Accelerating Subscription Growth: Unsere Schritte zum Erfolg

Luca Gatscher
VGN tomorrow
Published in
5 min readNov 15, 2020
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Bereits seit dem Mittelalter ist der Begriff Abo oder in englisch subscription in Verwendung. Damals noch als Dienstleistung für aktuelle Landkarten, die immer neue Grenzveränderungen zeigten schlug mit der Jahrtausendwende die Aboisierung ein. Schon bevor es zu Socken,- Kosmetik- und Rasierklingen-Abos kam, haben Verlage Subskriptionen genutzt, um in eine kontinuierliche Abrechnung mit Kunden zu kommen. Dieses Modell hat sich prächtig entwickelt und unter anderem die Medienwelt reich gemacht. Leider hat meine Generation diesen Reichtum nicht erlebt, aber wer den Film Wolf of Wall Street oder die Serie Mad Man kennt weiß, wie ich mir die Zeit damals vorstelle. Seit Netflix, Spotify & Co um unsere Aufmerksamkeit buhlen, fällt es klassischen Medien deutlich schwerer, ihren Print-Abonnentenstamm zu halten. Um es radikaler — und damit wahrheitsgetreu auszudrücken — die Zahlen rasseln so dramatisch in den Keller, dass sogar die renommiertesten Häuser ins Wanken geraten.

Anzahl der Personen in Deutschland, die eine Tageszeitung im Haushalt abonniert haben. © Statista 2020
Anzahl der Personen in Deutschland, die eine Tageszeitung im Haushalt abonniert haben. © Statista 2020

Das Geschäftsmodell Abo ist mit zwei großen Profitabilitätskillern kombiniert, die vor allem für Neueinsteiger eine große Hürde darstellen. Zum einen die hohen Akquisekosten und zum anderen die starke Abwanderungsrate. Dafür ist in unserer Branche oftmals die redaktionelle Komponente ausschlaggebend. Die gedruckte Tageszeitung verliert nach und nach ihre Berechtigung, da die Inhalte zum Zeitpunkt der Konsumation alt sind. Und bei Magazinen liegt es häufig am beliebigen Content sowie der fehlenden Experience auf den abgebildeten Seiten.

In meinem ersten Artikel habe ich über die Learnings aus unserem Change-Prozess berichtet. Die folgenden Zeilen beschäftigen sich mit unserer Abo-Sales Strategie. Also wie wir es mit der Kraft des Lesermarktes (Performance & Awareness Marketing) schaffen, wieder mehr Print-Abos zu akquirieren als zu verlieren. In einem meiner nächsten Artikel möchte ich mich, darauf aufbauend, dem Thema Kundenbindung widmen.

Schritt eins: Sichtbarkeit durch Wirksamkeit ersetzen

Abends vor dem Fernseher sitzen und rechtzeitig vor dem Start der ZIB 2 noch seinen eigenen TV-Spot sehen oder in der Früh am Weg in die Arbeit am dazugehörigen 24-Bogen-Plakat vorbei fahren? Das hat schon Wirkung, gebe ich zu. In erster Linie aber nur auf mein eigenes Ego. Die meisten Menschen da draußen empfinden es als Störfaktor im Alltag, der keine Relevanz hat, da die Botschaft meist im falschen Moment kommt. Stattdessen reduzieren wir diese Maßnahmen stark und nutzen frei gewordene Ressourcen, um zusätzliche Marken-Touchpoints zu erschaffen, die das Abo um einen weiteren Mehrwert aufladen. Diese gliedern wir in zwei Bereiche: Daily Driver die jeder im Alltag braucht und Erlebnisse, die es nicht zu kaufen gibt. Mit diesen markennahen Services erweitern wir bestehende Abos und schaffen damit Begeisterung beim Abonnenten sowie Interesse bei denen, die es noch nicht sind. Für uns wird damit eine neue Regel schlagend: Zuerst Funktion, dann Sichtbarkeit — und nicht umgekehrt.

Schritt zwei: Gesamtheitliche Steuerung mit Subscription Fokus

Ich selbst habe eine Universität oder FH nie länger als für einen Sommerspritzer am Campus gesehen. Dementsprechend liegt es mir fern, Studiengänge wie Marketing & Sales zu beurteilen. Was ich aber auch ohne akademischen Grad festgestellt habe: In vielen Strategien hat unkontrolliertes Marketing keinen Platz mehr. Denn das Ziel am Ende des Tages ist immer Conversion. Es muss nicht nur der Verkauf von Abos sein, auch Zusagen zu einem Event oder Aufrufe auf einem Online-Artikel zählen zu Conversion. In Verlagen gibt es eine historische Trennung zwischen dem klassischen Marketing (Sichtbarkeit) und dem Abo-Marketing (Conversion). Dabei kümmert sich Zweiteres, wie der Name schon sagt primär um die Akquise neuer Stammkunden und Ersteres kommuniziert ohne messbarem Ziel mehr oder weniger wichtige Botschaften.

Seit kurzem gibt es diese Teilung bei uns nicht mehr. Die Performance-Einheit steuert nun alle Kampagnen der Marken entlang des See-Think-Do-Care Modells und richtet alle Aktivitäten danach aus, unmittelbar oder mittelbar ein Abo an die Frau oder den Mann zu bringen. Das bedeutet nicht, dass wir aufhören Awareness-Kampagnen auszuspielen, allerdings müssen alle Arten von Kampagnen das Ziel verfolgen, interessierte Menschen wie bei einem Staffellauf an die Folge-Phase zu übergeben. Voraussetzung dafür ist, dass wir User so früh als möglich messbar machen, um sie entlang unserer Customer Journey kennenzulernen und sie zu wertvollen Kunden zu machen.

Schritt drei: See-Think-Do-Care

Ein zentrales Team, das die Marketing-Agenden von über 10 Medienmarken gleichzeitig aussteuert benötigt, ein Framework um noch effizienter und besser in der Ausspielung zu sein. Seit einigen Monaten arbeiten wir deshalb mit dem bekannten See-Think-Do-Care Modell von Avinash Kaushik, dass der Digital Marketing Evangelist bei Google quasi als Nachfolger der AIDA-Formel erfunden hat. Dieses Framework nutzen wir hauptsächlich dafür, um zu definieren welche Botschaften und Mechaniken pro Phase notwendig sind, um so nahe wie möglich am Nutzungsbedürfnis der Menschen zu sein. Jede der vier Stufen trägt Glaubenssätze auf die wir bei der Erstellung von Kampagnen zurückgreifen. Als Beispiel: Die Phase See ist dazu da, um Aufmerksamkeit zu schaffen und Do, um einen Kaufimpuls zu erzeugen.

Zusätzlich wurden für jede Stufe Ziele und KPI’s mit jeweiligen Prozentwerten zur Beurteilung definiert, die Aufschluss darüber geben, ob und wie erfolgreich wir sind. Zum Beispiel:

See = Steigerung des brand searches oder der top of mind awareness
Think = Reduktion des CPL oder Verbesserung der paid conversion rate
Do = Steigerung der digitale acquisition oder Reduktion der bounce rate
Care = Reduktion der churn rate oder Steigerung von Cross-Selling

Schritt vier: Optimieren der Subscription Growth Journey

Wer sich schon mal mit A/B Testing beschäftigt hat der weiß, um ein valides Resultat zu bekommen ist es nur möglich eine Komponente pro Flight zu testen. Nun machen wir das konstant seit 1,5 Jahren und können beginnen, aus den Learnings erste große Schlüsse zu ziehen.

  1. Nach sehr langer Zeit haben wir damit aufgehört, Leads aus Gewinnspielen direkt für die Abo-Akquise zu nutzen. Tests haben deutlich gemacht, dass es sich auszahlt, mit diesen Usern eine Schleife durch die Markenwelt zu ziehen, bevor sie in die Conversion-Phase kommen.
  2. Die mit Sicherheit größte Änderung für uns als Verlag ist das Beenden von kostenlosen Probeabos. Diese waren in den letzten Jahrzehnten der maßgebliche Treiber, um zahlende Abonnenten zu akquirieren. Stattdessen haben wir ein attraktives get in touch-Abo entwickelt, das unseren Inhalten trotz des Test-Zeitraumes einen Wert gibt. Gemäß dem Motto: Was nichts kostet, ist nichts wert.
  3. Wer die ersten Schritte macht um auf digitalem Wege (ohne Outbound-Call Center & Co) an Abo-Verkäufe zu gelangen, versucht erstmal jeden möglichen Kanal auszureizen. So auch wir, mit der Zeit aber haben wir gelernt, dass in einer smarten Customer Journey die teuren Disziplinen wie Purchase— dem Deckungsbeitrag des Abos geschuldet — besser auf günstigen Kanälen forciert werden sollen. Günstige Disziplinen, zum Beispiel Lead oder Traffic bleiben auf fremden Plattformen, um genügend Menschen für die weitere Bearbeitung via E-Mail zu erreichen.

Konstantes Optimieren kostet viel Zeit, Herzblut und Energie, macht uns aber Tag für Tag schlauer und lässt jedes Quartal unsere Zahlen, an denen wir im Performance Team gemessen sind eindrucksvoll besser werden.

Noch verkaufen wir mit intelligenteren Strategien und besseren Tools das gleiche Produkt. Gleichzeitig arbeiten wir aber am Abo-Modell von Morgen, das individueller denn je sein wird und die Stärken unserer Produkte um ein Vielfaches hervorheben wird. Dabei stehen Relevanz und User Experience ganz oben auf unserer Agenda. Darauf freue ich mich jetzt schon.

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Luca Gatscher
VGN tomorrow

Passionately supporting publishing companies transitioning to the digital era. Head of Marketing & Subscription at VGN Medien Holding.