Stadtwerke als Informationszentren | Über relevante Themen und Möglichkeiten, das Vertrauen der Kund:innen zu stärken

Finn Faust
QLab Think Tank GmbH
5 min readJul 11, 2022
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In den letzten QLab-Blog-Artikeln haben wir beschrieben, wie deutsche Stadtwerke die Energiewende vorantreiben können. Eine Methode ist die Einrichtung von One-Stop-Shops, die Kund:innen und Haushalte über die Machbarkeit privater Investitionen in Erneuerbare Energien und den Fortschritt der Energiewende auf kommunaler Ebene informieren.

In Anbetracht der Angst vor einem möglichen russischen Gaslieferstopp und folgenden Preiserhöhungen wird die Rolle der Stadtwerke als Informationszentren noch wichtiger.

Warum öffentliche Energieversorger wichtige Akteure der Energiewende sind
In Deutschland wird Energie über die Netze der Stadtwerke verteilt. Während kleinere Stadtwerke den gesetzlich festgelegten Energiemix hauptsächlich über die Europäische Energiebörse in Leipzig (DE) von den Erzeugern kaufen, stellen die Stadtwerke der größeren Städte das Netz nur für Energie zur Verfügung, die direkt von verschiedenen Erzeugern stammt.
Als nächstes lesen: Wie Stadtwerke die Energiewende vorantreiben können und was sie daran hindert, ihr volles Potenzial zu realisieren.

Konzeption von One-Stop-Shops

Der entscheidende Punkt bei one-stop-Shops ist das all-in-one-Design. Obwohl viele Informationen über die Browser der Interessierten verfügbar sind, sind sie häufig nicht leicht zugänglich und erfordern oft einen Akt intensiver Recherche, um die gewünschte Antwort zu finden. Barrierefreiheit ist hier der Schlüssel, um das Vertrauen der Kund:innen in die Stadtwerke zu stärken, sie zu motivieren, sich für Investitionen in grüne Energie zu entscheiden, und das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie zu schärfen.

Anstatt bloß externe Webseiten zu verlinken und es den Kund:innen zu überlassen, sich durch diese zu klicken, sollten Stadtwerke daher darauf abzielen, umfassende und leicht zugängliche Wissenszentren bereitzustellen. Im Optimalfall könnten Stadtwerke sogar bündelnde Webseiten und Newsletter-Initiativen für mehrere Kommunen entwickeln, solange die Informationen nicht aufgrund von Verallgemeinerungen über Distrikte hinweg verwässert werden müssen.

Natürlich liefern viele deutsche Stadtwerke bereits Best-Practice-Beispiele und können andere dazu inspirieren, ihrem Beispiel zu folgen. Daher sollten Stadtwerke-Netzwerke zusammenarbeiten, um Themen zu identifizieren, die für ihre Kund:innen relevant sind, um ein zunehmend umfassendes Informationsnetz im ganzen Land bilden zu können.

Best-Case-Szenario: Erhöhte Attraktivität und verbesserte Außenbeziehungen

Im letzten Artikel zum Thema Stadtwerke haben wir den Fachkräftemangel beschrieben, mit dem Stadtwerke seit über zehn Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung und der Diversifizierung der Aufgaben im Zuge der Energiewende konfrontiert sind. Ein Ansatz von Rödl & Partner ist die Steigerung der Attraktivität einer Karriere bei den Stadtwerken durch die Förderung der Öffentlichkeitsarbeit mit Universitäten und Schulen sowie eine erhöhte Präsenz in den sozialen Medien.

Stadtwerke würden automatisch eine fortschrittliche, für Berufseinsteigende attraktivere Rolle einnehmen, indem sie sich als Expert:innen für Fragen der Energiewende positionieren. Solche Inhalte sollten jedoch in erster Linie der Information und nicht der Unterhaltung dienen. Bitte keine TikTok-Tänze, sondern ansprechende, professionelle Informationen!

Welche Themen sind für Kund:innen der Stadtwerke relevant?

Einige relevante Probleme, die one-stop-Shops ansprechen sollten, sind unten aufgeführt. Gerne könnt ihr diese Liste in den Kommentaren erweitern.

Zuverlässigkeit und Preise der Energie- und Gasversorgung. Unternehmen und Haushalte fürchten potenzielle Preissteigerungen, die sich aus einer Kürzung der russischen Gasversorgung ergeben könnten, während manche Politiker:innen und Netzbetreibende freiwillige Beschränkungen des persönlichen Gasverbrauchs fordern. Während kleinere Unternehmen und Familien vorerst keinen Grund haben, Lieferkürzungen zu befürchten, da sie als geschützte Kund:innen gelten und als letztes Mittel von Kürzungen betroffen sind, ist eine Preiserhöhung dennoch wahrscheinlich. Interessierte können davon profitieren, zu wissen, wer genau zur Gruppe der geschützten Kund:innen gehört, bei welchen Entwicklungen mit Preiserhöhungen zu rechnen ist und welche Instrumente der Bundespolitik und ihren lokalen Stadtwerke zur Verfügung stehen, um Inflationstendenzen und Lieferengpässen entgegenzuwirken.

Private PV- und Heizungsinvestitionen. Laut dem Fraunhofer Institut bietet eine Investition in private Photovoltaikanlagen (PV) ohne Speicherkapazität eine Rendite von 5%, wenn der eigene Haushalt 25% der produzierten Energie verbraucht. Grueneshaus.de fügt hinzu, dass die Rendite mit höherem Privatkonsum steigt und somit ein praktikables Investitionsmodell darstellt. Viele deutsche Hausbesitzende verzichten dennoch darauf, in PV zu investieren, was darauf hindeutet, dass sich der Mythos, dass PV ein Verlustgeschäft ist, hartnäckig hält. Stadtwerke könnten das Vertrauen in PV stärken, indem sie ihren Kund:innen regelmäßig aktualisierte Kosten-Nutzen-Analysen und Investitionshinweise zur Verfügung stellen. Gleiches kann bei Investitionen in alternative Heizmethoden wie Wärmepumpen sowie bei energetischen Sanierungen hilfreich sein.

Anleitung zum verantwortungsvollen Energieverbrauch. Insbesondere angesichts einer zunehmenden Zahl politischer Akteure, die Haushalte auffordern, Gas zu sparen, wo immer dies möglich ist, können sich Stadtwerke gut positionieren, indem sie Anleitungen geben, wie dies am besten zu tun ist. Welche Heizmethode ist die effizienteste? Welche Geräte kann ich zur Steigerung der Energieeffizienz insgesamt updaten?

New Mobility: Infrastrukturfortschritte. Vor dem Umstieg auf ein Elektrofahrzeug (EV) möchten Bürger:innen sicher sein, dass die nötige Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Stadtwerke können über Fortschritte in diesem Bereich sowie über Förderungen informieren, die für den Kauf eines Elektrofahrzeugs gelten.

Interne Fortschritte kommunizieren. Stadtwerke können interne Antworten auf die Herausforderungen, die sie aktuell erfahren, publik machen und so transparente Informationen darüber bereitstellen, wie sie Themen progressiv angehen. Stadtwerke sollten zeigen, wie sie Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel, der Energieeffizienz ihres Netzes und der Diversifizierung der lokalen grünen Energieversorgung begegnen. So können sie junge Fachleute, die derzeit eher vom Privatsektor angezogen werden, auf die eigene wettbewerbsfähige Fortschrittlichkeit hinweisen.

Darüber hinaus… In Anbetracht ihrer diversen Verantwortlichkeiten können Stadtwerke zusätzliche Themenbereiche finden, in denen die Unternehmen und Haushalte ihrer Kommunen von weiteren Informationen profitieren würden.

Take-Away und Ausblick

Stadtwerke können ihre Kund:innen und die auf vielfältige Weise informieren und gleichzeitig die Kompetenz ihrer Kund:innen in energierelevanten Themen stärken. Die in diesem Artikel angesprochenen Themen sind keineswegs allumfassend, und Stadtwerke sollten sich vernetzen und zusammen weitere Interessensgebiete für ihre Kund:innen identifizieren.

Viele deutsche Stadtwerke bieten auf ihren Websites bereits umfassende Informations-Hubs und liefern damit best-practice-Beispiele. In Zusammenarbeit mit anderen Stadtwerken und externen Expert:innen können leicht zugängliche one-stop-Shops eine sinnvolle Ergänzung des Serviceportfolios vieler Stadtwerke sein.

Das QLab ist einer dieser Experten. Wir haben kürzlich ein Beratungsprojekt mit den Stadtwerken Verden abgeschlossen und die Ergebnisse hier zugänglich gemacht.

Im nächsten Artikel werden wir best-practice-Informationsinitiativen deutscher Stadtwerke unter die Lupe nehmen, um andere Stadtwerke zu inspirieren, ihrem Beispiel zu folgen. Bitte teilen Sie diesen Artikel und abonnieren Sie unsere Publikation, um nie die neuesten QLab-Einblicke zu verpassen!

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Finn Faust
QLab Think Tank GmbH

I’m an author of the QLab Think Tank blog, and I believe that empirically founded information is essential to prepare stakeholders for climate action.