Der Umzug in meinen neuen Arbeitsplatz

Ein Selbstexperiment zur olfaktorischen Verankerung zweier Welten

Accenture DACH
Plan A
Published in
7 min readJun 26, 2020

--

Das Accenture Home Office-Tagebuch: In sieben spannenden Tagebucheinträgen berichten unsere Beraterinnen Louisa und Adèle von ihrem Home Office-Alltag und was sie daraus für sich selbst und ihre Teams lernen und mitnehmen können. Das Ergebnis? Jede Menge Tricks für digitale Workflows, aufschlussreiche Selbstexperimente zur Trennung von Arbeit und Freizeit, Tipps zu Körpersprache und Networking in Video-Calls und effizienter Workshop-Gestaltung sowie Einblicke in virtuelle Persönlichkeiten und Lifehacks für mehr Output in den eigenen vier Wänden. Die Einträge beweisen, dass besondere Situationen ganz besondere Fähigkeiten in uns hervorrufen, mit denen wir die Art, wie wir leben und arbeiten, nachhaltig verbessern können. Viel Spaß beim Lesen!

Liebes Tagebuch,

die wie vielte Woche ist es mittlerweile im Home Office? Home. Office. Wo genau befindet sich eigentlich die Trennlinie zwischen diesen beiden Worten? Gibt es überhaupt eine, wenn man wie ich in einer Eineinhalb-Zimmer-Wohnung lebt? Lebe ich zu Hause oder im Büro?

Diese Situation war am Anfang völlig neu für mich. Wahrscheinlich für die meisten. Als Consultant bin ich von montags bis donnerstags im Hotel und freitags im Büro. Ich weiß also eigentlich ziemlich genau, wo mein Home und wo mein Office ist. Zu Beginn war ich mir da nicht so sicher. Ich hatte so viele Fragen: Lebe ich jetzt, wo ich im selben Raum arbeite, in dem ich wohne, nur noch für die Arbeit? Dann könnte ich 24/7 erreichbar sein. Muss ich das? Bin ich überhaupt produktiv genug, wo Netflix und Essen doch so nah sind? Jetzt, viele Wochen später, glaube ich, die Antwort gefunden zu haben. Ich lebe in einem Ort, aber in zwei verschiedenen Welten. Wie das geht? Indem ich meinen olfaktorischen Anker benutze. Klingt merkwürdig, aber es funktioniert. Zumindest für mich.

Ich bin bestimmt kein Wissenschaftler. Aber mir kam da zufällig ein Gedanke. In meinem letzten Urlaub in Sri Lanka las ich zwischen meinen Surf-Stunden das Buch von Jordan Belfort, dem echten „Wulf of Wall Street“.

Es gibt in Belforts Buch eine super interessante Passage, auf der auch mein zufälliger Gedanke beruht. Belfort schreibt von erfolgreichen Menschen. Solchen, die diese gewisse Präsenz und dieses gewisse Charisma haben. Sie betreten einen Raum und „Boom“ — der Erfolg steht ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben. Wir alle kennen solche Menschen. Wie kann man selbst einer von ihnen werden? Gerade wenn man, so wie ich, am Anfang seiner Karriere steht? Wahrscheinlich gibt es viele Wege. Aber einer davon ist, so Belfort, die sogenannte olfaktorische Verankerung. Ich fragte mich: Was zum Teufel ist das und wie kann ich sie auch nutzen?

Vorneweg: Das alles hat überhaupt nichts mit Spiritualität zu tun. Ich glaube auch nicht, dass Jordan Belfort viel von so etwas hält. Olfaktorische Verankerung kommt aus dem Neuro-Linguistischen Programmieren (NLP). Dabei geht es darum, eine positive, interne Reaktion mit einem externen Trigger zu verbinden, durch den die Reaktion schnellstmöglich abgerufen werden kann. Es ist wie mit diesem Hunde-Experiment, in dem Wissenschaftler jedes Mal eine Glocke läuteten, bevor sie den Hund fütterten. Nach einiger Zeit kam der Hund, ohne dass es Futter gab. Jordan nutzt diesen psychologischen Trick, um den emotionalen Zustand von Erfolgsmomenten in sich zu verankern, um mehr Selbstvertrauen in Verkaufssituationen zu haben. Und das schafft er, indem er sich einem Duft aussetzt, der ihn mit Selbstvertrauen erfüllt. Das hat er folgendermaßen „programmiert“: Jedes Mal, nachdem er einen fantastischen Deal abgeschlossen hatte, roch er diesen Duft. Das wiederholte er wieder und wieder. Immer, wenn er jetzt diesen einen Duft riecht, katapultiert dieser ihn in diese Gefühlslage. Es ist wie mit diesem einen bestimmten Song, den du immer hörst, wenn du Liebeskummer hast. Wahrscheinlich kannst du ihn gar nicht mehr hören, ohne den Schmerz zu spüren. Olfaktorische Verankerung funktioniert genauso. Aber sie wird auf bewusste statt auf unbewusste Art gemacht. Und sie wird in einem positiven Kontext vorgenommen, da wir unsere Sinne direkt mit unseren Emotionen verbinden. Also dachte ich mir: Warum sollte ich diese olfaktorische Verankerung nicht nutzen, um mich in zwei unterschiedliche Stimmungen zu versetzen? In zwei unterschiedliche Welten, um einfacher zwischen Home und Office trennen zu können?

Ich bin immer super neugierig und möchte neue Dinge ausprobieren. Ich glaube, das ist typisch für Consultants. Also habe ich dieses Selbstexperiment gestartet. Meine Hypothese war, dass ich durch die olfaktorische Trennung zweier Gemütszustände problemlos zwischen effizientem Arbeiten und Freizeit trennen kann. Ich dachte, dass hilft vielleicht, mein Zuhause nicht nur als Büro zu sehen, und um besser abzuschalten. Zuerst galt es, einen Duft für jede „Welt“ zu finden. Einen für zu Hause und einen fürs Büro. Einen Duft zu finden, der mich ganz leicht glücklich macht und entspannt, war nicht schwer: Wo war ich immer am glücklichsten? Auf einer deutschen Ferieninsel, wo ich seit meiner Kindheit mit meiner Familie Urlaub gemacht hatte. In dem Hotel, wo wir immer waren, gab es eine spezielle Vanille-Lotion. Wenn ich genau diese Lotion von dieser einen bestimmten Marke rieche, fühle ich mich sofort wieder dorthin zurückversetzt. Einen Büro-Duft zu finden,war deutlich schwieriger. Also habe ich mich entschlossen, die Verbindung zwischen Geruch und Gefühl selbst zu erschaffen — für den perfekten Bürotag zu Hause. Ich habe eine Menge Dinge gelesen, die man beachten sollte, wenn man von zu Hause aus arbeitet:

1) Dusche und achte auf Make-up und gute Kleidung (zumindest oberhalb der Gürtellinie).

2) Richte dir einen eigenen Ort zum Arbeiten ein, anstatt im Bett zu arbeiten.

3) Mache Mittagspausen, gehe eine Runde spazieren oder triff dich mit Kollegen zum virtuellen Lunch.

4) Mach die Kamera an, wenn du einen Call mit Kollegen hast.

5) Triff dich mit Kollegen für eine Viertelstunde auf einen virtuellen Kaffee.

Auf die Plätze, fertig, los! Ich war so motiviert, all das auszuprobieren. Ich hatte alles genau vorbereitet, um den effizientesten Bürotag aller Zeiten zu haben. Zu Weihnachten hatte ich eine tolle Duftkerze geschenkt bekommen, die ich aber noch nie angezündet hatte. Sie hat einen fantastischen, unbeschreiblichen Duft. Genau der Geruch, der mich in den perfekten Office-Flow bringt. Ich bin ehrlich: Der erste Tag war hart. Die Disziplin zu wahren und sich nicht ablenken zu lassen, war ganz schön schwierig. Aber es hat funktioniert! Am Ende des Tages klappte ich meinen Laptop zu und machte mir eine Flasche Wein auf. Was für ein befriedigendes und tolles Gefühl nach einem produktiven Tag. Kennen wir nicht alle dieses Gefühl? Ich zündete meine Duftkerze an und atmete ganz bewusst zehn Minuten lang dieses fantastische Gefühl eines produktiven Tages ein.

Dann war es Zeit für „zu Hause“. Ich habe meine Vanille-Lotion genommen und sie auf meine Hände, meinen Nacken und unter meine Nase gerieben, um sie ständig riechen zu können. Ich habe mich mit meiner Familie im Spa-Bereich des Hotels gesehen: pure Entspannung, Glück und Dankbarkeit. Ich liebe es, in diesem Zustand zu sein — ich kann praktisch alle diese wunderschönen Emotionen in meinem ganzen Körper spüren. Am nächsten Morgen, bevor ich wieder mit der Arbeit anfing, zündete ich erneut die Kerze an. Sie ist zum „Schlüssel“ für mein Büro geworden, der mich in die richtige Stimmung bringt. Das habe ich die ganze Woche über wiederholt. Aktuell tue ich es noch immer, und es funktioniert — zumindest für mich. Vielleicht bin ich einfach zu fasziniert von diesem Experiment. Vielleicht brauche ich einfach mehr Struktur und Routine in diesem neuen Leben. Vielleicht ist es mir wirklich gelungen, meine beiden Welten in einem einzigen Raum olfaktorisch zu verankern. Was auch immer es genau ist, so lange es funktioniert, sehe ich keinen Grund, es nicht zu tun. Okay, legal muss es schon sein. Wahrscheinlich zieht jeder anders in sein Homeoffice ein. Für mich zumindest war Jordan Belfort ein guter Umzugshelfer. Ich habe sein Buch noch nicht zu Ende gelesen und weiß deshalb nur wenig über sein Verkaufssystem. Aber die olfaktorische Verankerung war eine großartige Entdeckung für mich. Dieser Umzug duftet ziemlich gut.

Interessiert daran, wie dein Arbeitsalltag bei Accenture aussehen könnte? Erfahre hier mehr über uns!

Erfahre im nächsten Beitrag mehr über die zwei wichtigsten Soft Skills für die virtuelle Intelligenz in der Quarantäne.

Die Autorinnen

Moin Moin aus Hamburg. Ich bin Louisa Rahder — Digital Transformation Analyst bei Accenture und digitaler Marketing-„Schwamm“. Digital Customer Experience, Digital Brand Communications and Strategy, Social Media, Content Marketing … die Liste könnte ewig weitergehen … das sind meine Themen und Leidenschaften. Ich liebe meinen Job und möchte so viel Wissen wie möglich aus den unterschiedlichsten Industrien „aufsaugen“. Um genau das tun zu können, bin ich seit März 2020 Teil der Interactive Family. Was hieß das für mich? Direkt nach meiner zweiten Woche ging es ab ins Homeoffice. Ich wurde also zum virtuellen Schwamm. Eine geheime Leidenschaft von mir ist das Schreiben. Deshalb berichten Adèle und ich mit hilfe des fiktiven Charakters „Lucy“, einer Mischung aus uns beiden, über unsere Erlebnisse: wie wir über uns selbst hinausgewachsen sind und „The Future Way of Working“ kennengelernt haben — und wie uns Social Distancing dazu gebracht hat, more connected than ever zu sein. Happy reading!

Hej hej aus Hamburg!

Mein Name ist Adèle Conraud und ich arbeite als Managerin bei Accenture Interactive.

Ich bin ein absolutes Accenture-Eigengewächs: Einem Praktikum während des Masterstudiums folgte der Einstieg direkt nach dem Abschluss. Nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass ich mit dieser Entscheidung goldrichtig lag. Accenture bot mir die Chance, meine Karriere nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Ich hatte die Gelegenheit, in Asien und Amerika zu arbeiten und Europa zu bereisen.

Insbesondere in den letzten Monaten habe ich sehr viel über mich gelernt. Seit Anfang März trage ich die Verantwortung für zwei neue Counselees, also Neueinsteigern, die ich bei ihrem Karrierweg unterstütze. Direkt nach der ersten Woche begann das Arbeiten im Home Office. In dem Zuge haben Louisa und ich überlegt, wie wir über das neue Arbeiten berichten können und so den fiktiven Charakter „Lucy“ geschaffen. Aus ihrer Perspektive erhaltet ihr einen Einblick in unseren neuen Arbeitsalltag! Have fun!

--

--