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Die Rolle des Bauhaus im Social Media Design 6/6

Trends und Lessons Learned.

naii.io - Alexander Kluge
5 min readDec 9, 2013

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Der sechste und letzte Artikel der Reihe soll ein Gesamtfazit darstellen und dabei Trends und Lessons Learned herauskristallisieren. Als Einstieg sollen die bisherigen Artikel kurz zusammengefasst werden.

Der erste Artikel…

…legte die Grundlagen, indem das Verständnis für Bauhaus, Design, Social Media und Social Media Design in Form von Definitionen und Merkmalen etabliert wurde.

Der zweite Artikel…

…befasste sich mit dem Versuch, einen Lehrplan für Webdesigner aufzubauen, der sich am Bauhaus-Programm orientierte.

Der dritte Artikel…

…behandelte das aktuelle bzw. nicht mehr aktuelle Buzz-Thema “Design Thinking”. Der Prozess wurde ausführlich beschrieben, um ihn anschließend auf seine Vereinbarkeit mit dem Bauhaus und Social Media zu prüfen.

Der vierte Artikel…

…stellte die Frage wie (handwerklich) anspruchsvoll Webdesign tatsächlich ist bzw. inwiefern ein handwerklicher Anspruch überhaupt gegeben ist. Dabei wurden die bauhäuslichen Prinzipien mit denen des Webdesign abgeglichen. Außerdem wurde der Begriff des “greifbaren Codes” ein- und ausgeführt.

Der fünfte Artikel…

…war im Wesentlichen ein Manifest — das erste SOCIAL MEDIA DESIGN MANIFEST. In 25 Thesen / Hypothesen / Theorien wurde für Webentwickler (von Copy und Content) eine theoretische Sammlung von aktuellen Paradigmen im Social Web und Social Media verlautbart.

Der sechste Artikel…

…wird nun alle Artikel rückblickend betrachten, teilweise wiederholen und den folgenden abschließenden Fragen nachgehen:

  • Was kann Social Media Design (SMD) vom Bauhaus lernen?
  • Welche Aspekte von Social Media wären für das Bauhaus nützlich gewesen?
  • Wie sieht die Zukunft von Webdesign im Post-Bauhaus-Zeitalter aus?

Außerdem soll der Frage nachgegangen werden, welche Konsequenzen das erlangte Wissen für Design 2.0 in gesellschaftlicher, industrieller und wirtschaftlicher Weise hat.

Was kann SMD vom Bauhaus lernen?

Im Wesentlichen kann Social Media Design vom Bauhaus lernen:

  • Dinge müssen funktionieren.
  • Gebaute Angebote und Werke sind (nicht) für Jedermann.
  • Gebaute Angebote und Werke entstehen, weil sie gebraucht werden.
  • Individualismus trotz Massenfertigungstechniken.
  • Einfache Handhabung.
  • Vereinigung (konvergieren) statt Vereinsamung.

Dinge müssen funktionieren

Dies sollte die allererste Prämisse sein. Aktuelle Ausfälle wie die von Amazons Cloud Computing Service müssen also vermieden werden, auch wenn Services wie Flavors.me trotz Ausfall ihres Services verlautbaren, verständnisvolle Kunden — zu haben…wenn auch nicht alle.

Gebaute Angebote und Werke sind (nicht) für Jedermann

Trotz des Anspruchs des Web (“Zugang für Jeden”) und des Bauhauses (eine “Lebensangelegenheit des ganzen Volkes”), von der Allgemeinheit (Jedem) erreichbar zu sein, lehrt uns das bisher Erfahrene, dass Social Media besonders von der Differenzierung des Jedermann und dessen Anspruch lebt. Spezialangebote (Nischen) sind die Folge. Fraglich bleibt, inwiefern z.B. das Phänomen Facebook als ein solch beschriebenes Angebot gezählt werden kann, weil es vielmehr als Infrastruktur (etwas großes Ganzes) für Nischenangebote dient, statt als dedizierter Social Media Service gesehen zu werden.

Gebaute Angebote und Werke entstehen, weil sie gebraucht werden

Statt Angebote zu bauen, die keinem echten Bedarf entspringen und nur der Sache selbst willen entstehen (“l‘art pour l‘art”), sollen sinnvolle und notwendige Angebote entstehen.

Individualismus trotz Massenfertigungstechniken

Trotz der Gleichheit, die aktuelle Angebote wie Facebook, Twitter, Netvibes, Mixxt, besagtes Flavors.me u.ä. bieten, muss Raum für individuelle Ausprägungen gegeben sein. Web und Social Media leben von der Vielfalt und der besagten Nische.

Einfache Handhabung

Es muss klar erkennbar sein, was mit diesem und jenen Werkzeug und Tool zu machen ist — siehe auch Affordances (Don Norman).

Vereinigung (konvergieren) statt Vereinsamung

Beinahe trivial zu erwähnen ist die Mentalität der interdisziplinären Kooperation und Kollaboration, die von Walter Gropius & Co. angestrebt wurde. Trivial deswegen, weil bereits vor einigen Jahren Web-Angebote à la Google Maps (2005), Flickr (2004) u.ä. mit ihren offenen APIs eine klare Mashup-Mentalität aufweisen bzw. Angebote wie Yahoo Pipes (2007) Oberflächen zur Generierung von eigenen Mashups bereitstellen. Da die konvergierende Zusammenarbeit nicht nur eine Stärke des Bauhauses ist, diese folglich bereits Anwendung im Social Media findet, soll dieser Aspekt last but not least erwähnt werden.

Welche Aspekte von Social Media wären für das Bauhaus nützlich gewesen?

Interessant und relevant wäre fürs Bauhaus gewesen:

  • Über die Stärke zu wissen, die Menschen im Social Web gemeinsam aufbauen können.
  • Die Emanzipation des Otto Normalbürgers (“Wutbürgers”) via Social Media / Die Rückkehr der (aus)gelebten Demokratie.

Gemeinsame Stärke von Menschen im Social Web

Nicht durch Experten, sondern durch eine große Masse an Bürgern wie du und ich konnte z.B. Nestlé dazu bewegt werden, Palmöl nicht länger aus dem indonesischen Regenwald nutzen — jenem Wald, in dem der Orang-Utan sein Zuhause findet und durch dessen Abbau sein Existenzaus drohte.

Emanzipation des Normalbürgers / Rückkehr der Demokratie

Die Schlagzeilen zu WikiLeaks dahingestellt, dient es als gutes Beispiel, in dem der einfache (brave) Bürger plötzlich auf Augenhöhe mit Unternehmen und Staatsregierungen steht und ihnen Paroli bieten kann. Besagter Bürger kann dadurch souveräner und selbstbewusster auftreten, denn Wissen bedeutet (trotz allmählichen Schwunds wegen derartiger Plattformen) Macht. Insofern ist WikiLeaks eine der bekannten Plattformen, die dem Volk die Macht (Demokratie) zurückgibt.

Wie sieht die Zukunft von Webdesign im Post-Bauhaus-Zeitalter aus?

Nachfolgend soll verfasst werden, welche Schwerpunkte das Webdesign zukünftig ausmachen:

  • Bionik / Biomimikry
  • 3D
  • Der Browser & native Browser-Technologien

Bionik / Biomimikry

Webdesign ist heute bereits greifbar und ahmt Elemente der analogen Welt, z.B. Holztexturen, Bedienelemente, Buttons u.ä., nach. Es wird morgen noch stärker die analoge Realität ausdrücken und imitieren.

3D

Was gerade (wieder) in der Filmbranche hinsichtlich des 3D-Erlebnisses passiert und auch in Spielkonsolen à la Nintendo 3DS Einzug hält, findet bereits marginal auch schon im Webdesign statt. Youtube bietet seit 2009 bereits eine 3D-Funktion — mit Brille. Jacqueline Thomas (Web Design Ledger) sieht diesen Trend in Form von “Parallax Scrolling” und “Depth Perception”.

Der Browser & native Browser-Technologien

Multimediale Fähigkeiten (v.a. Video) ist dank HTML5 nun nicht mehr länger auf Flash-Technologie beschränkt. Zusammen mit CSS3 und JavaScript wird der Browser mehr und mehr zu der Applikation schlechthin. Ähnliches meint wohl Google auch mit seinem Chrome OS.

Fazit

Es bleibt spannend im Feld des Web- und Social-Media-Design (Design 2.0). Mit der pragmatischen Bauhausbrille wurde auf aktuelles Design fürs Web geschaut und versucht, Parallelen zu finden. Was klar wird, ist die offensichtliche Kompatibilität beider Bereiche — Bauhaus und SMD sind kompatibel zueinander.

Gesellschaftspolitisch kann Design 2.0 helfen, Projekte wie WikiLeaks noch stärker zu machen und dank eines intelligenten Mixes aus Design und Content mehr Menschen davon überzeugen, sich in Gesellschaft und Politik zu engagieren bzw. zur Mündigkeit zurückzufinden.

Industriell wird es die Aufgabe von Design 2.0 sein, dem Web eine größere Einladungsmentalität zu verleihen, also andere Industrien (gemäß Design Thinking) einzubinden statt auszuschließen.

Wirtschaftlich ist Design 2.0 wohl ein Wachstumsmarkt, dessen Bedarf immer größer wird. Doch statt nur Design im klassischen Sinne zu betreiben, werden mehr und mehr technische Anforderungen an den Webdesigner gestellt — siehe Bauhaus-Lehrplan. Dies ist auch der Grund warum man von einem Webentwickler sprechen sollte.

In jedem Fall ist für Kontinuität gesorgt — das Web wird nicht aussterben. Als eine von vielen Anwendungen des Internets ist es mit seiner neuesten Erweiterung namens Social Media auf dem Weg in die richtige Richtung. Jene, welche den Menschen im Zentrum sieht (HCD), die ihn umgebende belebte und unbelebte Natur allerdings nicht außer Acht lässt (DT).

Weiter so!

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