Twist verwaltet seine Kommunikation in Themenblöcken, also sogenannten Threads.

Slack-Konkurrenz von den Todoist-Machern

Do the Twist?

Professionelle Messenger-Dienste gewinnen immer mehr an Fahrt! Grund genug, Slack den Markt nicht kampflos zu überlassen. Mit Twist tritt ein neuer Herausforderer in den Ring.

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Bitte beachten Sie auch unser Interview mit Doist-CEO Amir Salihefendic zur Veröffentlichung von Twist.

Messenger-Dienste wie Whatsapp, Apples Nachrichten-App oder auch der Facebook-Messenger verändern längst nicht mehr nur den privaten Austausch, sondern erlangen auch im beruflichen Umfeld immer mehr an Bedeutung. Und das aus gutem Grund, verringern Messenger doch das E-Mail-Aufkommen und die Anzahl der nötigen Telefonanrufe innerhalb eines Unternehmens merklich. Zudem sind Fotos, Videos und Sprachnachrichten mit dem Smartphone problemlos in Echtzeit erstellt, um die reinen Textbotschaften zu ergänzen.

Zwar dienen auch Whatsapp-Gruppen dem Austausch in kleinen Teams, mit dem Wachsen des Unternehmens steigen jedoch die Ansprüche. So soll die Kommunikation sicher, die Nutzerverwaltung umfangreich und die Verknüpfung mit anderen Diensten möglichst üppig sein. Auch in Deutschland setzen immer mehr Unternehmen auf den recht kompletten kalifornischen Emporkömmling Slack, der sich folglich als Platzhirsch in dem noch jungen Markt der professionellen Messenger-Dienste etablieren konnte. Dessen Vorteil: Daten zum Beispiel aus Twitter, Dropbox, Salesforce oder auch Paypal lassen sich fast nahtlos einbinden, um Nachrichten, Dateien und sogar Geld zu senden und zu empfangen.

Wiedererkennung

Szenenwechsel: Mindestens ebenso erfolgreich wie Messenger gerieren sich Aufgabenverwaltungen und Projektmanager bei Freiberuflern, Kreativteams und ganzen Unternehmen. Eine der bekanntesten Lösungen ist Todoist. Dessen Macher Doist gehen nun auf Konfrontationskurs zu Slack und schicken mit Twist eine eigene Kommunikationsplattform für die professionelle Nutzung an den Start.

Apropos Todoist: Nutzer und Fans der teamfähigen Aufgabenliste mit Karma-Garantie werden sich in Twist schnell zurechtfinden: Die Kommunikationsplattform weist eine ähnlich aufgeräumte Gestaltung wie der erfolgreiche große Bruder auf. Will heißen: Twist beschränkt sich auf das Wesentliche und ist bewusst minimalistisch gestaltet. Wirkt Slack besonders auf Neueinsteiger aufgrund seiner recht willkürlichen Verteilung von Piktogrammen und Menüs etwas unübersichtlich, ist Twist weitestgehend selbsterklärend. In der linken Seitenleiste finden sich die verschiedenen Chatkanäle, die Dachleiste verwaltet die Themen, Nachrichten, Teammitglieder sowie die Suchfunktion.

Man bleibt unter sich: private Kommunikation innerhalb von Twist.

Wer obigen Satz aufmerksam gelesen hat, erkennt unschwer bereits die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Slack: Ja, auch Twist erlaubt selbstverständlich das Bilden von Teams. Und nein, der Nachrichtenstrom zieht bei eifriger Nutzung nicht wie ein Wasserfall an den Mitgliedern vorbei. Denn die Twist-Entwickler denken in Themenblöcken — neudeutsch „Threads“ genannt. Diskussionsfreudige Internetnutzer kennen den Begriff sicher aus dem Bereich der Onlineforen oder gar aus Newsgruppen. Will man also innerhalb des Teams auf Twist kommunizieren, schreibt man nicht einfach wahllos in einen Chatkanal herein, sondern startet zunächst einen neuen Thread. Ähnlich wie bei einer E-Mail legen Sie dabei erst einmal den oder die Empfänger fest und vergeben einen Betreff. Auch eine Kurzbeschreibung des Diskussionsthemas ist möglich. Ihre Teamkollegen antworten nun innerhalb dieses Threads — und halten die Kommunikation auch bei einer Vielzahl von Themen damit erfreulich aufgeräumt. Doch die Anordnung in Threads dient nicht nur der Übersichtlichkeit, sondern trägt auch zur Entspannung bei. Denn muss man eine Echtzeitkommunikation wie Slack eigentlich stets aufmerksam im Auge behalten, um auch ja nichts zu verpassen, motiviert die Arbeit in Themenblöcken zum gelegentlichen „Hineinschauen“ — je nach Zeit und Interessen (und feinjustierten Benachrichtigungseinstellungen). Nicht zuletzt deshalb erfreut sich auch das gute, alte Usenet noch immer bei vielen langjährigen Internetnutzern großer Beliebtheit.

Die Aufteilung in Threads erleichtert zudem die Suche. Gibt man einen Suchbegriff ein, listet Twist eventuelle Ergebnisse innerhalb der dazugehörigen Themenblöcke auf. Ein Klick auf die dazugehörige Schaltfläche genügt, um einen Thread ohne Umwege aufzurufen.

Direktverbindung: Jeder Thread und jeder Beitrag landet mit wenigen Mausklicks in der Aufgabenverwaltung Todoist.

No App is an Island

Doch der Wert einer professionellen Kommunikationsumgebung steht und fällt mit der Einbindung externer Dienste. Da sich der verwandte Aufgabenplaner Todoist in dieser Hinsicht sehr offen zeigt, durfte man Twist vom Start weg einiges zutrauen — die Schnittstellen sind immerhin bereits „gestrickt“. Und tatsächlich: Der Neuzugang enttäuscht nicht. Postet man etwa einen Verweis zu einem Google-Drive-Dokument, erscheint es komplett mit Voransicht innerhalb des aktuellen Threads. Ebenso sicher funktioniert die Anbindung von Dropbox-Verzeichnissen und darin enthaltenen Dateien.

Die Liste weiterer Integrationen wächst — es lohnt ich, den entsprechenden Eintrag im Nutzermenü immer einmal wieder zu besuchen.

Doch auch multimedial gibt sich Twist kaum eine Blöße: Selbstverständlich ist das Hochladen von Fotos und Videos. Aber auch ein Link zu einem Youtube-Video oder ein Verweis zu einem Titel in Spotify oder Soundcloud reicht, um die Vorschau beziehungsweise das Cover darzustellen. Auf eigene Abspielroutinen verzichtet Twist dabei bisher — der entsprechende Link öffnet einen neuen Browserreiter und spielt die Datei in ihrem originären Dienst ab. Nacharbeiten sollte man hingegen noch bei den Dateianhängen: Bisher ist ein Upload nur vom Gerätespeicher aus möglich, ein direkter Zugriff etwa auf die eigene Dropbox oder das Google Drive wie in Todoist gibt es bisher nicht.

Eine besondere Rolle fällt wie zu erwarten dem eigenen Blutsverwandten zu: Twist spielt besonders gern mit Todoist zusammen. Ein Mausklick genügt, um einen Thread oder einzelne Posts als Aufgabe in die To-do-Liste zu übertragen. Das Projekt, Etiketten, Priorität und natürlich das Fälligkeitsdatum nebst Erinnerung können Sie direkt in Twist festlegen — komfortabler geht’s wohl nicht.

KI inklusive: Mit Ada ist bereits ein intelligenter Hilfe-Bot mit an Bord.

Portfolio (fast) komplett

Besonders für Apple-Nutzer ist die Programmwelt vom Start weg erfreulich rund: Neben einem Desktop-Client für den Mac stehen mobile Apps für iPhone und iPad bereit — fehlt eigentlich nur noch eine Umsetzung für die Apple Watch zumindest für Notifikationen und Schnellantworten innerhalb von Threads. Natürlich muss eine Kommunikationsplattform aber so viele Plattformen wie möglich umfassen: Eine Version für Android-Smartphones ist bereits verfügbar, eine Windows-Variante liegt mit der ersten offiziellen Version 1.0.0 ebenfalls vor. Wer keinen Wert auf native Programme legt, kann Twist zudem schon jetzt vollumfänglich im Webbrowser seiner Wahl nutzen.

Fazit

Für unseren Test nutzten wir Twist in der Version 0.15. Dieser frühe Vogel weiß aber bereits jetzt erstaunlich gut zu gefallen. Die konsequente Kanalisierung aller Nachrichten und Teamdiskussionen in Threads macht die Kommunikation ungemein übersichtlich. Wissen die Entwickler ihre zu Recht mit Todoist erlangte Fangemeinde zu aktivieren, wächst hier zumindest eine sehr starke Alternative, vielleicht sogar eine ernsthafte Konkurrenz für Slack in einem Markt heran, dessen Kuchenteile noch längst nicht aufgeteilt sind.

Entwickler: Doist
Preis: kostenfrei, 5,50 Euro pro Nutzer/Monat
Web: www.twistapp.com

Vorteile: themenorientierte Kommunikation in Threads, übersichtliche Oberfläche, weitreichende Einbindung externer Dienste
Nachteile: keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, keine Auswahl aus Dropbox und Google Drive beim Teilen von Dateien, noch keine Lokalisierung der Oberfläche

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Thomas Raukamp
Mac Life

„I am writing. I hate writing. I love writing. I am writing.“ — Amy Brenneman