Warum Unternehmen Content Strategen brauchen

Sandra Mathelitsch
6 min readDec 10, 2016
Copyright: S. Mathelitsch

In den vergangenen Monaten habe ich mich verstärkt mit dem Thema „Content Strategie als Beruf“ auseinandergesetzt. Daher habe ich auch den Beitrag „Was ist eine Content-Strategie?“, in dem ich auch auf das Berufsfeld des Content-Strategen eingegangen bin, veröffentlicht. Doch oftmals merke ich in Gesprächen mit Außenstehenden, nicht nur Mitarbeitern sondern auch Firmeninhabern, dass sie eigentlich nicht so recht wissen, wo „wir“ — also Content-Strategen — eingeordnet werden sollen.

Unternehmen können von Content Strategen profitieren

Warum sollten Unternehmen Content Strategen engagieren? Weil es sich lohnt, auf Experten zu setzen, um Businessziele zu erreichen. Der Content-Stratege, ein Experte für digitale Inhalte, nimmt diese Businessziele als Ausgangspunkt, um darauf aufbauend eine effektive Strategie zu erstellen. Das bedeutet: Der Stratege ist Projektmanager des Projekts „Content Strategie“, und, wie meine Kollegin Irene Michl in einem Blogbeitrag geschrieben hat, eine Stabsstelle der Geschäftsführung, die Unternehmensziele und Stakeholder-Interessen im Auge hat.

Erzielt der Online-Output des Unternehmens nicht genügend Reichweite? Gibt es zu wenige Conversions, werden also zu wenige User tatsächlich zu Kunden? Wird auf Google das Unternehmen nicht in den Top-Ranks angezeigt? Das sind nur einige Probleme, für die ein Content-Stratege die Lösungen entwickelt.

Der Konkurrenzdruck im Internet ist groß

Der User hat im Internet Wahlfreiheit: Er konsumiert nur das, was er will. Er wird nicht die Webseite eines Unternehmens besuchen, wenn die Inhalte eines anderen ihn stärker ansprechen — selbst wenn dieses geografisch gesehen auf der anderen Seite der Welt stationiert ist. Daher kommt es zu einem großen Konkurrenzdruck im Internet, das Unternehmen mit den qualitativ besseren Inhalten für seine Zielgruppe wird sich am Ende durchsetzen. Genau an diesem Punkt setzt die Content Strategie an:

- Der Stratege baut seine Strategie anhand der Unternehmensziele, der Marke, der Zielgruppe und den vorhandenen Ressourcen auf. Kein guter Stratege wird das Produzieren von hochwertigen Videos vorschlagen, wenn er weiß, dass das Budget begrenzt ist. Allerdings weiß der Stratege, welche Alternativen zur Verfügung stehen.

- Der Stratege weiß, wie man User mit dem richtigen Inhalt, zur richtigen Zeit, auf der richtigen Plattform anspricht.

- Der Stratege analysiert den bestehenden Content, kann ein Audit nach qualitativen und quantitativen Kriterien auswerten und setzt seine Entscheidungen auf Grundlage von Fakten und Zahlen um. „Schnellschüsse“, die oftmals viel Geld kosten, werden vermieden.

- Da die Qualität des Contents entscheidend ist, sichert ein Stratege die Qualitätsstandards, er erkennt mangelhaften Content und verbessert ihn.

- Der Stratege erstellt eine homogene Strategie, die alle Bereiche des Unternehmens (Webseite, Newsletter, Social Media etc.) umfasst.

- Der Stratege bringt ein Grundwissen in allen relevanten Bereichen mit und tritt sowohl als Experte als auch als Vermittler auf. So werden auch firmeninterne Umwege und Doppelgleisigkeiten abgeschafft und die Frage der Ansprechperson geklärt.

- Der Stratege misst den Erfolg der Strategie und kann während des laufenden Projekts weitere Optimierungen vornehmen. Er beherrscht Analysetools, um damit die Daten richtig auszuwerten und einzuschätzen.

- Der Stratege sieht das große Ganze und nicht nur einen kleinen Bereich. Er spricht mit der Marketing- und PR-Abteilung genauso wie mit dem Social-Media-Manager und der IT-Abteilung. Der Stratege kann die Bedürfnisse und Vorgaben aller Abteilungen in der Strategie einordnen und sie verankern. Somit werden keine Ressourcen vergeudet und es kann eine kohärente Strategie geplant werden.

- Mit der richtigen Strategie werden langfristig Ressourcen gespart bzw. effektiver genützt.

- Der Content Stratege weiß, was derzeit „State-of-the-Art“ ist, kennt die Webstandards, wie beispielsweise SEO, und weiß diese gezielt einzubringen.

- Der Stratege hilft dem Unternehmen, sich von der Konkurrenz abzusetzen. „If you don´t invest in quality content that your customers will really care about…your competitors will“, sagt etwa Content-Strategin Kristina Halvorson.

- Der Stratege hilft zu planen, die Strategie ist für langfristigen Erfolg ausgelegt. So erstellt der Stratege etwa Redaktionskalender für einzelne Abteilungen.

- Zum Abschluss noch ein Zitat von Heinz Wittenbrink:„Inhalte sind ein zentrales und ein sehr kostspieliges Asset für immer mehr Unternehmen. Content Strategen sorgen dafür, dass die Inhalte einerseits zielgerichtet und qualitätsorientiert und dass sie andererseits ökonomisch und kostengünstig entwickelt werden.“

Das war die Beschreibung des Arbeitsgebietes eines Content Strategen. Doch wie sieht die Jobsituation derzeit wirklich aus?

Der Content Stratege in den USA

Im angelsächsischen Raum ist der Beruf des „Content Strategen“ mittlerweile etabliert, als Beispiel möchte ich die Stellenanzeige von „Uber“ bringen. Auf LinkedIn (Stand 7.12.2016) finden sich aktuell etwa 858 Jobs für Content Strategen in den USA :

Screenshot: Stellenanzeigen auf LinkedIn für Content Strategen in den Vereinigten Staaten (6. Dezember 2016)

Ebenfalls auf LinkedIn gab es am 6. Dezember 2016 nur in London 53 Stellen für Content Strategen. 93 Personen werden zudem unter dem Begriff „Content Strategy“ gesucht. Erhöht wird diese Zahl, wenn man berufsnahe Bezeichnungen wie „Digital Strategist“, „Content Manager“ etc., die aufgrund der Stellenbeschreibungen sehr viel Expertise eines Content Strategen benötigen (Anforderungen, Aufgabenfelder etc.), hinzunimmt. Zudem beziehe ich mich nur auf das Jobportal von LinkedIn, Arbeitgeber, die auf anderen Wegen Angestellte suchen, und die Firmen, die sich keinen Content-Strategen leisten können/wollen und auf Agenturen/externe Strategen zurückgreifen, scheinen noch gar nicht auf.

Ein Loch im deutschsprachigen Raum

Im deutschsprachigen Raum sieht dies jedoch anders aus. In den vergangenen Monaten habe ich immer wieder zu Recherchezwecken Jobportale durchgesehen, explizite Stellen für „Content Strategen“ gab es nur vereinzelt. Der Begriff „Content Manager“ taucht zwar öfters auf, kann aber — anders als teilweise im englischsprachigen Raum — nicht mit dem Beruf des Content Strategen verglichen werden. Denn üblicherweise (Ausnahmen gibt es natürlich) werden unter dem Begriff „Content Manager“ die sprichwörtlichen „eierlegenden Wollmilchsäue“ gesucht. Heute (6.12.) fand ich eine Stellenanzeige, in der unter dem Begriff des Content Managers eine Person mehrere Jobs zugleich ausfüllen sollte (u.a. Social-Media-Manager, SEO-Experte, Erstellung und Planung Newsletter, Kampagnenplaner, Webanalytiker). Und dies ist kein Einzelfall. Deshalb, um auch noch einmal deutlich den Content-Straten von anderen Jobs abzugrenzen (Quelle: Contentini):

Project managers achieve this by overseeing processes and communications to bring projects in on budget. Developers and designers achieve this by producing output that can generate revenues or savings. Marketers achieve this by creating demand for the product or service. Content Strategists achieve business goals by maximizing the commercial impact of content.

Ist „Content Stratege“ die falsche Berufsbezeichnung?

Vielleicht ist einfach nur die Bezeichnung „Content Stratege“ die falsche, besonders im deutschsprachigen Raum. Vielleicht ist die Berufsbezeichnung zu abstrakt, als dass sich Personalverantwortliche etwas darunter vorstellen könnten bzw. CEOs explizit fordern, einen „Content Strategen“ zu wollen. Wie ein Artikel von contentini.com aus dem Jahre 2010 belegt, dürfte es dieselbe Problematik vor einiger Zeit auch in den USA gegeben haben.

„The title may also be a misnomer. The content strategist can be called on for more than strategy, getting their hands dirty with the entire content lifecycle: analyzing, planning, writing, editing, distributing, managing and monitoring content. For that matter, they must concern themselves with more than content (in the strictest definition) too: information architecture, delivery technologies, and anything else that affects the impact of content falls under the purview of the conscientious content strategist.“

Zum Abschluss möchte ich noch zwei Zitate einbringen, die erneut deutlich zeigen, warum es — gerade zur heutigen Zeit — für Unternehmen wichtig wäre, auf einen Content-Strategen zu setzen, um die Businessziele zu erreichen:

Kristina Halvorson: „If our community fails to recognize, divide, and conquer the multiple roles associated with planning for, creating, publishing, and governing content, we’ll keep underestimating the time, budget, and expertise it takes to do content right. We won’t clearly define and defend the process to our companies and clients. We’ll keep getting stuck with 11th-hour directives, fix-it-later copy drafts — and we’ll keep on publishing crap. We can do better. Our clients and employers deserve it. Our audiences deserve it. We as users deserve it.“

Heinz Wittenbrink: „Die meisten Firmen sehen aber noch zuerst sich selbst und dann erst ihre Kunden. Sie haben nicht verstanden, dass im Netz immer die Kunden, die User, mit der Kommunikation beginnen. Diese Blindheit führt früher oder später in den Untergang.“

Bei Fragen rund um das Thema „Content Strategie“ können Sie/könnt ihr mich gerne unter s.mathelitsch@gmail.com erreichen.

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Sandra Mathelitsch

Graz. Journalistin (Kleine Zeitung). Germanistin. Content Strategie. Liebt #Texten #Reisen #Bücher #Bilder — Twitter: @smathelitsch