Motivation & Zusammenhalt im Homeoffice fördern

Aike Fiedler
Leadership und Organisation
7 min readMar 9, 2021

Seit dem ersten Corona-bedingten Lockdown im März 2020 ist Homeoffice für nahezu alle Unternehmen eine neue Realität geworden. Mit dem zweiten Lockdown im November 2020 sind wieder viele Teams im Homeoffice oder in hybriden Konstellation aus remote und teilweise analog vor Ort im Office. Dieser Post soll die Möglichkeiten beleuchten, die Leader:innen haben, um ihre Teams in remoten Arbeitskonstellationen zu motivieren und den Zusammenhalt zu fördern. Einleitend wird die Bedeutung von technischen Grundlagen und die Etablierung von gemeinsamen Regeln für die Motivation thematisiert und anschließend zu konkreten Umsetzungsmöglichkeiten übergeleitet.

Technische Infrastruktur als Voraussetzung für motivierte Teams

Bevor sich Führungskräfte den verschiedenen Motivationsmöglichkeiten zuwenden, sollte die technische und strukturelle Grundlage zum remoten Arbeiten geschaffen sein und regelmäßig hinterfragt werden. Dieser Punkt erscheint auf den ersten Blick trivial, jedoch darf es nicht als selbstverständlich genommen werden, dass für alle Teammitglieder:innen zu Hause optimale Arbeitsmittel oder -platz vorherrschen. Eine Befragung des Bonner Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums ergab, dass mit 85 Prozent mittlerweile die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten Computer oder Tablets zur Verfügung gestellt bekommt, bei Smartphones und Handys sind es noch 44 Prozent (Dettmer, 2021). Auffällig ist, dass unter den 8 Prozent der Arbeitnehmer:innen, die keine Arbeitsmittel von ihren Arbeitgeber:innen zur Verfügung gestellt bekommen, Frauen fast doppelt so häufig leer ausgehen wie Männer. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Führungskräfte hier in der Pflicht sind, nachzufragen und gegebenenfalls nachzujustieren. Dadurch werden nicht nur technische Gegebenheiten optimiert und Arbeitsbedingungen erleichtert, auch das psychologische Grundbedürfnis nach Verbundenheit und Zugehörigkeit wird gestärkt.

Mehr Optionen als nur Zoom oder Microsoft Teams

Neben der technischen Infrastruktur spielt in der virtuellen Zusammenarbeit die Software eine bedeutende Rolle, gerade auch in Punkto Motivation. Neben den gängigen Videokonferenz-Anbietern wie Zoom oder Microsoft Teams sind in den letzten Monaten viele neue Services entstanden, wie beispielsweise Run the World. So bietet Run the World mit einem Feature die Möglichkeit, ähnlich dem Prinzip des Speed-Datings, Meetingteilnehmer:innen in zeitlich begrenzten Chat-Runden mit einer Person zusammenzubringen und anschließend zufällig mit einer neuen Person zu verbinden. Die steigende Auswahl der Tools und Features bietet Führungskräften die Möglichkeit, zu experimentieren und neue digitale Erlebnisse und Abwechslung zu schaffen. Eine kleine Auswahl weiterer Video Conferencing Anbieter stellen wir unter anderem im nächsten Post vor.

(Neue) Regeln und ein gemeinsames Verständnis in der remoten Zusammenarbeit schaffen

Gemeinsames Verständnis im Team in der remoten Zusammenarbeit etablieren

Die gelernten sozialen Verhaltensregeln der analogen Welt müssen in der virtuellen Zusammenarbeit angepasst werden. Während früher Teammitglieder in einem Meeting nicht einfach ungesehen verschwinden konnten, sind Kamera und Mikrofon im virtuellen Umfeld mit zwei Klicks deaktiviert und der Bildschirm schwarz. Bestehen hier keine allgemeinen Regeln, können die unterschiedlichen Verhaltensweisen und das individuelle Verständnis stark die Motivation des Teams schmälern (Ferrazzi, 2014). Daher sollten die Umgangsformen gemeinsam im Team besprochen und verbindlich festgehalten werden, wie beispielsweise das Einschalten der Kamera als Standard für alle am Meeting Teilnehmenden.

Ebenfalls empfehlenswert ist das Erstellen eines How to Work with me Manuals, in welches jedes Teammitglied die eigenen Präferenzen der Zusammenarbeit, Eigenschaften und Hintergründe zu sich eintragen kann. Das Startup acework, spezialisiert auf remote Work Beratung, hat ein gutes Beispiel und Vorlage dafür erstellt, hier klicken zum Herunterladen.

Meetings oder Check-ins auffrischen

Routinen wie ein morgendliches Check-in oder Meetings können mit wenigen Kniffen aufgefrischt werden, so kann beispielsweise jeden Morgen ein anderes Teammitglied drei Fakten vorstellen, ein Fakt davon ist ausgedacht und der Rest des Teams versucht, diesen zu erraten. Oder man gibt dem Team als Eisbrecher und Aufwärmübung zu Beginn eines Meetings die Aufgabe, einen unsortierten Stapel Post-its auf einem digitalen Whiteboard möglichst schnell in Tierform zu arrangieren, es gibt dabei keine Vorgaben, das Team improvisiert frei.

Team-Challenge: Post-Its als Tierform arrangieren

Kleine Meetings mit nur zwei oder drei Personen können von Zeit zu Zeit mit einem Spaziergang kombiniert werden, neben einem räumlichen Wechsel bringt die Bewegung an der frischen Luft Abwechslung in den Arbeitsalltag.

Die hier angeführten Beispiele sollen verdeutlichen, wie das Zusammenspiel aus Routine, Interaktion und Abwechslung eine aktivierende Kombination im virtuellen Arbeitsalltag schaffen kann.

Raum für Experimentieren schaffen

Neben diversen täglichen Meetings, Routinen und Prozessen sollte der Versuchung widerstanden werden, den gesamten Arbeitstag im Homeoffice durchstrukturieren zu wollen. Während ein gewisses Maß an Grenzen und Richtlinien motivierend wirkt, können zu viele Regeln und Strukturen dazu führen, dass die Mitarbeitenden immer weniger Probleme lösen und nicht mehr kreativ (mit-)denken, sondern nur noch das Nötigste zu tun, weil sie festgefahrenen Strukturen und Regeln folgen müssen.

Die Amerikanerinnen Lindsay McGregor und Neel Doshi haben zwischen 2010 und 2015 mehr als 20.000 Arbeitnehmer:innen auf der ganzen Welt unter anderem nach motivationalen Faktoren in Homeoffice befragt (Doshi & McGregor, 2015). Dabei zeigten sich Mitarbeitende um 45% motivierter, wenn sie ermutigt wurden, kreative und eigenständige Lösungen für Probleme zu finden. Um dies zu erreichen, sollten Teamleads darauf achten, dass es Tage in der Woche gibt, in denen möglichst wenig bis keine Meetings oder andere Termine stattfinden, um dem Team Raum zu lassen, eigenständig an Herausforderungen und Projekten zu arbeiten. Gibt es diesen Raum, zahlt dies maßgeblich auf das psychologische Grundbedürfnis nach Eigenständigkeit ein und erhöht die intrinsische Motivation (Doshi & McGregor, 2020).

Kommunikation als Schlüssel

Photo by Mason Jones on Unsplash

„Wenn ganze Teams remote arbeiten, ist eine Überkommunikation sinnvoll“, erklärt die Microsoft-Managerin Carolin Eggers gegenüber t3n im Interview (Weck, 2021). Immer wieder wird die Wichtigkeit von Kommunikation, aktivem Zuhören und der Erreichbarkeit von Führungskräften für die Motivation der Mitarbeitenden in der remoten Zusammenarbeit betont. Gegenüber der Präsenzarbeit im Büro kommt der Kommunikation des Teamleads im remoten Arbeiten eine deutlich gesteigerte Bedeutung zu, denn viele Informationen, die sonst durch informellen Austausch geteilt werden, entfallen nun. Daher sollten Führungskräfte vermehrt darauf achten, Unternehmensinfos und Entwicklungen zeitnah mit ihrem Team zu teilen und zu besprechen (Coronavirus: leadership and recovery, 2020, S.43). Gleichzeitig ist es genauso relevant, einen Raum für individuelle Kommunikation und Austausch in Form von regelmäßigen Einzelgesprächen zu öffnen, zum Beispiel bei einem virtuellen Kaffee.

Regelmäßige Teamevents in die virtuellen Arbeitszeiten integrieren

Photo by Kari Shea on Unsplash

Unabhängig davon, wie viel Struktur oder Freiraum es in der virtuellen Zusammenarbeit gibt, die räumliche Distanz bleibt immer bestehen. Der zuvor selbstverständliche Austausch beim Mittag, in der Raucherpause oder an der Kaffeemaschine entfällt. Um die Motivation und den Teamzusammenhalt nicht sich selbst oder dem Zufall zu überlassen, ist es wichtig, regelmäßig Teamevents zu integrieren. Diese können als gemeinsames Quizduell, als Krimi-Dinner oder mit After-Work-Drinks gestaltet werden. Der Inhalt oder die Aktivität ist dabei weniger wichtig, als dass das Team unabhängig der Arbeitsthemen zusammenkommt und Austauschmöglichkeiten entstehen. Je nach Präferenz und Feedback sollten unterschiedliche Formate im Team ausprobiert werden, im nächsten Blogpost werden eine Reihe von Möglichkeiten vorgestellt. Sowohl die bewusst erhöhte Kommunikation als auch die regelmäßigen Teamevents stärken gerade im Homeoffice das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie führen dazu, sich als wertvoller Teil einer Gemeinschaft zu fühlen und stellen damit eine weitere wichtige Komponente zur Motivation dar.

Weiterbildungen nutzen

„Das Internet ist für uns alle Neuland“, sagte einst Bundeskanzlerin Angela Merkel, ähnlich verhält es sich aktuell noch mit der virtuellen Zusammenarbeit. Dieser Umstand ist für viele Menschen und Unternehmen vergleichbar und kann gut für Weiterbildungen genutzt werden.

So bietet das Netzwerk actors4business aus kameraerfahrenen Schauspieler*innen interaktive Online-Coachings zum Auftritt in Online-Meetings oder der Präsentation vor der Webcam: https://www.actors4business.com/training-how-to-skpe/

Dies ist nur eine von vielen Möglichkeiten, das eigene und das teambezogene Skillset remoter Fähigkeiten zu verbessern. Außerdem stärkt es einerseits den Teambuilding-Charakter, andererseits erhöht es aber vor allem auch die Selbstwirksamkeit, können die erlernten Methoden doch direkt im Arbeitsalltag angewendet werden.

Ausprobieren macht den Unterschied

Photo by Markus Spiske on Unsplash

Alle vorgestellten Möglichkeiten sind Puzzleteile für ein motiviertes Team im Homeoffice, hierbei sind Teamleader:innen gefordert, zu testen und situativ zu entscheiden, was für ihr Team funktioniert. Durch fortlaufendes Ausprobieren entsteht eine Dynamik, die bereits im Prozess motivierend wirken kann und die so individuelle Lösungen ermöglicht, virtuelle und vor allem auch motivierte Teams zu führen.

Literaturverzeichnis

Coronavirus: Leadership and recovery. (2020). Harvard Business Review Press.

Dettmer, M. (2021, März 2). Arbeiten in Corona-Zeiten: Zahl der Beschäftigten im Homeoffice deutlich gestiegen. https://www.spiegel.de/wirtschaft/arbeiten-in-corona-zeiten-zahl-der-beschaeftigten-im-homeoffice-deutlich-gestiegen-a-58715931-9b01-4e6d-b308-f4b1142316ef

Doshi, N., & McGregor, L. (2015). Primed to perform: How to build the highest performing cultures through the science of total motivation (First edition). Harper Business, an imprint of HarperCollins Publishers.

N., & McGregor, L. (2020, April 9). How to Keep Your Team Motivated, Remotely. https://hbr.org/2020/04/how-to-keep-your-team-motivated-remotely

Ferrazzi, K. (2014, Dezember 1). Getting Virtual Teams Right. Harvard Business Review. https://hbr.org/2014/12/getting-virtual-teams-right

Weck, A. (2021, Februar 17). Teamgefühl im Homeoffice stärken. https://t3n.de/news/microsoft-managerin-teamgefuehl-staerken-1356229/

--

--