Zurück zu einer neuen Normalität

Laura Weiss
Digital H
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3 min readJun 5, 2020

Die Corona-Krise hat in vielen Bereichen einen tiefgreifenden Wandel angestoßen. Innerhalb von wenigen Tagen werden diverse Branchen digitalisiert und Geschäftsmodelle an die neue Situation angepasst. Von Zoom Workouts für’s Wohnzimmer, virtuellen Klassenzimmern bis hin zu digitalen Wohnungsbesichtigungen. Einige Cafés werden zu kleinen Hofläden und Bars bieten Cocktails-To-Go im Pfandglas für den Spaziergang im Park.

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Auch die Transition zu New Work und die Digitalisierung der Arbeitswelt wird durch Corona beschleunigt. Vom hippen Startup bis zur Behörde — Home Office ist gezwungenermaßen plötzlich möglich. Meetings und Konferenzen finden virtuell statt und Reisen sind auf ein Minimum reduziert. Die Praktikabilität und Produktivität hat sich in vielen Bereichen bestätigt. Bereits einige Unternehmen kommentieren, dass die einst als das Symbol des Kapitalismus und Globalisierung geltenden Bürotürme in Metropolen eine Sache der Vergangenheit werden könnten. Facebook kündigt an, dass langfristig mindesten die Hälfte der Mitarbeiter*innen des Unternehmens von zu Hause aus arbeitet. Spotify verkündet die freie Auswahl des Arbeitsortes bis Ende des Jahres. Somit ist es auch möglich, dass mehr Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten für ein Unternehmen arbeiten, da ein Umzug oder Pendeln nicht unbedingt nötig sind.

Ortsunabhängige Arbeit minimiert zudem Arbeitswege, entlastet Straßen und hat somit einen positiven Impact auf die Umwelt. Würden zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland einen Tag pro Woche von zu Hause arbeiten, könnten rund 4,5 Milliarden Kilometer an Pendlerstrecke und etwa 850 Millionen Kilogramm CO2 pro Jahr eingespart werden — so eine Studie des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft.

Den Veränderungen durch Corona fehlt es an Nachhaltigkeit

Corona hat in vielen Bereichen einen Wandel beschleunigt. Wegen der schnellen und krisenbedingten Umsetzung, fehlt es jedoch bei einigen Veränderungen an nachhaltigen, durchdachten und effizienten Lösungen. Durch den Druck einer Pandemie konnten wir uns als Gesellschaft und Wirtschaft nicht auf Neuerungen einstellen, sondern die Anpassung musste innerhalb kürzester Zeit mittels teils provisorischer Notlösungen erfolgen.

Klimaaktivisten kritisieren beispielsweise stark, Corona als Beitrag zum Klimaschutz zu deklarieren, da kurzfristige, radikale, von einer Pandemie erzwungene Maßnahmen und dadurch (zufällig) entstandene Emissionseinbrüche nicht nachhaltig die Umwelt schützen. “Die Klimakrise ist eine Folge jahrzehntelanger fossiler Ausbeutung des Planeten” und braucht konkrete Zielsetzungen mit nachhaltig umsetzbaren Maßnahmen — so Luisa Neubauer.

Auch in der Arbeitswelt gilt es, nachhaltige Lösungen für ortsunabhängiges Arbeiten zu finden, welche Unternehmenskultur, Kreativität und soziale Kontakte erhalten und fördern. Studien über Risiken mobiler Arbeit zeigen, dass eine Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben im Home Office erschwert wird. Der gewonnenen Flexibilität, Autonomie und Vereinbarkeit stehen längere Arbeitszeiten, weniger Pausen und soziale Isolation gegenüber. Zudem kollidiert die neue Arbeitswelt mit einem veralteten, realitätsfernen Arbeitszeitgesetz, welches wahrscheinlich täglich von einem Großteil der Arbeitnehmer gebrochen wird. Demnach wäre es nicht erlaubt, den Arbeitstag vor 10 Uhr zu starten, wenn man am Abend zuvor um 22 Uhr noch eine dienstliche Mail gelesen hat. Es braucht neue Regeln und Arbeitsgesetze, um eine wirklich freie Entscheidung über Arbeitszeit und -ort zu ermöglichen.

Zurück zu einer neuen Normalität

Nach den Lockerungen in verschiedenen Bundesländern zeigt sich nach und nach eine Rückkehr zu einer Art Normalität. Doch zu welcher Normalität überhaupt? Die Welt “vor” Corona? Da der Virus nach wie vor präsent ist, wird sich zumindest in den kommenden Monaten eine neue Normalität einstellen. Dies wirkt sich auf viele Bereiche des Lebens aus. Urlaub um die Ecke statt exotischen Reisezielen. Outdoor Sport statt vollen Fitnessstudios. Entzerrung von Ballungszentren durch ortsunabhängige Arbeitsmöglichkeiten. Digitale Zusammenarbeit in Teams, asynchrone Kommunikation, IT-Sicherheit und vieles mehr. Es gilt, die positiven Errungenschaften der Krise zu behalten, aber auch zu überdenken und anzupassen. Wir brauchen nachhaltige Lösungen, die einen Mehrwert schaffen.

Es wächst die Hoffnung, dass in der neuen Normalität Krisen ernst genommen werden. Dass Sensibilität eine höhere Gewichtung bekommt. Dass wir uns als Gesellschaft als Ganzes sehen und nicht individuelle Ziele Mitmenschen und Umwelt übergeordnet werden. #fighteverycrisis

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Wir freuen uns, als Team von Digital H mit diesem Blogmedium Leser*innen auf unserer Reise hin zu einer gelebten New Work Kultur mitzunehmen und unsere Erfahrungen zu teilen.

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Laura Weiss
Digital H

Hi! I am a Berlin based web developer with an interest in New Work, Sustainability und Tech.