Gott ist ein Familien-Typ

Karl-Maria de Molina
7 min readJul 2, 2023

Die Institution Familie gerät seit einigen Jahrzehnten unter dem Dauerbeschuss von Medien und von Teilen des politischen Spektrums. Sie wird als ein Relikt vergangener Tage betrachtet. Grund genug, um eine Analyse der Wurzeln und der Entstehung der Familie zu verfassen.

Der prägnante Titel dieses Artikels entstand im Rahmen eines Vortrags, den ich vor einigen Wochen für eine Gruppe von Eltern gehalten habe. Am Ende des Vortrags und als eine Art Fazit habe ich auf die Flipchart geschrieben: „Gott ist ein Familien-Typ“. Damit war gemeint, dass er nicht nur die Institution Familie erschaffen, sondern dass er hier auf Erden im Schoße einer Familie aufwachsen wollte.

Familie ist eine der uns bekannten menschlichen Beziehungen: Familie, Freund, Fremd und Feind. Von diesen vier Beziehungsarten pflegt Gott mit dem Menschen nur die zwei ersten: Familie und Freund.

Wann hat Gott die Familie erschaffen? Im Schöpfungsbericht lesen wir, dass Gott den Menschen als Mann und Frau erschaffen hat (1. Mose 1,27). Damit hat er den Grundstein für die Familie gelegt. Wir könnten sagen, Gott ist der Erfinder der Familie. Dieses Familienkonzept von Eltern und Kindern hat Gott nicht nur bei den Menschen etabliert, sondern auch bei zahlreichen Tierspezies. Der Mensch ist jedoch das einzige mir bekannte Tier, dass die Familie in Frage stellt. Im Fernstehen werden viele Dokumentarfilme über Tiere gezeigt. Neulich war die Rede von Schwarzalbatros, die eine lebenslange Beziehung unterhalten. Auch Pinguine verbinden sich fürs Leben. Und bei den Menschen? Seit einigen Jahren kursieren Begriffe wie Lebensabschnittspartnerschaften. Sperriges Wort, jedoch eindeutig: Keine dauerhafte Beziehung. Diese ist jedoch notwendig für ein gesundes und intaktes Familienleben -wie die Praxis zeigt.

Kommen wir wieder zu den Wurzeln der Familie zurück. Oben haben wir gelernt, Gott hat nicht nur die Institution Familie gegründet, auch er ist in einer Familie aufgewachsen. Wie ging das vonstatten? Nach dem Sündenfall hat Gott einen Plan geschmiedet, um die Menschen wieder auf Kurs zu bringen. Für diesen Plan kamen viele Optionen in Frage. Gott hat sich -aus meiner Sicht- für eine aus Nachhaltigkeits- und Marketinggründen optimale Lösung entschieden: Als Kind in einer Familie auf die Welt kommen.

Sorgfältig -wie Gott nun mal ist- hat er sich ein passendes Ehepaar ausgesucht: Arm, jedoch aus dem königlichen Geschlecht Davids. Und ihr Persönlichkeitsprofil? Sie, Maria, wird vom Engel Gabriel „voll der Gnade“ angeredet (Lk 1,28). Und er, Josef, wird vom Evangelisten Matthäus (1,19) „gerecht“ bezeichnet. Das heißt so viel: Wie heilig in den Augen Gottes. Es höchst interessant, nach welchen Kriterien Gott Menschen für sein Werk auswählt. Maria und Josef sollten im Erlösungsplan eine Hauptrolle spielen. Und was macht Gott? Er wählt aus menschlicher Sicht unbedeutende Menschen ohne Macht, ohne hochtrabende Titel, ohne Reichtum. Maria und Josef verfügten über zahlreiche Tugenden, die für die Umsetzung der Pläne Gottes perfekt waren: Treue, Demut, Heiligkeit usw. Über sie habe ich zahlreiche Artikel geschrieben, wo ich ihr Persönlichkeitsprofile beschrieben habe. Siehe Liste unten. Daher steige ich hier nicht tiefer ein.

Gott war es wichtig, dass Jesus menschliche Wurzeln hatte. Im Volk war er bekannt als Sohn des Zimmermanns Josef. Bei Matthäus (13,55) lesen wir: „Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria und sind nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas seine Brüder? Leben nicht alle seine Schwestern unter uns?“

Rudern wir chronologisch etwas zurück zu den Zeiten Mose. Auf dem Berg Sinai erhielt Mose von Gott die zehn Gebote. Die ersten drei stehen in direkter Beziehung zu Gott. Im vierten Gebot heißt „Ehre Vater und Mutter“. Anders ausgedrückt, liebe die Familie, die dir Gott geschenkt. Die Familie, die er dir für dein Leben ausgesucht hat. Mit anderen Worten, in der Prioritätsliste Gottes rangiert die Familie in zweiter Stelle, d.h. direkt nach ihm.

Im Evangelium wird die Taufe Jesu in kurzen Worten beschrieben. Getauft hat ihn sein Cousin 2. Grades, Johannes der Täufer, Sohn der Cousine Mariens (Lk 1,36). Und bei diesem wichtigen Ereignis tritt die himmlische Familie in Erscheinung: Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Wir lesen im Evangelium Markus 1,10: „Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden“.

Einige Zeit später auf dem Berg Tabor wird wieder der Vater zum Sohn sprechen. Diesmal jedoch in Anwesenheit vom Führungstrio der Apostel. Diesmal ist es Lukas, der uns informiert (Lk 9,35): „Das ist mein auserwählte Sohn, an dem ich mein Gefallen gefunden habe. Auf ihn sollt ihr hören“. Matthäus und Markus beschreiben mit ähnlichen Worten diesen Moment der Verklärung auf dem Berg.

Nach der Auferstehung hatte es Jesus eilig, den Menschen mitzuteilen, dass er auferstanden und dass Gott nunmehr auch unser Vater ist. Als Maria Magdalena am leeren Grabe stand, erschien ihr Jesus. Anfänglich erkannte sie ihn nicht. Und dann sagte er zu ihr: „Geh zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinaus zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20,17). Erstmalig spricht er vom Gott Vater als unser Vater. Wie gern würde ich den Tonfall Jesu hören, wie er das sagt. Mit welcher Freude, mit welcher Klarheit. Dreiunddreißig Jahre musste er warten, um Vollzug zu melden: „Auch ihr seid Kinder Gottes“ war seine Message. Dafür war er geboren, dafür hat er unermessliche Leiden auf sich gezogen, dafür ist er auferstanden. Ist das nicht faszinierend?

Bezeichnend fürs Thema Familie im Leben Jesu ist die Szene des Zwölfjährigen im Tempel. Nur Lukas beschreibt dieses familiäre Ereignis. Lieber Leser, liebe Leserin, sie wissen, was das passiert war. Jesus blieb in Jerusalem, während sich die Eltern auf dem Weg nach Nazareth befanden. Nach drei Tagen des Suchens finden sie ihn im Tempel. Lukas schreibt: “Als seine Eltern ihn sahen, waren sie sehr betroffen und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen und voller Angst gesucht“ (Lk 2,48). Maria bezeichnet Josef als Vater, weil er dem Gesetze nach Adoptivvater war. Und die Antwort Jesu auf die Wortmeldung Mariens hat es an sich: „„Da sagte er (Jesus) zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört“ (Lk 2,49).

Jesus will klarstellen: Gott Vater ist mein Vater. Brauchten Maria und Josef diese Klarstellung? Nein. Diese ist ganz eindeutig an uns gerichtet. Jesus ist als Mensch in der Familie von Josef und Maria aufgewachsen. Er gehört jedoch an erster Stellen zur himmlischen Familie mit Gott Vater und Gott Heiligem Geist.

Und wir? Auch! Durch den Tod Jesu am Kreuz sind auch wir Mitglieder der himmlischen Familie Gottes. Auch wir! Nicht zu vergessen. Jesus am Kreuz hat uns einen Vater und eine Mutter (Joh 19,26) geschenkt. Damit offenbart Gott sein Konzept von Familie: Vater und Mutter. Mehr Klarheit geht nicht. So ist nun mal Gott. Klare Worte, klare Handlungen, klare Gesten.

Phänomenal dieser Gott. Viele Jahre der täglichen Lektüre des Evangeliums haben mir geholfen, in die Denke Gottes einzudringen, ihn zu verstehen. Oder vielmehr, zu glauben, ihn verstanden zu haben. Eins ist mir klarer geworden: „Gott ist ein Familien-Typ“. Er schätzt die Institution Familie sehr hoch. Es ist an uns, seine Prioritäten anzunehmen und die Familie zu hegen und zu pflegen.

Den Abschluss dieses Artikels überlasse ich dem ehemaligen Papst Johannes Paul II: „In dem Wissen, dass Ehe und Familie zu den kostbarsten Gütern der Menschheit zählen, möchte die Kirche ihre Stimme und das Angebot ihrer Hilfe zu jenen gelangen lassen, die den Wert von Ehe und Familie bereits kennen und dementsprechend leben wollen“ (Apostolisches Schreiben Familiaris Consortio, 1981).

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Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

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