Die Renaissance des Sparschweins

Immer mehr Bargeld in deutschen Haushalten

Finanzguru Team
Finanzguru
5 min readJan 17, 2020

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Passiert etwas Unvorhergesehenes, ist es definitiv praktisch, eine gewisse Bargeldreserve im Haus zu haben. Fällt etwa spät abends deine Bahn aus, kannst du das Taxi bezahlen, ohne einen Zwischenstopp am nächsten Geldautomaten einlegen zu müssen. Und wenn du am Sonntagmorgen spontan Brötchen holen willst, brauchst du nicht für 3,78 Euro noch einen Umweg zur Bank zu machen. Dass in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Postbank 24% der Befragten angaben, einen Teil ihres Ersparten zuhause zu lagern¹, scheint daher zunächst recht nachvollziehbar.

Was es ja auch ist.

Sofern es sich um einen kleinen Teil des Ersparten handelt.

Und das ist beileibe nicht immer der Fall.

Wie viel Bargeld versteckt sich in deutschen Haushalten?

Bargeld bringt keine Zinsen und verliert gleichzeitig durch Inflation konstant an Wert. Je größer unser Bargeldvorrat, desto mehr Geld lassen wir uns also langfristig entgehen. Von dem Risiko, das Geld durch Diebstahl oder einen Brand zu verlieren, ganz zu schweigen: Bargeld lässt sich schließlich nur begrenzt versichern. Umso überraschender wirken die Summen, die augenscheinlich in manchen deutschen Haushalten verwahrt werden.

Die eingangs erwähnte Studie der Postbank ergab, dass 53% der Bargeld-Sparer maximal 300 Euro zuhause aufbewahren. Damit bewegen sie sich in einem Rahmen, in dem ihnen kaum Zinsen entgehen und auch der Verlust durch Inflation minimal bleibt. So weit, so gut. Allerdings gaben in derselben Studie auch 17% der Befragten an, Bargeld im Wert von 300 bis 1.000 Euro zuhause zu haben. Bei 7% lag die Summe sogar jenseits von 1.000 Euro — in etwa 2% dieser Fälle sprechen wir von stolzen 10.000 Euro oder mehr!² Und bei derartigen Summen bleiben dann doch so einige Zinsen und vor allem Zinseszinsen auf der Strecke.

Warum setzen immer mehr Deutsche auf Bargeld?

In der Postbank-Studie lag der Anteil der Bargeld-Sparer unter den Befragten im Jahr 2018 mit 24% höher als der Anteil derer, die auf Wertpapiere setzten (21%). Rund ein Jahr später ließ die Postbank erneut 1.000 Deutsche erneut zu ihren Spar-Methoden befragen. Das Ergebnis? Vor allem die jungen Deutschen setzten 2019 auf Bargeld: 36% der 16- bis 29-Jährigen und 32% der 30- bis 39-Jährigen bewahren ihre Ersparnisse am liebsten zuhause auf.³

Niedrigzins und fehlendes Vertrauen

Der Trend zum Sparschwein wird u.a. durch die aktuell sehr niedrigen Zinsen auf „traditionelle“ Geldanlagen wie Tagesgeld oder Sparkonten befeuert. Wenn die Gefahr besteht, dass sich das Ersparte auf dem Konto nicht vermehrt, sondern durch die anfallenden Kontoführungsgebühren sogar Verluste entstehen könnten, sehen viele Sparer schlichtweg keinen Sinn mehr darin, ihr Geld einer Bank anzuvertrauen.

Und apropos Vertrauen: Die Einstellung der Deutschen den Finanzinstituten gegenüber dürfte auch ein wichtiger Faktor sein, der diesen Trend weiter verstärkt. Erst im März 2019 ging bundesweit eine Umfrage durch die Presse, die zeigte, dass sich das Vertrauen der Verbraucher in die Banken auch zehn Jahre später keineswegs von der Krise im Jahr 2009 erholt hat.⁴ Jeder zweite Deutsche, so das Ergebnis der Studie, misstraut Finanzinstituten. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise lag dieser Anteil noch bei rund 39% der Befragten.⁵

Kann sich Bargeld-Sparen trotzdem lohnen?

Bereits 2016 war in einer Pressemeldung der Intercontinental Hotels Group vom „Sparschwein-Revival“ zu lesen.⁶ Die Studie, um die es dabei ging, beschäftigte sich allerdings mit einer ganz besonderen Art des Bargeld-Sparens: Mit dem Kleingeld, das 15% der Deutschen gezielt zuhause ansparen. Im Gegensatz zum Horten großer Scheine ist das nämlich eine wirklich gute Idee.

Das wahre Talent des Sparschweins

Kartenzahlung und Online Banking zum Trotz ist in Deutschland noch immer viel Bargeld im Umlauf. Insbesondere Ein- und Zwei-Cent-Stücke sammeln sich schnell in großen Mengen im Portemonnaie, weil so viele Preise als Nachkommastelle eine 98 oder 99 haben. Fütterst du mit diesem Kupfergeld ein Sparschwein, hast du weniger zu tragen und legst gleichzeitig ein kleines Sonderbudget beiseite — ohne das abgezweigte Geld im Alltag zu vermissen.

Für maximalen Überblick bei minimalem Aufwand sorgt dabei das Sparschwein. Indem du die Münzen in ein geschlossenes Gefäß wirfst, machst du nicht nur deinem inneren Kind eine Freude, sondern begrenzt auch ganz automatisch den Umfang deiner Münzsammlung. Sobald das Sparschwein voll ist, kannst du je nach Betrag und Bedarf entscheiden, wofür du seinen Ertrag verwendest. Riesig wird der nicht sein, wenn du dich strikt ans Kupfergeld hältst, aber das ist ja auch der Sinn der Sache: Die Summe übersichtlich zu gestalten, um den Verlust durch Inflation und verpasste Zinsen zu minimieren. Mit ein bisschen Geduld kann deine „Kupferkasse“ aber die Urlaubskasse aufstocken, dir oder deinen Lieben einen kleinen Wunsch erfüllen — oder du lässt die Münzen zu Banknoten wechseln und hältst sie als Notfallbudget für Taxi, Sonntagsbrötchen und Co. parat.

Ein bisschen Bargeld für Notfälle und spontane Ideen ist schließlich nie verkehrt.

Aber eben nur ein bisschen.

¹Vgl. https://www.postbank.de/postbank/pr_presseinformation_2018_01_24_umfrage_sparen_sie_noch_oder_horten_sie_schon.html, zuletzt abgerufen am 18.09.2019, 11:12 Uhr.
²Vgl. ebd.
³Vgl. https://www.postbank.de/postbank/pr_presseinformation_2019_10_24_postbank_trotz_niedrigzins_wachsen_die_sparguthaben.html, zuletzt abgerufen am 05.12.2019, 17:01 Uhr
⁴Vgl. bspw. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/jeder-zweite-hat-kein-vertrauen-in-banken-16074453.html oder https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/umfrage-jeder-zweite-hat-kein-vertrauen-in-banken/24070030.html, beide zuletzt abgerufen am 3.12.2019 um 21:12 Uhr.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verbraucher-jeder-zweite-hat-kein-vertrauen-in-banken-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190306-99-259788, zuletzt abgerufen am 3.12.2019 um 21:14 Uhr.
⁶Vgl. https://www.presseportal.de/pm/62675/3416730, zuletzt abgerufen am 3.12.2019. 21:28 Uhr.

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