Wenn’s dir nicht gefällt, mach neu.
- ein Erfahrungsbericht
In einem meiner letzten Artikel, habe ich über Organisationsstrukturen geschrieben, die es ermöglichen sollen, Mitarbeiter durch flache Hierarchien zu mehr Eigenverantwortung zu befähigen. Doch wie sieht es in der Praxis aus, wenn eine solche Umstrukturierung stattfindet? Mein vorheriger Arbeitgeber hat Anfang des Jahres einen Wandel hin zur sogenannten „Beta-Struktur“ durchgeführt. Ich habe einen meiner ehemaligen Kollegen zu seinen Erfahrungen befragt, die ich hier gerne mit euch teilen möchte.
Ihr habt vor Kurzem eine Restrukturierung bei DCMN durchgeführt. Was waren die größten Veränderungen?
Jan: Neue Teams. Die alte Struktur basierend auf einer funktionalen Organisationsform mit den Abteilungen (Strategie, Online, Offline, Finance, IT, Sales, Account Management etc) wurde komplett aufgebrochen. Neue, kundenspezifische Departments mit Experten aus den einzelnen Organisationsformen wurden gebildet, um die Effizienz und Flexibilität zu steigern. Führungspositionen wurden komplett wegrationalisiert bis auf die beiden Gründer. Diese Personen haben sich in neuen Funktionen wiedergefunden, sodass die entsprechende Expertise im Unternehmen gebunden war. Die Mitarbeiter haben die Verantwortung übertragen bekommen, sich selbst und die entsprechenden Teams zu organisieren.
Ist es dir leichtgefallen, dich an die neue Struktur zu gewöhnen?
Zu Beginn ist es mir sehr leicht gefallen, die neue Struktur zu übernehmen. Jedoch haben sich im Laufe der folgenden Monate Hürden aufgetan, die vorher nicht vorhanden waren. Diese Hürden haben viel Zeit und Energie verbraucht, jedoch sind wir im Team und persönlich daran gewachsen.
Hast du das Gefühl, der Change Prozess ist mittlerweile abgeschlossen, oder steckt ihr noch mittendrin?
Ich bin der Meinung, dass wir schon sehr stark in der Beta-Struktur angekommen sind. Jedoch stecken wir noch in der Entwicklung. Es gibt noch sehr viele Punkte, die angegangen werden müssen. Ich denke, dass dieser Change Prozess auch die nächsten Jahre weitergehen wird. Es ist ein andauernder Entwicklungs- und Veränderungsprozess, der die Firma dynamisiert und stetig verbessern wird.
Gibt es bei euch keine festen Job-Titel mehr? Falls nein, hast du das Gefühl, dass die Job-Titel auch “innerlich” abgelegt wurden?
Doch gibt es. Feste Titel sollte es eigentlich in einer Beta-Struktur nicht mehr geben, jedoch haben wir in der Außendarstellung zum Kunden klare Aufgabengebiete, die in einem Titel münden.
Zu deiner zweiten Frage: Ganz im Gegenteil. Eher wurde das neue System ausgenutzt, um sich eine höhere Position zuzuschreiben, als man in Wirklichkeit innehält.
Hast du das Gefühl, eure jetzige Organisationsstruktur verlangt mehr Selbstverantwortung?
Auf jeden Fall. Nur wird sie nicht von jedem wahrgenommen, was zu einer intrinsischen Motivation führt. Einige Mitarbeiter sind dadurch sehr motiviert. Andere mutieren zu Mitfahrern.
Hat die neue Struktur Auswirkungen auf deine Motivation und Lust an der Arbeit?
Definitiv. In meinem Fall ist die Motivation gestiegen, weil ich die Freiheit und die Möglichkeit bekommen hatte, Gründer und Unternehmer im eigenen Unternehmen zu sein.
Wie ist dein persönliches Fazit bezogen auf die Umstrukturierung?
Meiner Meinung nach ist die Umstrukturierung sehr waghalsig gewesen und sehr mutig. Ich würde einen solchen Schritt auch für andere Unternehmen empfehlen, jedoch müssen sich Unternehmer bewusst darüber sein, dass sie einige Mitarbeiter durch eine solche Umstrukturierung verlieren werden. Nicht jeder kommt mit dieser Verantwortung klar und nicht jeder ist ein Unternehmer-Typ. Junge Unternehmen sollten diese Struktur ganz dringend in Erwägung ziehen, weil dadurch eine Energie erzeugt wird, die sonst nur in einem eigenen Unternehmen möglich gewesen wäre. Dieses Umfeld, dieses Ökosystem zu erzeugen ist eine große Herausforderung, wird jedoch bei Erfolg mit großem finanziellen und emotionalen Erfolg belohnt.