Zug um Zug

Eva Li
CONNECTEURS
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2 min readNov 29, 2018

Eine Geschichte von 32 Männern, Frauen und Pferden, die bereit waren in die letzte Schlacht zu ziehen.

An Schach scheiden sich die Geister. Das taten sie schon immer.

Die einen sagen, es ist ein majestätisches Spiel, die anderen sagen, es sei schlicht langweilig und unspektakulär.

Persönlich gehöre ich zur ersten Fraktion, weshalb ich auch mit Spannung die diesjährige Schach Weltmeisterschaft verfolgt habe. Was war es nur für ein Kopf an Kopf rennen! 12 Remisen und ein Tie-Break. So was hat man noch nicht gesehen!

Da wusste sogar die Königin nicht mehr, wohin mit sich.

Vorsicht, Nerd — äh — Schach-Humor!

Was viele nicht wissen — angehende Schachweltmeister sitzen nicht hinter schall-geschützten Glaswänden, abgeschirmt von der Außenwelt in einer dunklen Kammer und hoch oben in ihren eigenen Sphären. Vor Partiebeginn wuseln Reporter, Sponsoren und der Schiedsrichter um sie rum, wollen hier noch ein Foto und da noch eins, bevor es dann final Zug um Zug geht. Aber seht und hört selbst — mit dem Kommentator als mein persönliches Highlight:

Unabhängig davon, ob gerade Weltmeisterschaft ist oder nicht, für mich ist Schach eins der schönsten Spiele, die es gibt! Jeder Zug eröffnet eine neue Welt, unzählige Möglichkeiten und vielfältige Strategien, das Brett zu erobern sowie den Gegner in die Ecke zu drängen. Jede der Figuren erweitert die Runde mit ihrem eigenen Charme, jede neue Partie birgt eine neue Chance, sich selbst und die Spielfiguren aus der Komfortzone zu bewegen und sich komplett in den Flow des Spiels hineinzustürzen.

Dies ist für mich auch immer eine Herausforderung. Je tiefer ich in einer Partie versinke, desto mehr Optionen, Vor- und Nachteile, aber auch Gefahren tun sich vor mir auf und nicht selten bringt mich das in Zeitbedrängnis aufgrund der Komplexität, derer ich mich gegenübergestellt sehe.

Gleichzeitig lehrt mich Schach spielen jedoch auch, Sicherheit im Umgang mit Unsicherheit zu erlangen, denn häufig kommt es vor, dass der Zug des Gegners dem Spiel eine neue Wendung gibt.

Vielleicht sollten wir, Martha, gemeinsam bei einer Partie Schach üben, uns auf Komplexität einzulassen, denn wie hast Du es so schön formuliert:

(…) Ich versuche zu lernen, komplexe Sachverhalte auch einfach mal als komplex zu akzeptieren und die Sicherheit innerhalb der Komplexität zu verlieren und sie gleichzeitig dort zu finden.

In diesem Sinne: Ich bringe gerne das nächste Mal nach Berlin mein Reiseschachbrett mit und wir tauschen uns einfach eine Runde über unsere Handhabung von Komplexität zwischen schwarz und weiß aus — Deal?

Wenn wir dann unser Erlerntes in die heutige Welt ummünzen können, sind wir den kommenden Herausforderungen bestens gewachsen.

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