaubt, ist nie allein“. Wie ich nachträglich feststellte, erlaubt dieser Satz zwei Interpretationen. Damals hatte ich nur die eine herausgelesen, die zweite erst vor Kurzen.

Bevor wir in „medias res“ einsteigen, ein kleiner Ausflug beim Thema „allein sein“.

Bei der Selfie-Generation ist „allein sein“ keine Seltenheit. Gerade in München überwiegen die Single-Haushalte. Die persönlichen Kontakte lassen sich nicht durch die Social-Media-Kanäle ersetzen. Von daher war das erwähnte Motto perfekt gewählt.

Sich-begleitet-fühlen, d.h. nicht allein sein, ist ein menschliches Bedürfnis. Hierzu eine persönliche Anekdote.

Eines Abends telefonierte ich mit meinem Vater. Er hatte nach dem Tod meiner Mutter nochmals geheiratet. Seine Frau war häufig krank, auch am besagten Tag. Und so lag sie im Krankenhaus. Mein Vater war daheim. Das Hausmädchen war schon nach Hause gegangen. Nach dieser Feststellung sagte ich zu ihm: „dann bist du allein zu Hause“. Blitzschnell antwortete er: „Nein, ich telefoniere mit meinem Sohn in Deutschland“. Hinter der Antwort ist eine Portion Humor, und Wahrheit zugleich. Wahrheit, weil durch das Telefonat hatte er in Kontakt mit einer geliebten Person. Damit fühlte er sich nicht einsam, sondern führte er ein Gespräch mit einem fern lebenden, aber jetzt durch das Telefonat doch nahen Sohn. Durch die virtuelle Präsenz des Sohnes war er nicht mehr allein. Diese kleine Anekdote offenbart, wie wichtig für uns die Begleitung ist. Das „allein sein“ mögen wir nicht.

Kommen wir zurück zum ursprünglichen Satz: „Weg glaubt, ist nie allein“. Diese Worte schmückte viele Poster auf dem Messegelände in München, wo die Heilige Messe mit dem Papst Benedikt stattfand. Ich interpretierte damals den Satz, dass der Glaube aus einzelnen Menschen eine Gemeinschaft formte. Der Glaube vereinte uns, und verlieh uns damit eine neue Kraft. Die Kraft der Gemeinschaft.

Bevor wir auf den zweiten Sinn des Satzes kommen, eine passende Anekdote dazu.

Einmal hörte ich von einer Geschichte. Ein Lkw-Fahrer war unterwegs. Er sah am Straßenrand jemanden, der per Anhalter mitgenommen werden wollte. Der Lkw-Fahrer hielt an. Der Reisende öffnete die Tür und fragte ihn, ob er mitfahren könne. Der Fahrer nickte. Anschließend fragte der Reisende, ob er allein mit dem Lkw unterwegs war. Der Fahrer zögerte mit der Antwort, und sagte anschließend: ja. Später, während der Fahrt fragte der Reisende den Fahrer, warum er vorhin mit der Antwort gezögert hatte. Der Lkw-Fahrer sagte geradeaus: „Er sei nie allein, denn Gott ist mit ihm“.

Diese Anekdote hatte ich zwar nicht vergessen, aber doch die Message nicht verinnerlicht. Das heißt, nicht realisiert, dass es mir auch wie der Lkw-Fahrer ergehen könnte. Wie meine ich das? Ich erkläre es. Vor einigen Wochen telefonierte ich mit einer Schwester von mir. Im Laufe des Gespräches sagte sie zu mir: „Ach, du bist allein daheim“. Ohne viel zu überlegen, antwortete ich: „Nein, ich bin nie allen“. Für diese Antwort musste ich nicht viel nachdenken. Im Laufe der Jahre reifte in mir diese Gewissheit, dass ich in Gottes Angesicht, und daher im Gespräch mit ihm bin.

Erst dann “fiel bei mir der Groschen” und ich verstand den zweiten Sinn des besagten Satzes “Wer glaubt, ist nie allein”. Ja, wir sind nie allein, weil Gott mit uns ist. Und nicht nur er, sondern auch seine Familie: Josef und Maria. Und genau das predigen Heilige seit Jahrhunderten. Diese Dialoge mit Gott und seiner Familie nennen wir Gebete. Mehr als das Wort Gebet mag ich, das Wort Dialog, weil dies ist, was wir tun. Wir führen einen Dialog von Du zu du: sprechen, hören, antworten.

Ich kann mir vorstellen, dass der Papst und das damalige Organisationsteam auf dem Messegelände in München genau das im Sinn hatten. Wir sollen aus dem Glauben leben und wenn wir es tun, fühlen wir uns nicht mehr allein, sondern gut begleitet. Begleitet von Gott und vereint mit anderen durch den Glauben. Und als ob Gott nicht ausreichen würde, hat er uns seine Mutter zur Mutter gegeben. Er hat uns in seine Familie eingebettet. „Allein sein“ ist dann (fast) nicht mehr möglich!

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Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet, und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

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