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Diese Fragen solltest du dir VOR dem Kauf eines 3D-Druckers beantworten

Matthias Hempel
Bitgrip
7 min readMar 4, 2021

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Dieser Beitrag ist ein kompakter Ratgeber für 3D-Druck-Einsteiger und gleichzeitig der vierte Teil unserer fünfteiligen Artikelserie. Im ersten Teil wurde die historische Entwicklung beleuchtet. Im zweiten und dritten Teil standen Technik und Material im Vordergrund.

Hier erfahrt ihr, welche Kriterien beim Anschaffen eines Druckers wichtig sind. Außerdem beleuchten wir die Kosten für Anschaffung und Betrieb und nennen am Ende Druckermodelle, die sich aus unserer Sicht gut für Einsteiger eignen.

1. Welche Art von 3D-Objekten möchtest du drucken?

Sicher ist diese Frage vor dem Loslegen schwer zu beantworten, wenn man nicht einen ganz konkreten Anwendungswunsch hat. Denn mit zunehmendem Wissen über die Möglichkeiten und der wachsenden Erfahrung entwickeln sich die eigenen Druckvorhaben immer weiter.

Doch deine Antwort ist das zentrale Entscheidungskriterium: Wenn man weiß, was man drucken will, kann man das passende Material auswählen und danach den Drucker, der mit diesem Material am besten drucken kann.

Was willst du drucken? Hart und genau oder chic und filigran?

Will man Ersatzteile mit einfachen geometrischen Formen erstellen, die keinen besonderen mechanischen Beanspruchungen genügen müssen? Dann ist PLA als Druckmaterial und damit ein FDM-Drucker sinnvoll. Sind hohe Beanspruchungen zu erwarten, dann wären eher PETG oder ABS als Druckmaterial geeignet und ebenfalls ein FDM-Drucker. Plant man eher filigrane Druckobjekte mit sehr feinen, komplexen Strukturen, dann wäre ein Flüssigharz und damit ein SLA-Drucker die richtige Wahl.

Für fast jede Art von Objekten gibt es spezielle Materialien mit passgenauen Eigenschaften, die besonders druckbeständig, langlebig, elastisch, lichtbeständig, wasserdicht, farbecht oder sonst was sind. Das Thema Druckmaterial und deren Eigenschaften haben wir in diesem Artikel genauer behandelt.

Pro-Tipp: „Was willst du drucken“ ist die wichtigste Frage beim Start in die 3D-Druck-Welt.

2. Lohnt sich der Kauf eines eigenen Druckers?

Diese Frage klingt im ersten Moment etwas komisch, aber sie ist absolut berechtigt. Wie oft will man dreidimensional drucken? Wie individuell beziehungsweise komplex werden die Objekte? Der Zeitaufwand für das Einrichten und Betreiben eines eigenen Druckers ist groß. Druckvorgänge, die mehr als zehn Stunden dauern, sind keine Besonderheit. Traut man sich zu, Verschleißteile eines Druckers selbständig auszutauschen oder kleinere Reparaturen durchzuführen?

Was viele nicht wissen, es gibt sehr gute Online-Services. Bei diesen Anbietern kann man für alle möglichen Objekte die Vorlagen hochladen beziehungsweise auswählen und erhält das Ergebnis einfach per Post. Mittlerweile gibt es auch einen Marketplace, auf dem man seine Bestellung aufgibt und dann den geeignetsten Druckdienstleister auswählt. Kein eigener Aufwand, keine Fehldrucke und die Kosten sollte man zumindest einmal mit den Anschaffungs– und Betriebskosten eines eigenen Druckers vergleichen. Aber natürlich ist der Onlineservice nichts für Do-It-Yourself-Jünger.

Wenn man sich grundsätzlich für die Eigenanschaffung entscheidet, folgen hier weitere Dinge, die man im Vorfeld berücksichtigen sollte.

Pro-Tipp: Wer pro Jahr nur drei Minifiguren erstellen will braucht keinen eigenen Drucker.

3. Wie groß sollen die gedruckten Modelle werden?

Wie groß soll’s denn werden? Haus-groß oder Thumbnail, Photo by Icon

Geht es um kleine Modelle der Lieblingscharaktere aus Star Wars oder eher um eine Nachbildung von Schloss Schwanstein im Maßstab 1:35? Dazu sollte man die Leistungsbeschreibungen der Drucker genau lesen, Bewertungen prüfen und auch die Communities auf den Herstellerseiten sowie auf Facebook und Youtube checken.

Eigentlich logisch, aber wir sagen es trotzdem nochmal: Je größer ein Modell, umso größer der Drucker, um so mehr Platz braucht man und umso länger dauert der Druckvorgang. Um bei unserem Beispiel Neuschwanstein zu bleiben — bei einer Modellhöhe von “nur” 40 Zentimetern und detailreichen Druckeinstellungen rödelt der Drucker schon mal zwei Tagen am Stück.

Pro-Tipp: Große und filigrane Motive brauchen Zeit und Raum.

4. Wo soll das Schmuckstück stehen?

Gibt es in der Wohnung, im Hobbykeller oder in der Garage einen geeigneten Platz, an dem der Printer diese langen Druckprozesse ausführen kann? Ohne den Schlaf oder den Alltag von etwaigen Mitbewohnern zu stören? Passt dort auch ein Drucker mit größeren Abmaßen hin und kann der Platz gut belüftet werden?

Der 3D-Drucker sollte NICHT im Schlafzimmer stehen. Photo by House Method on Unsplash

Moment, lüften? Ja, das ist sehr wichtig. So genannte SLA-Drucker (SLA steht für das Druckverfahren Stereolithographie) verwenden Harze, die flüssig aufgetragen und dann mit UV-Licht ausgehärtet werden. Beim Druckprozess entstehen gesundheitsschädliche Dämpfe. Auch bei FDM-Druckern, die für Einsteiger deutlich besser geeignet sind, entstehen ungesunde Mikropartikel.

Pro-Tipp: Das Schlafzimmer ist ein denkbar ungeeigneter Platz für einen 3D-Drucker.

5. Mit welchen Kosten muss man rechnen?

Als erstes denkt man natürlich an den Kaufpreis des Druckers. Die Bandbreite ist immens und reicht je nach Druckverfahren, Größe, Vielseitigkeit, Qualität und gewünschten Druckobjekten von 120 Euro bis zu mehreren Tausend Euro.

Als nächstes sollte man sich die laufenden Kosten für das Druckmaterial anschauen. Filament aus Polylactic Acid (PLA), das wohl am meisten verwendete ‚Futter‘ für FDM-Drucker, gibt’s schon ab etwas über 20 Euro pro Kilogramm. Teurer wird es, wenn bestimmte Eigenschaften, wie Wetterbeständigkeit oder besondere Flexibilität gefordert sind. Die Einstiegspreise für ABS-Filamente liegen in ähnlichen Regionen wie bei PLA. Deutlich teurer kann es bei flüssigen Harzen (engl. Resin) für die SLA-Drucker werden. Zwar beginnen die Kilopreise auch bei ca. 20 Euro, aber sie reichen schnell bis weit jenseits der 200 Euro-Marke.

Kosten im Blick behalten, Photo by Jude Beck on Unsplash

Auch die Kosten für Software sollte man im Blick haben. Ohne Slicer-Software gibt es keinen 3D-Druck. Sie erstellt den G-Code — die Sprache, die der Drucker versteht. Slicer-Programme mit Basisfunktionen gibt es frei im Netz oder werden mit dem Drucker mitgeliefert. Wer höhere Ansprüche hat, zum Beispiel an individuelle Einstellungen, bei der Kompatibilität zu unterschiedlichen Druckern oder dem gleichzeitigen Drucken mehrerer Objekte, kann sich an einer reichhaltigen Palette an Lösungen bedienen, für die auch Lizenzkosten anfallen.

Wenn man einen ‚China-Böller‘ für 119 Euro im Einsatz hat, lohnt sich eine Reparatur meist nicht. Wenn aber der eigene Drucker kein Billiggerät aus Fernost ist, dann sollte man auf die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, möglichen Reparaturen und natürlich deren Kosten achten. Bessere Geräte können durch leistungsstärkere Komponenten ergänzt beziehungsweise aktualisiert und damit aufgewertet werden. Das ist eine preiswerte Alternative zum Neukauf.

Dann gibt es noch ein paar Zusatzgeräte wie Trocknerboxen, Waschstationen oder Nachhärtekammern. Trocknerboxen kommen beispielsweise beim FDM-Drucken mit dem Material PLA zum Einsatz. Dieses Filament nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf. Die luftdichten Boxen reduzieren Feuchtigkeit und Staubpartikel und verbessern so die Druckqualität.

Waschstationen und Nachhärtekammern kommen beim SLA-Druckverfahren mit flüssigen Harzen zum Einsatz. Die frisch gedruckten Objekte sind noch recht klebrig und müssen nachbehandelt werden. Wie der Name schon verrät werden die Druckergebnisse erst gewaschen (meist mit Alkohol-haltigen Lösungen) und anschließend in einer Kammer unter UV-Lichtstrahlen ausgehärtet.

Beide Geräte sind ziemlich teuer. Mittlerweile gibt es sie auch schon als Kombigeräte. Plant man von vornherein, Zusatzgeräte zu verwenden, kann man sich vor dem Druckerkauf einen Überblick über die Preise der Hersteller verschaffen.

Pro-Tipp: Grundsätzlich ist 3D-Druck ein Hobby für jeden Geldbeutel. Je nach eigenem Anspruch kann es aber auch sauteuer werden.

6. Geeignete 3D-Drucker für den Einstieg:

Nach den vorhergehenden Ausführungen dürfte klar sein, dass es keine für alle geltende Empfehlung für einen bestimmten Drucker geben soll. Bei der Wahl des richtigen Printers spielen Faktoren eine Rolle, allen voran die Art, Anzahl, Größe der zu druckenden Objekte, aber auch der zur Verfügung stehende Platz oder das geplante Budget. Daher nennen wir pro Druckverfahren jeweils ein gutes Einsteigermodell und eines für Fortgeschrittene beziehungsweise ambitionierte Nutzer.

Das FDM-Druckverfahren ist für Anfänger viel leichter zugänglich. Als Druckmaterial gibt es leicht zu handhabende Filamentrollen aus Kunststoff.

Ender 3 V2, Photo by Creality

Ein gutes Einsteigermodell für DIY-Jünger ist der Ender 3 V2 von der chinesischen Firma Creality für etwa 250 Euro. Viele Geräte aus Fernost haben traditionell einen miesen Ruf. Der ist bei Creality aber nicht berechtigt. Deren Drucker werden auch von europäischen Resellern verkauft.

Im höheren Preissegment weiß der Original Prusa i3 MK3 mit einem Gesamtpaket aus Funktionsumfang, Zuverlässigkeit, sehr gutem Support und einer sehr aktiven Community. Der i3 MK3 ist als Bausatz-Kit ab ca. 750 Euro und als komplett montierter Drucker ab rund 1000 Euro erhältlich.

Der Einstieg in den SLA-Druck mit flüssigen Harzen als Druckmaterial ist deutlich aufwendiger. Man kann das mit einem kleinen Chemielabor vergleichen. Die Harze sollte man nicht auf die nackte Haut bekommen und beim Drucken entstehen giftige Dämpfe. Die Nachbehandlung kann eine ziemliche Sauerei sein, denn die frisch gedruckten Objekte sind noch sehr klebrig und müssen gegebenenfalls gewaschen und mit UV-Licht ausgetrocknet werden.

SLA-Drucker Original Prusa SL1, Photo by Prusa

Aber wenn man filigrane Fantasy-Figuren Marke „Dungeon and Dragons“ selbst erstellen will, ist ein SLA-Drucker die beste Wahl. Ein günstiges Einsteigermodell ist der Elegoo Mars. Hier gibt es einen Testbericht aus dem Dezember 2020.

Auch im SLA-Bereich bietet der tschechische 3D-Druck-Heroe Prusa einen leistungsstarken, aber recht teuren Drucker, den Original Prusa SL1. Der Bausatz kostet beim Hersteller ca. 1.400 Euro, das komplett fertig montierte Gerät bekommt man ab 1.700 Euro.

Pro-Tipp: DEN perfekten Drucker gibt es nicht. Es kommt immer auf das gewünschte Einsatzgebiet an.

Ausblick

Im letzten und abschließende Artikel unserer fünfteiligen Reihe zum 3D-Druck werfen wir einen Blick in die Zukunft und klären, was von der Technologie in den nächsten Jahren zu erwarten ist — und was nicht.

Hier gehts zu den anderen Artikeln:

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