Warum es keinen Sinn macht, in Kanälen zu denken

Dominik Buchbauer
4 min readMay 5, 2016

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Fest angestellte Journalisten schreiben für eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein Magazin — vielleicht sogar für die Webseite. Aber das war’s meistens auch schon. Content-Strategen hingegen sind mit einer Vielzahl an Kanälen konfrontiert. Schon längst gibt es mehr Social-Media-Plattformen als Facebook, Twitter und Google+, die für Unternehmen interessant sein könnten. Dazu noch Blog, Broschüren, Newsletter, die eigene Webseite und und und. Welche Bedeutung haben Kanäle in der Content-Strategie?

Grundsätzlich müssten wir eigentlich dankbar sein, dass es mittlerweile eine große Auswahl an Kanälen gibt. Doch bei vielen Online-Kommunikatoren nimmt der Stress proportional zur Anzahl der Kanäle zu. „Wir müssen doch überall dabei sein, kein Kanal darf uns entgehen“, lautet oftmals die Devise. Dabei kann dies kontraproduktiv sein.

Der Kanal ist nicht Kern der Content-Strategie

Zugegeben: Momentan kommt fast kein Unternehmen mehr daran vorbei, eine eigene Facebook-Page zu erstellen, wobei die Betonung auf fast liegt. Denn womöglich gibt es immer noch Zielgruppen, die auf Facebook nicht oder weniger präsent sind. Bevor Content-Strategen also die Entscheidung treffen, welche Kanäle sie heranziehen, sollten sie sich unbedingt mit ihrer Zielgruppe auseinandersetzen. Im Gegensatz zur Schwester-Disziplin Content-Marketing orientiert sich Content-Strategie ohnehin eher an den Bedürfnissen der Zielgruppe, weniger am Unternehmen selbst. Auch wenn die Unternehmensziele aus meiner Sicht über allem — sogar über der Content-Strategie stehen. By the way: Judith Köck hat dem Thema Unternehmensführung und Content-Strategie eine eigene Bar-Session gewidmet.

Nicht umsonst gibt es im Studiengang Content-Strategie Lehrveranstaltungen, die sich mit der Analyse der Zielgruppen und des Contents, der Strategie, der Umsetzung und der Technik beschäftigen. Einen Kurs, der speziell Facebook und Twitter beleuchtet, suchen Studieninteressierte allerdings zu Recht vergebens. Was nicht heißt, dass es Sinn macht, sich mit den Funktionen und Möglichkeiten der Kanäle zu beschäftigen. Dazu ist aber kein Hochschulstudium nötig.

Als ich nach einer Fragestellung für meine erste Seminararbeit suchte, gab mir Klaus Eck den Ratschlag, mich nicht gleich auf einen Kanal festzulegen. Vielmehr sollte ich die Frage ergebnisoffen formulieren, das heißt in meinem Fall, andere Kanäle als einen Blog nicht von vornherein auszuschließen.

Die Vorgehensweise: Von der Leitidee zum Kanal

Wie sieht nun aber ein idealtypischer Ablauf der Content-Strategie aus? Welche Schritte stehen zwischen Zielgruppe und Kanal? Der Content-Circle verdeutlicht, worauf es bei der Content-Strategie wirklich ankommt: Im Zentrum steht die Leitidee. Diese entsteht auf Basis der Ziele, Personas, des Customer Journeys und den Ergebnissen der empirischen Sozialforschung. Hinten dieser Phase steckt viel Arbeit, wie wir bereits im ersten Semester des Masterstudiums erahnen konnten. Wer diesen großen ersten Schritt erreicht hat, kann sich daher zur Belohnung schon mal einen Milchshake zubereiten bevor er die Ergebnisse bzw. die Leitidee seinem Vorgesetzten präsentiert. Im Übrigen gefällt mir persönlich der Begriff Leitidee besser als Vision — er ist einfach greifbarer. Oder wie Helmut Schmidt treffend sagte: Wer eine Vision hat, muss zum Arzt.

Talkabout Story Circle 2.0: http://www.talkabout.de/kanal-und-content/

Im Anschluss überlegt sich der Content-Stratege, welche Geschichten zu dieser Idee passen. Diese können sich um das Unternehmen, um ein Produkt oder eine Dienstleistung drehen. Darauf aufbauend bestimmt er, welche Protagonisten diese Geschichten inszenieren. Noch bevor der Online-Kommunikator einen geeigneten Kanal wählt, sieht er sich verschiedene Formate an. Gewiss spielen hier auch Kosten-Nutzen-Aspekte eine Rolle. Beispielsweise ist es für Start-ups günstiger, zunächst Texte zu schreiben als teure Videos produzieren zu lassen.

Und was ist nun mit den Kanälen? Endlich kommen auch sie zum Einsatz. Erst jetzt setzt sich der Content-Strategie mit diesen auseinander und verbreitet hier den Content mittels Hashtags & Co., um die Interaktionsrate und die Awareness zu erhöhen.

Fazit: Kanäle sind nützlich, werden aber überschätzt

Ähnlich wie Tools sind Kanäle sinnvolle Werkzeuge der Content-Strategie. Speziell Facebook ist aus der Unternehmenskommunikation nicht mehr wegzudenken. Aber Facebook verschwindet womöglich irgendwann von der Bildfläche. Eine Strategie hingegen wird — auch wenn sie von Zeit zu Zeit adaptiert und verändert werden muss — immer eine Voraussetzung für erfolgreiche Kommunikation sein. Im Studiengang Content-Strategie — das haben uns Dozenten klar gemacht — steht daher nicht der Kanal im Vordergrund. Vielmehr ist es die Strategie und vor allem die Zielgruppe, die entscheidet, wo ich später meinen Content publiziere.

Ähnlich verhält es sich mit Zeitmanagement-Tools. Mittlerweile werden wir erschlagen mit Werkzeugen, die uns das Leben erleichtern sollen. Anna Fokina hat in ihrem Blogpost “Wie ich versuche, produktiv zu sein”einige nützliche vorgestellt. Allerdings sollte sich der angehende Selbstmanager auch hier erst überlegen, welche Ziele er mit diesen Tools verfolgt. Womöglich entscheidet sich ein Student dann für Wunderlist, vielleicht aber auch — ganz old school — für Block und Stift.

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