100 Tage COO bei elbstack

Marcus Bindseil
elbstack
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6 min readJul 14, 2020

Im April 2020 habe ich meine Stelle als COO bei elbstack angetreten. elbstack ist ein Software Engineering & Design Unternehmen. Die Firma nebst Kultur kannte ich schon durch die Zusammenarbeit bei meinem vorherigen Arbeitgeber. Für mich gab es das Alleinstellungsmerkmal, dass Mitarbeiter nicht nur als Entwickler in Kundenprojekten eingesetzt werden, sondern auch eigene Produkte während ihrer Arbeitszeit entwickeln können. “Wie cool ist das denn?” dachte ich.

So habe ich meinen ersten Workshop zusammen mit Scalamento schon vor meinem Arbeitsantritt gehabt. “Was ist die Vision und die Mission von elbstack?”. Einen besseren Einstieg kann man nicht haben. Ich konnte also schon an der Ausrichtung der Firma mitgestalten, bevor ich überhaupt unter Vertrag stand. Vision und Mission sind die Motivation, warum man als Mitarbeiter morgens seine Arbeit beginnt und macht jedem letztendlich klar, wie man mit seiner Arbeit Wert schaffen und anderen etwas Gutes tun kann. “Boosting dreams to brilliance”- der True North von elbstack. Idee dahinter ist, dass die Träume von Entwicklern und Kunden durch professionelles Engineering vergoldet werden, was dann in der Mission deutlich wird: “We provide a home for experts to fulfil their own & our customer’s dreams by engineering innovative products.” Für mich war das Motivation genug, an dem Vorhaben mitzumachen.

True North & Mission von elbstack

Aber was tut man als Firma, um die Vision & Mission zu verfolgen? Als erstes schafft man die Rahmenbedingungen. Wie stellen wir uns auf? Worauf basiert das alles? Dazu wurden umgehend die notwendigen Artefakte erarbeitet. Sowas macht man dann gern während eines Retreats in Dänemark, an dem nicht nur Socializing sondern auch das Schaffen fundamentaler Ideen im Mittelpunkt standen. Es wurden Purpose Pyramide und Team Charta gemeinsam entwickelt. Diese beantworten sämtliche Fragen der Kollaboration innerhalb einer Firma. Jeder Mitarbeiter kann sich somit auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren und muss sich kaum Gedanken zu sämtlichen zeitfressenden Fragestellungen wie unter anderem “Wer genehmigt mir meinen Urlaub?”, “Darf ich an einer Weiterbildung teilnehmen?”, “Wen kann ich fragen, wenn ich bei React Native nicht weiterkomme?”, “Darf ich Probleme offen ansprechen?”, usw. machen. Sind die Fragen zum “Wie” beantwortet, muss noch das “Was” geklärt werden. Hierzu nutzt elbstack OKRs, um gemeinsame Ziele zu definieren.

OKR, True North, Purpose Pyramide und Team Charta von myagile5.de

Eines der Objectives war auf den Posten des COO zugeschnitten. “Wir setzen das Fundament für die Skalierung von elbstack.” Das war und ist also mein Job. Ich sollte die Frage beantworten, wie wir die Firma aufstellen müssen, damit wir stabil und reibungslos wachsen können. Zu dem Zeitpunkt hatte elbstack 18 Mitarbeiter. Aber das Konzept elbstack soll auch mit 60, 80, 100 Mitarbeitern funktionieren.

Welche Fragen mussten also beantwortet werden?

  • Welche interne Prozesse müssen möglichst automatisiert werden?
  • Wie stellt sich elbstack am Markt auf und was ist der USP?
  • Wie werden Kunden gewonnen?
  • Welche Blocker existieren, die elbstack vom Wachstum abhalten können?
  • Ist die aktuelle Struktur von elbstack überhaupt skalierbar?

Interne Prozesse

Nur weil man eine Firma mit agilem Mindset, Selbstbestimmung der Mitarbeiter, modernem Gehaltsmodell und Startup-Spirit hat heißt es noch lange nicht, dass man da chaotisch und ungesteuert unterwegs ist. Gerade dieses Mindset erfordert gemeinsame Werte und funktionierende Prozesse als Fundament, um sich auf die essentiellen Themen konzentrieren zu können. Das elbsalary-Gehaltsmodell musste demnach digitalisiert werden. Das ist als Entwicklerbude natürlich easy machbar. Aber wie motiviert man Mitarbeiter, an internen Themen mitzuarbeiten, wenn sie doch auch in lukrativen Kundenprojekten arbeiten können?

Two of the greatest gifts you can give your organisation are clarity of strategy and an environment conducive to operational excellence. Cleaning up the change portfolio, sequencing things instead of doing them all at once, and closing down legacy projects will free up your talented people to deliver. (Jennifer Geary)

“Eat your own dogfood” gilt es da zu leben. Wir haben einen Prozess etabliert, in dem interne Aufgaben auf Scrum-basis geschätzt und umgesetzt werden. Die erarbeiteten Storypoints sind die Grundlage für eine Belohnung, die langfristige Mitarbeit am System honoriert und die Mitarbeiter noch mehr an die Firma bindet. Wir nennen die interne Währung standesgemäß “elbpoints”.

Wir haben ein Backlog mit Themen, die sämtliche manuellen Prozesse automatisieren. Ziel dabei ist es, jederzeit Transparenz über alle KPI`s der Firma, skalierbare Systeme und damit eine skalierbare Firma zu haben und uns somit auf unsere Vision & Mission konzentrieren zu können.

Unser USP

Wenn unser Mindset stimmt, wir motivierte, mitdenkende Mitarbeiter haben, die unternehmerisch denken und diese sich voll auf Ihre Mission konzentrieren können, dann kann das doch nur erfolgreich sein. Unsere Kunden können davon profitieren, dass man ganze Teams in deren Projekten einsetzen kann, die eingespielt und professionell ihre Arbeit verrichten. Und das nicht nur als robotisch funktionierender Abarbeiter von Stories, sondern als mitgestaltender, hinterfragender und lebendiger Teil des eigenen Unternehmens. Die Zeiten von Offshore-Teams, Wasserfallmentalität und Pflichtenheften haben gezeigt worauf es in erfolgreichen Projekten ankommt: Auf resiliente Teams aus greifbaren Menschen, die nicht nur mit dem Kopf sondern auch mit dem Herzen dabei sind. Frederick W. Taylor lässt grüßen.

Solche Mitarbeiter sind in der Regel die, die auch selbst unternehmerisch unterwegs sind und genug Energie haben, ihre eigenen Apps oder Services erfolgreich an den Markt zu bringen. Genau das unterstützen wir bei elbstack. Das Angebot, genug Zeit, Raum und Expertise zur Verwirklichung der eigenen beruflichen Träume zu haben ist deshalb auch tief in unserer Kultur über die Vision verankert.

Unsere Kunden

Fragt man unsere Kunden nach Feedback, wird am Häufigsten das täglich gelebte Mitdenken unserer Mitarbeiter und die gute Integration in die eigenen Teams erwähnt. Unsere Mitarbeiter sehen sich immer als Bestandteil des Teams in dem sie arbeiten und wollen sich immer aktiv daran beteiligen, die Probleme der Kunden kreativ zu lösen. So setzen wir in allen Projekten Teams von mindestens 2 Mitarbeitern, gern aber auch bis zu 9 Entwicklern ein. Da bewähren sich das eingespielte Teamwork und die definierten und gelernten Prozesse. Auch hier können unsere Mitarbeiter ihre gesamte Energie auf die zu lösenden Aufgaben konzentrieren. Und das zahlt dann direkt auf den Erfolg der Projekte ein.

unser Rent-a-Team Konzept

Wie geht es weiter?

Corona hat gezeigt, dass die Modelle und Prozesse funktionieren. Transparente Gehälter, Mitarbeiterbeteiligung, unbedingte Remote-Arbeit haben schon vorher funktioniert. Während der Krise konnten wir uns auf die etablierten Prozessen verlassen ohne dass wir uns umstellen oder etwas ändern mussten. Doch was passiert jetzt nach Corona?

Sickern wir jetzt langsam wieder nach und nach tageweise in das gemietete Büro ein, oder behalten wir den großen Anteil an Homeoffice bei. Für mich ist das vergleichbar mit der Entwicklung auf dem Automarkt. Die Sharing-Modelle bekommen größere Marktanteile. Das eigene Auto wird von vielen hinterfragt, gerade im urbanen Umfeld. Also stellt sich die Kernfrage: Wie ist das optimale Kollaborationsmodell nach der Krise? Klassische Büroarbeit? Ein shared workspace? Nur noch Homeoffice und ein Zusammenkommen in entsprechenden Locations, je nach Zweck der Treffen?

Wir stellen uns die Frage, welchen Stellenwert die soziale Komponente in diesem Szenario hat. Der Mensch darf keinesfalls zu kurz kommen. Das hatten wir schließlich oben schon einmal festgehalten. Was die professionelle Zusammenarbeit, die Tools und die Infrastruktur angeht kann man die Frage nach einem festen Büro nur noch mit “Nein, ist unnötig” beantworten.

Wir suchen in diesem Quartal nach Antworten darauf, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten und wie wir den sozialen Aspekt nicht vernachlässigen wollen. Das haben wir in unseren Objectives und Key Results für dieses Quartal festgehalten. Und diese zahlen ja bekanntlich auf unseren True North ein: “Boosting dreams to brilliance”.

Ich freue mich über Eure Anregungen oder eigene Erfahrungen.

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Marcus Bindseil
elbstack
Writer for

Agile Professional with experience in creation of living organisations with teams, mindsets and processes to solve complex problems.