Wochenendlektüre #6

03. Juli 2015

Gutes Leben Digital
Das gute digitale Leben
4 min readJul 3, 2015

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Copyright: Julia Caesar, unsplash.com

An diesem Wochenende steht uns Hitzerekord und griechisches Referendum bevor. Zeit, mal kurz abzukühlen und einen anderen Blick auf das griechische Drama zu werfen, nämlich aus der Sicht des kleinen blauen Vögelchens: Noch nie war eine Regierung in der Krise so gut darin wie die Griechische, ihre Sicht der Dinge über Twitter an die Massen zu tragen, sagt Hannah Jane Parkinson im Guardian. Schade nur, dass Tweets keine Krisen lösen.

Twitter und Guardian, die Zweite: Das spanische Städtchen Jun macht Schlagzeilen als erste Stadt, die Twitter flächendeckend als Instrument nutzt, um öffentliche Dienstleistungen an die Frau oder den Mann zu bringen. Von kaputten Straßenlaternen, über Auseinandersetzungen mit den Nachbarn bis hin zu Fragen an den Bürgermeister wird alles per Tweet geregelt. Liegt hier die Zukunft der lokalen Verwaltung?

Immer wieder ist auch die Zukunft der Arbeitswelt, welcher das zuständige Bundesministerium ein eigenes Grundsatzprogramm gewidmet hat, angesichts der schleichenden Übernahme durch Maschinen Gegenstand guter Netzbeiträge. So der von Sebastian Schwengers, der hier bei Medium volkswirtschaftlich informiert nach den Chancen und Risiken von Digitalisierung und Industrie 4.0 fragt.

Auch das Thema Künstliche Intelligenz haben wir schon mehrfach empfohlen und in einem Gastbeitrag zu unserer Publikation erörtern lassen. Jetzt findet sich bei Tea after Twelve ein sehr lesenswertes Interview mit Sarah Kember, Professorin für Neue Technologien und Kommunikation in London. Sie sagt zum Beispiel:

“How on earth we might build truly intelligent machines when there is still no consensus about what truly intelligent means?”

Am vergangenen Mittwoch hatte die Bundesregierung ihren zweiten Doom Day, allerdings in anderer Sache. In der Süddeutschen Zeitung musste sie lesen, dass nicht nur Frau Merkel mit ihrem Handy von unseren amerikanischen Freunden in den letzten beiden Dekaden (Bonn!) abgehört wurde, sondern auch eine Vielzahl weiterer Minister und Spitzenbeamten. Der Generalbundesanwalt prüft nun die neuen Spionagevorwürfe, die Opposition heizt Angela Merkel ein und fordert: endlich Konsequenzen.

Und nochmal die Amerikaner: Wer bisher dachte, dass TTIP nur etwas mit den berühmten Chlorhühnchen und Geheimgerichten zu tun hat, dem sei dieses Stück aus der ZEIT ans schwitzende Herz gelegt: Wie die USA den europäischen Datenschutz im Zuge des Handelsabkommens aushebeln will, beschreibt Julia Amberger in ihrem Stück.

Dies ist umso bedenklicher, wenn man sich die Vision des großen Mark Zuckerberg einmal genauer zu Gemüte führt: Er träumt von der Möglichkeit, Gedanken und Gefühle alsbald ad hoc an unsere Freunde “senden” zu können — wir wissen zwar noch nicht genau, was wir von dieser technischen Telepathie halten sollen. Aber sie wirft jede Menge neuer ethischer Fragen rund um die Privatsphäre auf. Guardian’s Stuart Dredge geht in die Tiefe.

Warum diese Debatte jetzt wichtig ist, obwohl die technische Lösung noch als süße Musik der Zukunft in unseren Ohren klingt, zeigt ein Stück von J. Nathan Matias im Atlantic: In Folge der Entscheidung zur Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Ehen des Supreme Court launchte Facebook ein Feature, mit dem Nutzer einen Regenbogenfilter über ihr Profilbild legen können, um diese lange überfällige, fantastische Entscheidung zu feiern. Doch sind wir alle damit nur Teil eines größeren Experiments in Facebooks Imperium? Hier geht es um nichts weniger als die Zukunft sozialer Bewegungen online.

Bewegungen online, militärischer Art: Die Zeit hat ein sehr lesenswertes Stück von Kerstin Kohlenberg zum Cyberwar veröffentlicht. Nach dem Hack des Weißen Hauses, dem Angriff auf Rechner des deutschen Bundestages und der kurzfristige Übernahme des französischen Senders TV 5 Monde durch IS-Symphatisanten stellt sich die Frage: Steht uns ein neuer globaler Rüstungswettstreit bevor?

Dafür sind ja gewisse Kenntnisse notwendig. Gott sei Dank hat eine neue südafrikanische Initiative, jedenfalls soweit wir wissen, keinen militärischen Hintergrund: In den Gefängnissen des Landes werden erstmals Programmierkurse angeboten, um den Insassen nach der Entlassung neue Jobperspektiven zu eröffnen. Klasse Idee, finden wir!

Über “blindes Vertrauen zu etwas, dem man eigentlich nicht traut”, schreibt Dr. Göttrik Wewer im Blog des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet. Ja, eine solche Einrichtung gibt es wirklich! Und sie leistet eine gute, wichtige Arbeit — die aber bislang noch kaum wahrgenommen wird. Vielleicht weil uns Vertrauen und Sicherheit gar nicht so wichtig sind, wenn wir im Netz unterwegs sind (was wir ja eigentlich immer sind). Wewer stellt folgenden Schluss aus dieser Tatsache zur Diskussion:

“Wenn aber die meisten das Internet nutzen, obwohl sie nicht glauben, dass ihre Daten dort sicher sind, sie den Angeboten häufig misstrauen, müssen wir womöglich umdenken. Dann ist es vielleicht aufschlussreicher, besser zu verstehen, warum das so ist, als nach Strategien und Instrumenten zu suchen, das Vertrauen zu steigern.”

Vorhin waren wir schon einmal kurz auf dem afrikanischen Kontinent. Doch wer seine Geografiekenntnisse richtig ausbauen will, dem sei Google Earthview zur Augenentspannung empfohlen: Die atemberaubensten Bilder von Google Earth, natürlich verbunden mit den Hinweis, wo diese Schönheiten zu finden sind. Die Bilder taugen übrigens hervorragend als erfrischender Desktop-Hintergrund!

Wir wünschen unterhaltsame Erkenntnisse und ein entspanntes, schattiges Wochenende!

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