Die acht Säulen des User Research

Jonas Fuchs
researchops-community-de
9 min readJan 28, 2022

[Dies ist die Übersetzung des Artikels: The Eight Pillars of User Research
Im Orginal veröffentlicht am 11. Juli 2019 von Emma Boulton]

Wie kannst du mit ResearchOps anfangen, wenn du noch nicht genau weißt, was für User Researcher:innen wirklich wichtig ist? Lies weiter und um mehr darüber zu erfahren.

Mit dem Projekt #WhatIsResearchOps hat sich das Team ReOps im Jahr 2018 auf ein globales Abenteuer begeben, das dieses Framework hervorgebracht hat.

Grafische Visualisierung des #WasIstResearchOps Frameworks als Mindmap mit verschiedenen Clustern und erklärenden Texten. Die Inhalte werden in diesem Artikel einzeln erläutert.
Das #WhatIsResearchOps Framework

Dieses Framework wurde mit Daten aus einer Umfrage mit über 300 Antworten und Erkenntnissen aus 33 Workshops erstellt. Um in der Lage zu sein, den Workshop-Teilnehmern einen gewissen Kontext zu geben, haben wir unsere Analyse mit den Freitextantworten auf folgende Frage begonnen:

‘Was sind die Herausforderungen bei der Operationalisierung von User Research in deiner Organisation?’

Das Ergebnis war eine Taxonomie und eine Liste von Schlüsselbegriffen (Quelle auf Englisch), die wir zur Verschlagwortung der Workshop-Erkenntnisse verwenden konnten.

Nach den Workshops arbeiteten wir unser gemeinsames Verständnis von ResearchOps.

Während wird diese Definition und das Framework auf Konferenzen und Treffen vorgestellt haben, wurden uns viele Fragen gestellt. Viele der Fragen drehten sich um die Themen “Wie funktioniert das in der Praxis?” und “Wo fange ich an?”.

Kurz gesagt, wir haben herausgefunden, dass es immer auf die Rahmenbedingungen ankommt.

Es hängt von der Reife der Organisation ab, es hängt davon ab, wie groß das Team ist, wer eure Researcher:innen sind und wie viel Research betrieben wird. Es hängt von der Unterstützung der Geschäftsführung, dessen Rahmen und den Ressourcen ab.

Bei der Diskussion dieser Themen auf Slack und in persönlichen Gesprächen, stellten wir fest, dass wir einige Daten bereits hatten, die uns helfen könnten, das Ganze besser zu verstehen. Daher haben wir uns Anfang des Jahres 2019 daran gemacht weitere Analysen auf dem Rest dieser Daten durchzuführen. Und darauf hin gibt es nun noch mehr mit euch zu teilen.

Bühne frei für die acht Säulen des User Research.

Diese acht Säulen sind die groben Bereiche im User Research. Die Säulen selbst vereinen Themen, mit denen sich User Researcher:innen oder “Menschen, die Forschung betreiben” (PWDR “People-who-do-research”) beschäftigen. Viele dieser Dinge sind Herausforderungen die bei der Operationalisierung von User Research auftreten.

Erstens, das Umfeld — das war die Säule, die am häufigsten als Herausforderung bei der Operationalisierung genannt wurdet. Sie wird praktisch immer genannt.

Zweitens, der Rahmen — in dem der Großteil der Arbeit steckt. Das “Wie” und “Wann” inkl. Prozesse, Methoden.

Drittens, Rekrutierung und Organisation. Etwas, mit dem alle Researcher:innen zu kämpfen haben, und oft ein Auslöser, sich über ResearchOps Gedanken zu machen.

Viertens, Daten- und Wissensmanagement — ein wirklich brisantes Thema! Oft gehen wertvolle Erkenntnisse mit der Zeit verloren, wenn Teams wachsen und sich verändern. Wie stellen wir sicher, dass die gleichen Studien nicht wiederholt werden?

Fünftens, Menschen. Es sind nicht nur User Researcher:innen, die Research betreiben. Research kann auch von Designer:innen und Produktmanager:innen betrieben werden. Können wir eine Community of Practice schaffen, um die Ausführung durch andere zu unterstützen und voll entwickeln zu lassen? Wie sieht ein ausgereifter Karriereweg dazu aus?

Sechstens: Organisatorischer Kontext. Wie hoch ist der Reifegrad der Organisation? Was sind die externen Randbedingungen?

Siebtens: Führung und Kontrolle. Welche rechtlichen und ethischen Überlegungen beeinflussen unsere Arbeit?

Zuletzt, Tools und Infrastruktur. Wer arbeitet denn nicht gerne auch mit den passenden Tools?

DAS IST EINE GANZE MENGE!

Daher ist es kein Wunder, dass sich so viele User Researcher:innen unter Druck fühlen. Mit all dieser zusätzlichen Arbeit wird unser Fokus beeinträchtigt.

Erst wenn wir all diese Säulen verstehen, können wir anfangen, darüber nachzudenken, wie wir Research in unseren Organisationen operationalisieren können. Wir können anfangen, darüber nachzudenken, wo eine ResearchOps-Ebene ins Spiel kommen könnte. Wenn wir ResearchOps als Schicht einführen, könnte das in etwa so aussehen.

Ein Teil dieser Arbeit verschiebt sich nach oben und wird zu etwas, das wir als “ResearchOps” bezeichnen können. Dies ermöglicht es uns, diese Aufgaben zu verfolgen und zu messen, wie lange sie dauern. amit haben wir die richtigen Argumente, um mehr Unterstützung zu bitten. Eine Möglichkeit ist es diese Aufgaben einfach auf das gesamte Team zu verteilen, aber es könnte uns auch ermöglichen, einen ResearchOps-Spezialisten mit einem klaren Aufgabenbereich und Fähigkeiten einzustellen. Dies ist der Ausgangspunkt, um den Business Case zu erstellen. Sobald du den hast, kannst du das Framework nutzen, um eure Research Ops-Ebene detaillierter zu planen. Wie Kate Towsey es auf der UXRConf formuliert hat: “Die Einstellung von Mitarbeitern für ResearchOps bedeutet, dass sich Ihre User Researcher:innen auf das konzentrieren können, worin sie gut sind.”

Kompetenzaufbau für euer ResearchOps

Mit diesem Ziel vor Augen, sehen wir uns nun das ResearchOps Framework genauer an, um zu sehen, welche Teile für die einzelnen Säulen je am relevantesten sind.

Erstens, das Umfeld. In diesem Fall kommt es auf eure Reife in Bezug auf angewandten Research an. Das Design Research Reifegradmodell von Chris Avore (Quelle auf Englisch) hat uns hier anfangs beeinflusst und Anhaltspunkte geliefert.

Das Design Research Maturity Modell von Chris Avore

In jüngerer Zeit hat uns Leah Buleys Arbeit für Invision (Quelle auf Englisch) beeinflusst.

Leah Buley für InVision

In dem Bericht schreibt Leah, dass “Teams sich von “Level 2 Connectors” zu “Level 3 Architect Teams” entwickeln, wenn sie eine Umgebung schaffen, die skalierbare Designaktivitäten ermöglicht. An dieser Stelle kommt Ops ins Spiel — insbesondere die Einstellung von Mitarbeitern — ob in Vollzeit oder nur teilweise — um die verschiedenen Rollen zu besetzen. Diese haben je einen Bezug zum systematischen Vorgehen und schließen somit Designer:innen, Ingenieur:innen und Produktmanager:innen ein, die sich ausschließlich auf die Erstellung von solchen skalierbaren Systemen konzentrieren.”

Wenn wir verstehen, wie weit entwickelt der angewandte User Research in einer Organisation ist, können wir realistisch einschätzen, was machbar ist und was die nächsten wahrscheinlichen Schritte sein müssen.

Als Nächstes, kommen wir zum Rahmen.

Richtlinien und Vorlagen sind ein einfacher Weg, um mit ResearchOps zu beginnen — es bringt alle Vorlagen und Richtlinien an einem Ort zusammen. Dies ist besonders wichtig, wenn es viele Personen gibt, die User Research machen, selbst aber keine Researcher:innen sind, und Sie diese schulen und coachen müssen.

Drittens, Rekrutierung und Organisation.

Dies ist oft der Problempunkt, der die Leute initial dazu bringt, über die Organisation von User Research nachzudenken. Alles rund um Rekrutierung und Organisation ist ein massiver Zeitfresser. Je nach Reifegrad und Häufigkeit von Research-Aktivitäten sieht diese für verschiedene Organisationen unterschiedlich aus.

In einem fortgeschrittenen Unternehmen sollte eine eingerichtete Stelle für (Research-) Rekrutierung sowohl interne als auch externe Quellen für Proband:innen bereitstellen, die zugehörigen Design- und User Research-Prozesse und -Bedürfnisse verstehen und den gesamten Ablauf von der Stichprobenziehung und dem Screening über die Terminplanung und die Zahlung von Incentives bis hin zum Abschluss mit den Befragten und Proband:innen abwickeln.

Viertens: Daten- und Wissensmanagement.

Beim Wissensmanagement geht es darum, wie wir durch Research erworbenes Wissen anwendbar, relevant, kontextbezogen und verständlich machen. Das ist ein wirklich komplexes Thema, und auch deshalb konnten wir in den letzten Jahren das Aufkommen von User Research Libraries beobachten. Das Asset-Management beschreibt wie Rohdaten oder verarbeitete Daten verwaltet und gespeichert werden.

Mit dem Wissensmanagement verbunden ist die Frage, wie wir unsere Ergebnisse so kommunizieren, dass sie Wirkung zeigen können.

Fünftens: Menschen.

Menschen

Bei ResearchOps geht es nicht nur um Effizienz, Support und Daten. Menschen und Beziehungen sind Schlüsselfaktoren. Eines der wichtigsten Themen in den #WhatIsResearchOps-Workshops war der Kompetenzaufbau.

Mitarbeiter:innen im Research verlangen Klarheit über ihren Karriereweg und Unterstützung bei der Erweiterung ihrer Erfahrungen, Fähigkeiten, ihres Selbstvertrauens und ihrer beruflichen Möglichkeiten.

Sechstens: Organisatorischer Kontext.

Budget

Ops kann dabei helfen, dass Budgets und Ausgaben systematisch erfasst werden.

Research Spaces

“Research Spaces” sind ein interessanter Teil des Frameworks — es geht nicht nur um Labore oder physische Räume, um Research zu betreiben, sondern auch um den Raum (physisch und virtuell), um zusammenzukommen und zusammenzuarbeiten.

Siebtens: Führung und Kontrolle.

Es geht darum, den Researcher:innen einen fundiert Rahmen für die Durchführung von Research zur Verfügung zu stellen, der sicher, legal und, sehr wichtig, ethisch ist.

Und schließlich: Tools und Infrastruktur.

Die Beschaffung, Lizenzierung und Verwaltung von Software und Hardware ist ein Zeitfresser, der nicht einfach der IT überlassen werden kann.

Man kann erkennen, wie die Verlagerung eines Teils dieser ganzen Arbeit in die Verantwortung von einer Person den Researcher:innen helfen kann, sich auf das zu konzentrieren, worin sie gut sind.

Den Researchern helfen, sich auf den Research zu konzentrieren

Wenn wir diese acht Säulen verstehen, können wir herausarbeiten, was sowohl für Researcher:innen als auch für ResearchOps Spezialist:innen wichtig ist.

Wir, die ResearchOps-Community, sind mittlerweile eine riesige (2.300 und wachsend!) [Update 01/2022: >10.000!] Gruppe von Menschen, die sich leidenschaftlich für den Research einsetzen und die allesamt in irgendeiner Form mit der Skalierbarkeit von Research ringen und wie wir darauf reagieren.

Wir sind auch eine Gemeinschaft von Menschen, die sich darum kümmern, wie wir das Berufsfeld der Research Operations weiterentwickeln. ResearchOps-Verantwortliche widmen sich dem Einfluss des Researchs, indem sie ermöglichen, in Organisationen zu skaliert zu werden und weiter zu wachsen.

Die acht Säulen dienen hier als gemeinsame Basis zwischen Researcher:innen und ReOps, während wir an unseren gemeinsamen Zielen arbeiten. Die ResearchOps-Community arbeitet weiter mit den vorhandenen Daten, die wir zu diesen Säulen haben, innerhalb unserer globalen Projekte, und sicherlich werden sich daraufhin auch unsere Überlegungen mit der Zeit weiterentwickeln.

Wenn du davon ein Teil werden möchtest, findest du hier das Beitrittsformular für unsere ResearchOps Slack Community. Außerdem findest du hier unten noch weitere Informationen, um direkt mit ResearchOps loszulegen.

Erste Schritte mit ResearchOps:

  1. Erkunde das Framework: (auf Deutsch) https://bit.ly/2EmQun7
  2. Erkunde die the Kumu Visualisierung: (auf Englisch) https://bit.ly/2ZD8rEK
  3. Kate Towsey im Podcast bei User Interviews: (auf Englisch) https://bit.ly/2X2M6nl
  4. Aaron Fulmar von Microsoft: (auf Englisch) https://bit.ly/2Yahcpt
  5. Lucy Walsh von Spotify: (auf Englisch) https://bit.ly/2PuWETK
  6. Hana Nagel’s ResearchOps Owl Teil 1: (auf Englisch) https://bit.ly/2J4ZTzI und Teil 2: (auf Englisch) https://bit.ly/2LdFN93

Inhalte basierend auf einem Vortrag von Emma Boulton auf der User Research London 2019. Das Original-Foliensatz wurde von Kate Towsey verfasst und von Nishita Gill gestaltet. Im Laufe der Zeit weiterentwickelt von Brigette Metzler, Emma Boulton, Holly Cole, Tomomi Sasaki. Mit Beiträgen von vielen der anderen Organisatoren und dem Rest des Cheese Boards.

Übersetzung 2021 durch Jonas Fuchs und andere Community Mitglieder der ReOps+ Community.

--

--