#4 das Wallet

Ein Superkonto für DeFi

Giro-, Depot-, Spar-, Kreditkonto… alles in einem? Gibt es nicht? Doch gibt es!

Dirk Kruwinnus
DeFi Buddies

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Ein solches Multifunktionskonto wünscht sich jeder Bankkunde… Schluss mit mehreren Konten, ggf. mehreren Zugangsdaten — ist dem wirklich so? Lässt sich das Superkonto der DeFi bzw. Blockchain-Welt mit bekannten CeFi Konten vergleichen? Doch was ist ein Wallet genau, welche Arten gibt es und welche Risiken gehen gegebenenfalls mit der Nutzung einher…

Ein Ausflug in die CeFi-Welt: das Girokonto

Sowohl die Übersetzung von “Giro” (aus dem Italienischen für “Kreis, Umlauf”) als auch die gesetzliche Bezeichnung des Girokontos als Zahlungskonto, verdeutlichen den Zweck dieser Kontenart: die Abwicklung von Bankgeschäften insbesondere des Zahlungsverkehrs. Außerdem ermöglicht das Girokonto -aufgrund der kurzfristigen Verfügbarkeit- den Bankkunden, ihre private Bargeldhaltung (und damit verbundene Risiken sowie möglichen Verwahraufwand (z.B. eigener Tresor)) zu reduzieren.

Für den Vergleich mit der DeFi-Welt bzw. um die Unterschiede zu verstehen, ist es wichtig zumindest ein Stück weit hinter die Produkte zu schauen, denn letztlich steht auch hinter jedem klassisches Bankprodukt eine “Applikation”.

Zahlt beispielsweise Bankkunde#1 einen Zehn-Euro-Schein mit der (fiktiven) Seriennummer XX1234567890 auf sein Girokonto ein, erwirbt rechtlich die Bank als “Verwahrer” Eigentum an diesem Zehn-Euro-Schein (sogenannte unregelmäßige Verwahrung). Der einzahlende Bankkunde hat folglich keinen Anspruch mehr auf genau diesen Zehn-Euro-Schein mit der Seriennummer XX1234567890 — stattdessen hat er Anspruch auf eine “Sache” (sprich Geld) in gleicher Art, Güte und Menge.

Was macht die Bank mit den Einlagen auf Girokonten?

Würden Banken die “Goldene Bankregel” befolgen, dürften Sichteinlagen von der Bank für eigene “Geschäftsaktivitäten” nur so genutzt werden, dass sie jederzeit verfügbar sind. Mehr dazu in einem unserer kommenden Blogartikel — wichtig an dieser Stelle: Banken nutzen auch Einlagen auf Girokonten ihrerseits mit dem Ziel der Ertragsgenerierung.

Und noch ein CeFi Ausflug: das Depot

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Etwas anders verhält es sich bei “Depotkonten”. Grundlegende Aufgabe ist die Verwahrung — ob in einem geschlossenen Depot (z.B. Bankschließfach) oder einem offenen Depot (Wertpapierdepot).

Bei Letzterem übernimmt die Bank zusätzlich die Aufgabe der Verwaltung, sprich Einladung zu Hauptversammlungen, Verbuchung von Dividenden oder Zinsen, Umsetzung diverser sonstiger Kapitalmaßnahmen… etc. Die hinterlegten Wertgegenstände oder gekauften Wertpapier verbleiben im “Eigentum (des Bankkunden) oder einer vergleichbaren Rechtsposition.”¹ Das Wertpapierdepot ist letztlich ein Konto zur Verbuchung von Wertpapierbeständen und -transaktionen. Im Rahmen der üblichen sogenannten Sammelverwahrung verliert der Hinterleger (Bankkunde) allerdings ähnlich wie bei der Einzahlung auf sein Girokonto das direkte Eigentum an exakt dem von ihm erworbenen Wertpapier(stück). Wertpapiere derselben Gattung (also z.B. alle von den Kunden einer Bank gehaltenen Allianz-Aktien) werden in einem gemeinsamen, einheitlichen (Sammel-) Bestand verwahrt. Der einzelne Hinterleger wird “Miteigentümer nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Gattung.”² Dies ist ein wichtiger Unterschied zum Girokonto bzw. allgemein zu Kundenguthaben auf Konten — während diese bis zu 100.000 Euro über die gesetzliche Einlagensicherung abgesichert sind, ist das Vermögen auf Depots nicht gesichert, da es im Eigentum des Bankkunden verbleibt und die Bank kein Eigentum daran erwirbt.³

Back to DeFi: Das Wallet als Girokonto

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Das zentrale Konto der DeFi- wie auch allgemein der Krypto-Welt ist das Wallet: sozusagen täglich verfügbar, unverzinst als Basis für Zahlungsverkehr und Verrechnung. Das Wallet stellt letztlich eine digitale “Geldbörse” dar, wobei die Übersetzung mit Blick auf die tatsächliche Funktionsweise irreführend ist. Denn -und das ist wichtig für das Grundverständnis von Blockchain und DeFi- im Wallet liegen bildlich gesprochen keine Kryptowährungen bzw. Token vergleichbar mit Münzen oder Scheinen in unserer physischen Geldbörse. Eine Speicherung von Kryptowährungen in der Wallet ist nicht möglich, denn diese befinden sich immer direkt auf der jeweiligen Blockchain.

PIN wird zum private key und IBAN zum public key

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Im Wallet wird vielmehr der sogenannte private Schlüssel (private key) verwahrt. Übertragen kann man es sich (vereinfacht) vorstellen, dass in unserer physischen Geldbörse nur ein Zettel (oder Karte) mit der PIN “verwahrt” ist. Daneben kennzeichnet die Wallet noch ein öffentlicher Schlüssel (public key), der im Gegensatz zum private key wie der Name schon sagt öffentlich bekannt ist (vergleichbar z.B. mit der IBAN/Bankkontonummer). Dank des public keys können die auf der Blockchain gespeicherten Kryptowährungen dem “Wallet” des jeweiligen aktuellen Besitzers (auch Halter oder holder genannt) zugewiesen und diesem in seiner Wallet wie in einer Art Kontoübersicht angezeigt werden.

Public und private key kommen gemeinsam zum Einsatz, um Transaktionen, sprich die Übertragung (oder “Transfer”) von Kryptowährungen vom alten auf den neuen Besitzer auf der Blockchain zu signieren und verschlüsseln.

Aber das Wallet kann noch mehr — das Krypto Superkonto

Das Wallet ist nicht nur Zahlungs- und Verrechnungskonto, sondern gleichzeitig auch das Depotkonto. Alle Investments in Token die ein Krypto-/DeFi-Nutzer tätigt, werden ebenfalls im Wallet verwahrt. Und nicht nur das: auch für weitere “Finanzprodukte” ist das eigene Wallet die zentrale Komponente. Beispielsweise das Verleihen von im eigenen Bestand befindlichen Token erfolgt ebenso über das eigene Wallet, wie die Aufnahme von Krediten in Form von Token (inklusive der notwendige Hinterlegung von Kreditsicherheiten, sogenannten “collaterals”).⁴

Wie in unserem letzten Artikel beschrieben, basieren DeFi Anwendungen auf sogenannten Protokollen. Was nun das Wallet zum “Superkonto” macht, ist, dass Wallets grundsätzlich “interoperabel” bzw. genauer “interprotokollfähig” sind. Sprich so lange die dem jeweiligen Protokoll “entspringenden” Token, auf einer für das Wallet kompatiblen Blockchain/DLT basieren, können verschiedenste Token in einem Wallet gemeinsam verwahrt werden.

Was haben Fremdwährungskonten/-depots und das Wallet gemein

Basieren die Token nicht derselben Infrastrukturebene sprich Blockchain/DLT, reicht ein einziges Wallet nicht aus, um das breite Spektrum von Kryptowährungen und Token zu verwahren. So wie man -vereinfacht gesprochen- auf einem Euro-Girokonto (bzw. Depot) keine US-Dollar oder Schweizer Franken (bzw. entsprechend denominierte Wertpapiere) halten kann, sondern entsprechende Fremdwährungskonten /-depots benötigt, so bedarf es in der Kryptowelt hierzu auch mehrerer Wallets. Das bedeutet, dass grundsätzlich in einem Wallet neben dem nativen Token der jeweiligen Blockchain nur Token verwahrt werden können, die auf besagter Blockchain basieren — ein Bitcoin kann folglich nicht in einem Ethereum Wallet verwahrt werden. Alle auf Ethereum basierenden Token (auch wenn sie auf unterschiedlichen “Token-Standards” aufsetzen, wie z.B. ERC20, ERC721) können jedoch in ein und demselben “Ethereum” Wallet verwahrt werden. Allerdings ist auch hier Bewegung im Markt: denn erste Wallet-Anbieter beginnen ihre Wallets sozusagen “Multi-Blockchain verwahrfähig” weiterzuentwickeln. So kann man sich beispielsweise in seinem Metamask Wallet neuerdings neben einem “Münzfach” für Ethereum und Ethereum-basierende Token auch ein “Münzfach” für Token einrichten, die auf der Binance Smart Chain aufsetzen.

Wallets bedeuten Selbstverwahrung und -verwaltung

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Entscheidender Unterschied zwischen Wallets und Girokonten/Depots ist, dass “Halter von Kryptowährungen” diese mittels des private keys selbst verwahren und verwalten (“not your keys, not your coins”) — mit allen damit verbundenen Risiken und Chancen.⁵

Diese auch “non-custodian” oder “self-custody” genannte Verwahrung ist die zentrale Grundlage und Ausgangspunkt für DeFi-Anwendungen. Rein “operativ” stehen den Nutzern verschiedene Wallet-Arten zur Verfügung: Desktop oder mobile Wallets, Hardware Wallets, Paper Wallets — immer häufiger auch sogenannte Software Wallets (Smart Contract Wallets). Wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um eine sogenannte hot oder cold storage handelt. Letzteres bedeutet, dass der private key rein offline z.B. auf einem Stück Papier oder einem Art USB-Stick “verwahrt” wird.⁶

Zentralität auch in der dezentralen Welt: “Custodian”

Neben diesen non-custodian oder self-custody wallets gibt es auch in der Krypto-Welt sogenannte “custodian” Wallets. Insbesondere “Krypto-Exchanges” bzw. Krypto-Handelsapplikationen bieten diese Art von Verwahrung an — und erleichtern somit den ersten Schritt in die Kryptowelt. Den Kunden wird im Zuge der Registrierung automatisch ein Wallet eingerichtet. Diese Wallets sind vom Prinzip her den “CeFi” Depots sehr ähnlich — es handelt sich in der Regel um eine Art Sammelverwahrung.

Erste Krypto-Exchanges bieten inzwischen auch DeFi Produkte wie Lending an und ermöglichen so einen unkomplizierten Einstieg in die DeFi Welt. Übrigens wer sich immer schon gefragt hat, weshalb man bei einigen Krypto-Exchanges (oder auch bei sogenannten Token Sales) nur Kryptowährungen einzahlen kann (und keine FIAT Gelder): die Antwort liegt in der Regulatorik. Die Annahme von FIAT Geldern ist regulatorisch sehr viel stärker reguliert und erfordert je nach Jurisdiktion gegebenenfalls auch Lizenzen.

In Deutschland sind Kryptowerte seit der Novelle des Kreditwesengesetzes (KWG) Anfang 2020 sogenannte Finanzinstrumente und Dienstleistungen rund um selbige werden als Finanzdienstleistungen eingestuft. Diese sind -ebenso wie das neu geschaffene Kryptoverwahrgeschäft (mitsamt eigenem Kryptoverwahrgesetz)- erlaubnispflichtig, sprich benötigen eine entsprechende Genehmigung der BaFin.

DeFi nur “echt” mit selbstverwaltetem Wallet

Zusammenfassend lässt sich sagen — um die ganze Bandbreite an DeFi erkunden und nutzen zu wollen, führt kein Weg am eigenverantwortlichen Verwahren von Token vorbei. Da bis dato nahezu alle DeFi Applikationen und folglich deren Token auf der Ethereum Blockchain aufsetzen, ist ein Ethereum Wallet elementar und Voraussetzung für den Zugang zur DeFi Welt.

Ausblick: Endlich — die erste DeFi Applikation

In unserem nächsten Blogartikel wollen wir aufzeigen, wie klassisches Einlagengeschäft in der Decentralized Finance abgebildet wird. Gibt es Tages- und Festgeldähnliche Angebote — bietet DeFi eventuell bereits heute darüber hinausgehende Produkte?

Du möchtest mehr über uns erfahren? Hier findest Du eine kurze Intro zu den Defi-Buddies.

Fußnoten:

¹ aus einer Ausführung der BaFin: https://www.bafin.de/DE/Verbraucher/GeldanlageWertpapiere/Wertpapiergeschaefte/wertpapiergeschaefte_node.html

² ebenfalls aus der Feder der BaFin: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090106_tatbestand_depotgeschaeft.html

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/depot-31222

³ und noch ein drittes Mal die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht: https://www.bafin.de/DE/Verbraucher/BaFinVerbraucherschutz/Schieflage/Einlagensicherung/einlagensicherung_node.html

⁴ auf diese DeFi Anwendungen gehen wir in unserem weiteren Blog-Artikeln noch ausführlich ein

⁵ Chancen und Risiken der Selbstverwahrung sind ein wichtiges Thema, dem wir einen eigenen Blog-Artikel widmen werden.

⁶ Mehr zu verschiedenen Wallet-Arten findet ihr hier:

https://coinvestoren.com/wallet-arten

https://www.btc-echo.de/der-hodl-guide-5-arten-von-bitcoin-wallets-die-du-kennen-solltest/

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