KI als Kreative Unterstützung

Die unaufhaltsame (R)evolution der Kunst

Vladimir Alexeev
InterMERZ
4 min readAug 4, 2023

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Kunst will gestört werden. Kunst braucht Störung. Kunst muss gestört werden.

Dadaisten, Surrealisten, Oulipo, Fluxus, Postmodernisten, Konzeptualisten — sie alle sprachen von der Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Kunst. Das autoritäre und elitäre Verhältnis zwischen Kunst und Publikum sollte verschwinden.

Umberto Eco sprach 1969 auf dem Symposium “Computers and Visual Research” (im Zusammenhang mit der generativen Kunstbewegung “New Tendencies”):

“The authoritaran relationship would change only if researchers and artists […] instead of creating objects, began to promote active partricipation” [Das Autoritätsverhältnis würde sich nur ändern, wenn Forscher und Künstler […] statt Objekte zu schaffen, die aktive Teilnahme fördern würden.”] (New Tendencies, edited by Margit Rosen, 2011)

Glücklicherweise können wir mit dem Aufschwung der generativen KI seit 2015 diesen neuen Trend beobachten. ML-Forscher tauchen tiefer in die Entwicklung kreativer Werkzeuge ein, und Künstler sind inspiriert und fasziniert von KI-Modellen — sie kommen zusammen und stellen sie bereit:

Lösungen.

Die Vorstellung über KI als eine ausschließliche Domäne von Großunternehmen und Forschungseinrichtungen ist längst überholt. Durch die Ermöglichung des Zugangs zu ML/DL-Ansätzen wird die KI demokratisiert.

Generative KI bieten völlig neue kreativen Möglichkeiten den Künstlern. Das bedeutet nicht, dass alle Künstler auf den KI-Zug aufspringen sollten. Aber es bedeutet, dass wir sie nicht aufhalten können — und sollten. Kreativität ist ungebändigt.

Derzeit wird so viel darüber diskutiert, dass KI die Kunst negativ beeinflussen könnte. Ich glaube aber, dass es ein Missverständnis darüber gibt, was Kunst ist. Kunsthandwerk? Ja, es könnte durch KI beeinträchtigt werden — wenn Modelle visuelle Darstellungen schaffen, die quantitativ und qualitativ intensiver sind als ihre menschlichen Gegenstücke. Aber ist es schon Kunst? Oder beginnt Kunst erst, wenn menschliche oder maschinelle visuelle Produkte in Konzepte, Geschichten, Interpretationen eingebettet sind — von Menschen gemacht werden? KI-Kunst ist auch eine sehr menschliche Angelegenheit. Und Kunst liebt es, sich selbst zu hinterfragen.

In unserem Jahrhundert sind wir endlich dabei, uns vom Elitismus und Akademismus der Kunst zu befreien (zumindest bei der Schöpfung der Kunstwerke). Jeder ist ermächtigt, jeder ist ein Künstler, wie Joseph Beuys einmal sagte.

Zwei Wege

Es gibt zwei Wege, die Künstlern KI-Leistungen zur Verfügung stellen:

  1. Software: KI-gesteuerte Anwendungen.
  2. Hardware: ressourcenintensiver Weg.

Beide haben ihre Vor- und Nachteile.

Der Weg der Software: Zugänglichkeit.

Der Software-Weg ist am besten für Nicht-Programmierer, die auf intuitive Weise experimentieren wollen. Fast täglich werden neue ML-Modelle veröffentlicht und neue digitale Lösungen geschaffen: RunwayML, DALL-E, StableDiffusion, Artbreeder, Midjourney, Kaiber, TokkingHeads — die Liste geht weiter. Sie alle sind über Webanwendungen zugänglich, sie laufen in der Cloud, und man kann sogar mit Hilfe eines Smartphones damit arbeiten — und erstaunliche Ergebnisse erzielen.

Der Nachteil sind die Kosten. Sie können sie nutzen, bis Ihr Guthaben aufgebraucht ist. Die meisten dieser Lösungen werden als Abonnementdienste angeboten, auch wenn die meisten von ihnen auf Open-Source-Modellen beruhen. Sie müssen den Unterschied zwischen intuitiver Nutzung und dem Kostenfaktor abwägen.

Der Weg der Hardware: Mehr Aufwand

Mit einem passenden Rechner können Sie Open-Source-Modelle unbegrenzt nutzen. Ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass Ihnen die Credits ausgehen. Keine Time-Outs und Notebook-Abstürze mehr. Keine Warteschlangen bei grossem Ansturm an neuartige Modelle. Alles, was Sie brauchen, ist solide Hardware und keine Scheu vorm Programmieren.

Natürlich spielen auch hier die Kosten eine Rolle — für eine bessere und schnellere Leistung benötigen Sie eine gute GPU und einen Prozessor, die teuer sein können. Aber diese einmalige Investition gibt Ihnen mehr Freiheit, alle verfügbaren Open-Source-Modelle zu testen, ohne darauf warten zu müssen, dass sie in Software umgesetzt werden.

Mein Weg.

Ich bin (oder war?) ein Nicht-Programmierer. Meine letzte Computersprache war BASIC (ja, die alte, mit nummerierten Zeilen).

Ich war eher der ästhetische Typ von Kreativen — ich probierte neue Ansätze aus, wenn sie auf intuitive Weise angeboten wurden. OK, ich habe 2016 Deep Dream auf meinem Laptop installiert, was ich als meine persönliche Leistung anerkenne (*schulterklopf*). Und dennoch war ich begierig darauf, neue generative KI-Modelle auszuprobieren, obwohl ich fast keine Ahnung von Python hatte.

Mit der Erfindung von Jupyter und Google Colab Notebooks hatten wir Zugang zu immer mehr neuen Ansätzen. Man musste nicht wirklich wissen, wie man programmiert — man konnte es einfach Zelle für Zelle ausführen. Klar mit Python-Kenntnissen konnte man mit mehr Einstellungen experimentieren (was ich auch öfters getan habe).

Jedes Mal, wenn ein neues Modell veröffentlicht wurde, war ich:

Alle meine Artikel — sei es DeOldify, JukeBox oder GPT-2 — basierten auf Colab Notebooks.

Aber die ganze Zeit über liebäugelte ich mit der Idee einer Hardware-Lösung, die mir Folgendes bieten würde

  • unbegrenzte Rechenleistung
  • mit den neuesten Modellen zu experimentieren
  • unabhängig von allem und jedem zu sein und die Modelle lokal zu betreiben.

Und jetzt ist sie da. Unter dem Hashtag #MerZ8 werde ich Ihnen von meinen Experimenten mit einer lokalen Hardware-Workstation berichten, die neue Möglichkeiten eröffnet.

Mehr Zukunft gibt’s in den nächsten Tagen.

P.S. Mehr zu diesem Thema finden Sie in meinem neuen Buch “KI-Kunst”.

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Vladimir Alexeev
InterMERZ

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