Mit 3D-Druck erstellte Titan-Implantate, Photo by General Electric (GE)

3D-Druck: Druckverfahren und Software

Kevin Anders
Bitgrip
Published in
5 min readFeb 24, 2021

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In einem einleitenden Beitrag haben wir bereits die Technologie 3D-Druck und ihre unglaublich vielfältigen Anwendungsbereiche vorgestellt. In diesem Artikel steht die Technik im Vordergrund. Wir beantworten unter anderem die Fragen, welche Druckverfahren es gibt und welche Software für den 3D-Druck notwendig sind.

Beginnen wir mit den verschiedenen Verfahren. Grundsätzlich geht es immer um additive Herstellungsmethoden. Es wird Material schichtweise hinzugefügt (addiert). Daraus entsteht Schritt für Schritt das fertige 3D-Objekt. Die folgenden fünf Verfahren zählen aus unserer Sicht zu den wichtigsten.

Charles Hull, Photo by 3D Systems

Die Stereolithographie (SLA) ist das älteste Verfahren und wurde vom Erfinder des 3D-Drucks Charles Hull bereits 1984 patentiert. Das Ausgangsmaterial ist ein flüssiger, lichtempfindlicher Harz.

Die im CAD-Programm oder im 3D-Scanner erstellte digitale Druckvorlage wird zunächst im Drucker geladen und von einer Software in einzelne Schichten umgerechnet (Slicing Software). Anschließend werden die einzelnen Schichten aus flüssigem Harz im Drucker aufgetragen. Durch Laserbestrahlung härtet das Material aus und verbindet sich mit der jeweils zuvor aufgetragenen Schicht.

Das SLA-Druckverfahren wird aufgrund der hochpräzisen Druckergebnisse im medizinischen Bereich angewendet, unter anderem bei der Herstellung von Aufbissschienen von der Hamburger Firma DMG. Mein Arbeitgeber BITGRIP hat dazu Software und die IT-Architektur entwickelt, die sämtliche Arbeitsschritte in einen webbasierten digitalen Workflow integriert.

Das Slicing ist übrigens bei jedem der hier beschriebenen Druckmethoden essentiell. CAD- und Slicing-Anwendungen werden im zweiten Teil dieses Beitrags näher vorgestellt.

Beim Fused Deposition Modeling (FDM) handelt es sich um das wohl bekannteste Verfahren. Synonym wird auch der Begriff Fused Filament Fabrication (FFF) verwendet. Frei übersetzt heißt das soviel wie Schmelzschichtung.

Filamente: Druckmaterial für FDM-Printer, Photo by www.3d-grenzenlos.de

Ausgangsmaterial ist hier ein fester, wenige Millimeter dünner Kunststofffaden (Filament), der im Drucker geschmolzen und im flüssigen Zustand schichtweise auf das Druckbett aufgetragen wird. Als Printmaterial gibt es eine große Auswahl an thermoplastischen Kunststoffen beziehungsweise Formwachsen.

SLA und FDM sind die beiden häufigsten Verfahren, deren genaue Funktionsweise, Einsatzgebiete und Druckmaterialien wir im Laufe unserer Artikelserie noch näher vorstellen werden.

Das Selektive Laserintern (SLS) kombiniert die gerade schon genannten Vorgehensweisen. Hier ist das Ausgangsmaterial ein Kunststoffpulver im festen Aggregatzustand. Dieses wird mit einem Laser zunächst geschmolzen und dann wiederum schichtweise aufgetragen.

Auch beim Binder Jetting ist das Ausgangsmaterial ein festes Pulver. Hier wird es jedoch nicht wie beim SLS geschmolzen, sondern mit einer Art Klebstoff (Binder) kombiniert. Diese Verbindung wird wiederum schichtweise aufgetragen und härtet an der Luft sehr schnell aus. Dieses Verfahren wurde in den 1990er Jahren am Massachusetts Institut of Technology (MIT) entwickelt.

Das Ausgangsmaterial beim Electron Beam Melting (EBM) ist ein Metallpulver, das Strom leiten kann. Dieses wird mit einem energiereichen Elektronen-Strahl (Beam) beschossen. Die dadurch entstehende extreme Hitze, hier können zwischen 700 bis zu weit über 1000 Grad Celsius erreicht werden, schmilzt das Pulver, das nun flüssig schichtweise aufgetragen werden kann. Mittels EBM produzierte Objekte, zum Beispiel Knochenimplantate aus Titan (siehe Titelbild), halten große mechanische Belastungen aus.

Wer sich eingehender mit den hier vorgestellten Verfahren auseinandersetzen oder weitere Verfahren kennenlernen will, findet hier ausführlichere Informationen.

Ohne Software gibt’s keinen 3D-Druck

Die Verbreitung des 3D-Drucks verlief parallel zu Siegeszug des Personal Computers in Büro und privaten Haushalten. Vereinfacht kann man sagen: ohne PC keine Software und ohne Software keine digitale Druckvorlage. In den folgenden Abschnitten gehen wir näher auf die beiden Software-Typen ein, die beim 3D-Druck notwendig sind.

Anwendung zum Modellieren der Druckvorlage

Um dreidimensionale Objekte erstellen zu können, braucht man zunächst eine Modellierungssoftware, mit der im Computer die geometrische Vorlage für den späteren Druck erstellt wird. Je nach Form und Komplexität des zu druckenden Objekts gibt es unterschiedliche Anwendungen.

3D-Objekt aus CAD-Programm, Photo by aplicit.com

Viele kennen sicher das klassische CAD-Programm. CAD steht für Computer-Aided Design. Diese Anwendungen sind besonders gut geeignet für Objekte mit klar definierten Maßen und scharfen, geraden Kanten. Das können beispielsweise Teile für den Maschinen- und Metallbau oder Entwürfe in der Architektur sein. Bekannte Marktlösungen sind AutoCAD oder Fusion 360. Gut geeignet für Anfänger, um einen ersten Eindruck von den Möglichkeiten und Features zu bekommen, ist die kostenfreie Einsteiger-App TINKERCAD.

Für Modelle mit unregelmäßigen Maßen und Rundungen, zum Beispiel detailreiche Designentwürfe in der Produktentwicklung oder der Automobilindustrie, eignet sich die so genannte Polygonmodellierung. Hierbei werden die digitalen Druckvorlagen aus diversen Vielecken (Polygonen) zusammengesetzt. Am bekanntesten sind die Anwendungen Blender (Open Source) oder die kostenpflichtige Software Maya von der Firma Autodesk.

Für organische Formen, für die selbst die Polygonmodellierung zu unflexibel ist, gibt es eine besondere Modellierungstechnik namens Sculping. Damit können beispielsweise Figuren aus der Lieblingsserie nachgebaut werden. Eine Anwendung für den professionellen Einsatz ist Zbrush von Pixologic. Eine weitere die schon oben erwähnte, frei verfügbare Software der Blender Foundation.

G-Code: Die Universal-Sprache des 3D-Druckers

Neben Programmen zum digitalen Erstellen der dreidimensionalen Druckvorlagen braucht es noch CAM-Anwendungen. CAM bedeutet Computer-Aided Manufactoring. Synonym wird oft auch der Begriff Slicer-Software verwendet. Das im additiven Verfahren 3D-Druck übliche schichtweise Vorgehen benötigt die Daten aus dem digitalen Modell auf Schicht- beziehungsweise Scheibenebene (Slice).

Genau das wird von CAM-Software erledigt. Sie rechnet die digitale Druckvorlage in so genannten G-Code um und gibt dem Drucker notwendige Informationen zur Temperatur, Druckgeschwindigkeit oder Größe des Druckbetts mit. Detaillierte Infos zum so genannten G-Code findest du hier.

Screenshot der PrusaSlicer-Software, Photo by www.prusa3d.com

Im CAM-Bereich gibt es viele Anwendungen. Weit verbreitet sind beispielsweise Cura von Ultimaker oder die Open Source-Software PrusaSlicer von Prusa Research des 3D-Druck-Visionärs Josef Prusa, über den sich ein eigener Artikel lohnen würde.

Hier gehts zu den weiteren Beiträgen aus unserer 3D-Druck-Reihe:

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