Stellaris & Europa Universalis: Zwei Games des Publishers Paradox Interactive

Die Zukunft der Bücher — Teil 2

Lest Mehr Spiele ! — Bücher & Spiele finden zueinander

Alexander Batel
Buch & Mehr
Published in
6 min readApr 15, 2016

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Im ersten Teil der Blog-Serie ging es noch um die dramatischen Auswirkungen, die das Selfpublishing auf die Buchbranche ausübt. Doch Bücher an sich sind nur eines von mittlerweile “vielen” Medien und der Konkurrenzdruck macht sich bei der Zielgruppe der Jugendlichen bemerkbar: Junge Gamer von “alten” Büchern zu überzeugen wird eine Herkulesaufgabe der Gegenwart und der Zukunft sein.

Manch ein Bücher-Purist mag verächtlich über dieses “neue” Genre der Videospiele reden — doch mittlerweile sind 44 Jahre vergangen, seit “Pong” das Licht der Welt erblickte. Auch wenn die Debatten hinsichtlich der “Killerspiele” und des Kunstcharakters ermüden und langsam abklingen, sind sie aus einigen Köpfen nicht gänzlich verschwunden.

Hier sollte man seine Vorurteile aus den Gedanken verbannen. Und wenn das nicht hilft, so sollte ein Autor oder ein Buchhändler sich einmal vor Augen führen, dass in 2015 über 61 Mrd. US-$ mit Videospielen weltweit umgesetzt wurden.

Oder anders: Knapp 16 Mrd. US-$ Buchumsatz verglichen zu 22 Mrd. US-$ Spieleumsatz.

Alleine diese Zahlen belegen bereits, dass Spiele nicht nur in der Mitte der Gesellschaft längst angekommen sind, sondern die Spielebranche in naher Zukunft so viel Umsatz generiert, wie die Buch- und Filmbranche zusammen.

Diese Aussichten sollten aber Autoren nicht verschrecken und dazu verleiten, dass sie ihren Kopf in den Sand stecken.

Im Gegenteil: Der Spielemarkt bietet sogar Chancen, neue Leser zu erreichen, die man zuvor nicht erreichen konnte. Gerade Nichtleser liegen hier im Fokus.

Daneben benötigen Videogames auch Autoren:

Auch Spiele benötigen packende und interessante Geschichten!

Doch auf letzteres möchte ich hier nicht explizit weiter eingehen, sondern konkret aufzeigen, wie Schriftsteller aktiv Spiele als Marketing- und Vermarktungsvehikel nutzen können.

Paradox Interactive: Paradiesische Verhältnisse für Modder

Nicht jedes Spiel ist jedoch gleich gut geeignet, um beispielsweise sog. Mods (=Spielmodifikationen) zu integrieren. Gerade große Publisher schränken die Möglichkeiten stark ein. Und auch nicht jedes Genre & Spiel an sich eignet sich gleich gut, um Mods unterzubringen: Entweder wäre der Aufwand viel zu groß oder das Game ist an sich “zu weit entfernt” vom eigenen Inhalt, den man unterbringen möchte.

Paradox Interactive ist hier ein lobenswertes Beispiel für einen Publisher und Entwickler, der es seinen Fans ermöglicht, extrem umfangreiche Veränderungen am kompletten Spiel vornehmen zu können.

Das Paradox-Forum beherbergt derzeit 840.000 Mitglieder und allein das Mod-Unterforum des Spiels “Europa Universalis 4” listet knapp 200.000 Beiträge. Auch die Anzahl von über 2.000 gelisteten Mods im Steam Workshop des Spiels spricht dafür, dass hier eine äußerst aktive Community vorhanden ist.

Doch was ist hier so besonders an diesem Publisher, dass er auch für Autoren interessant sein könnte?

Eine gemoddete Fantasie-Karte aus Europa Universalis 4
  1. Man kann Mods erstellen, ohne Programmierkenntnisse zu verfügen. Dazu kommt, dass nahezu alles modifizierbar ist:
  • Ob die Landkarte
  • oder Ladebildschirme
  • oder die Musik
  • oder sogenannte Events, in denen bestimmte “Spielereignisse” festgehalten werden.

2. Der Publisher lässt seinen Moddern nahezu freie Hand, d.h. sie dürfen sich austoben wie sie wollen. Andere Publisher schränken in der Hinsicht häufig ein.

3. Leichte Erlernbarkeit des Moddens & Scripting an sich.

Einziger Wermutstropfen:

Eine direkte Monetarisierung der Mods wird durch die bisherigen Regeln ausgeschlossen. Dies ist aber auch die Regel auf dem Markt, denn bisher gibt es keinen Anbieter, der dies zulassen würde. Steam experimentiert hier zwar damit, dass einzelne Mods gekauft werden können. Die Spieler-Community steht dem Konzept aber noch skeptisch gegenüber.

Prizipiell ist bei Paradox aber eine indirekte Monetarisierung nicht ausgeschlossen, z.B. könnte der Name des Mods mit dem Buchtitel übereinstimmen, Twitter-Links integriert werden usw. (Die Mod-Regeln sollten aber hierbei beachtet werden).

Von daher könnte man Game-Mods eher allein als optisches und spielbares Marketingtool sehen, dass zwar zeitaufwendig in der Herstellung ist. Vorteil wäre aber, dass man nicht nur die starke Strategie-Szene Deutschlands ansprechen würde, sondern gleich eine internationale Plattform vor sich haben würde.

Das Portfolio von Paradox Interactive: Welche Genres könnte man “modden”?

Hier eine Auswahl der derzeit aktuellen Spiele des Publishers, ausgewählt danach, ob diese für Autoren überhaupt interessant sein könnten:

  • Europa Universalis 4: Dieses Spiel legt seinen zeitlichen Schwerpunkt von der Renaissance bis zum Einsetzen des Imperialismus im 19. Jhdt. Da aber wirklich alles modifizierbar ist (der Zeitraum, die Karte), sollte man die Kerneigenheiten des Spiels ins Auge fassen: Krieg, Wirtschaft, Krieg, Diplomatie und Kolonialismus. Dabei kommen auch sog. Events zzum Einsatz, die beispielsweise bestimmte Ereignisse erläutern, historische Hintergründe näherbringen. Genre-Empfehlung: Fantasy, Historie, Science-Fiction (es gibt beispielsweise einen Fallout-Mod).
  • Crusader Kings 2: Für alle Fans von Game-of-Thrones ein Muss. Hier kann man Meuchelmorde, Intrigen, “Wer mit wem schlief”, Feudalismus und familiäre Tragödien in einem großstrategischen Kontext nachspielen. Fokus des Spiels liegt auf dem frühen Mittelalter bis zum Beginn des 15. Jhdts. Und es gibt Wikinger. Genre-Empfehlung: Fantasy, Historie; man könnte auch über historische Tragödien & Thriller nachdenken.
  • Hearts of Iron IV (erscheint im Juni 2016): Fokus dieses Spiels ist der Zweite Weltkrieg und die taktische & strategische Simulation des Verlaufs in ungeahnter Tiefe. Dieses Spiel könnte man neben realgeschichtlichen Einbettungen für Urban-Fantasy oder ähnliches verwenden, wo der Schwerpunkt auf der Darstellung des Krieges an sich liegt. Genre-Empfehlung: Geschichten in der realen Welt, mit kriegerischen Auswüchsen; Fantasy.
Das Stellaris-”Maskottchen”: Die “Blorg” — Teil der viralen Kampagne des Spiels
  • Stellaris: DER Überraschungserfolg 2016 — Mit Vorverkaufsstart am 14.4.2016 ist das Spiel direkt auf Platz 3 der Steam-Charts in Deutschland eingestiegen. Dieses Spiel simuliert die Kolonisation des Weltraums mit einer solchen Spieltiefe, dass ein Science-Fiction-Fan vor Freude nur so weinen könnte. Mods zu “Star Wars”, “Star Trek”, “Stargate” und etlichen weiteren bekannten SciFi-Franchises, sind bereits in Vorbereitung. Abgesehen von der “Nutzbarkeit” für Autoren, ist dieses Spiel an sich eine Empfehlung wert. Genre-Empfehlung: Science-Fiction.

Generelle Tipps für Mod-Anfänger: Arbeitet euch erst einmal in die umfangreichen Dokumentationen ein, schaut euch an, wie es andere gemacht haben. Und am besten: Sucht euch Helfer, die euch bei eurem Vorhaben unterstützen. Davon gibt es in den Foren oder euren Fans genügend Freiwillige, zumindest wenn euer Projekt überzeugend ist.

Plague Inc.: Evolved

Neben den oben genannten Spielen könnten Autoren, die im Zombie-Genre unterwegs sind, schnell und einfach Mods für Plague Inc.: Evolved erstellen. Man spielt hier eine “Krankheit”, die die Menschheit auszulöschen droht. Simples Spielprinzip, aber schwierig zu meistern.

Fazit

Autoren sollten ihre Scheu vor “Neuem” ablegen. Das digitale Zeitalter zwingt alle, sich neu zu erfinden. Hierzu zählt auch, dass man Spiele als ein Erzähl- und Transportmedium verstehen lernt, um Nachwuchsleser für sich zu gewinnen.

Und davon abgesehen kann man so neuartige Marketingwege beschreiten. Denn gerade Schriftsteller mit “schmalem” Budget müssen schauen, wie sie sich besser vermarkten. Wenn es am Ende ein Spiel oder eine Mod ist, die die eigene Welt “greifbar” macht, gewinnt man Leser, die sonst womöglich gar nicht auf das eigene Werk aufmerksam geworden wären.

Häufig hört man den Einwand, beispielsweise ein “optischer” Trailer würde den Leser in seiner eigenen Phantasie einschränken.

Gegenfrage: Warum gibt es dann überhaupt Verfilmungen von Büchern? Warum sind Harry-Potter-Fans ins Kino gegangen?

Die Zeiten ändern sich und “Traditionalisten” werden es umso schwerer haben, auf dem Markt zu bestehen.

Deshalb mein Appell:

Seid bereit Neues zu wagen. Seid frisch und originell.

Think outside the box !

In den nächsten Wochen wird die Reihe “Die Zukunft der Bücher” hier auf Medium weitergeführt. Folge mir, um keinen Beitrag zu verpassen.

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Alexander Batel
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Wortschmied und Buchstabenschwinger +++ Autor — SciFi & Fantasy +++ Impressum: http://on.fb.me/1KF1rIp