Die Medaille unseres Lebens hat zwei Seiten

Karl-Maria de Molina
4 min readJan 7, 2024

Für Gott gehört das Leid zum menschlichen Leben. Nur wir meinen, dass dieses stört. Gott kann aber dem Leid etwas Positives abgewinnen. Er hat uns während seiner Wanderjahre erklärt, wie das möglich ist. Maria und Josef haben es vorgelebt. An uns liegt es jetzt, unser Leben danach auszurichten.

Menschen wünschen sich das Glück auf Erden. Dieses möge auf ewig dauern. So werden Freizeit und Urlaub von uns angelegt. Gutes Essen, gutes Wetter, und keine Krankheiten dürfen in dieser Zeit das Glück trüben. Dahinter steckt der Gedanke, der triste Alltag ist leidvoll genug, in der Ferienzeit muss das Leid der Freude weichen. So gestalten wir im Normalfall unsere Pläne.

Und wie gestaltet Gott seine Pläne für sich und für uns? Für Gott liegen Freud und Leid nah beieinander. Und dieses Beieinander irritiert uns ungemein. Wie oft klagen wir unser Leid bei Gott?

Dazu eine persönliche Anekdote. Einmal sagte ein Priester in der Predigt, dass er mit dem Glauben hadert, wenn er vom Leid heimgesucht wird. Am Ende der Messe habe ich ihn allein sprechen können. Glauben Sie an Gott, fragte ich ihn? Irritiert schaute er mich an. Daraufhin erklärte ich ihm, dass Gott auf die Erde gekommen sei, um uns mit seinem Leiden zu erlösen. Damit gehört das Leid zum Glauben und es ist von Gott so gewollt. Der Priester bedankte sich für meine Ausführung.

Vor wenigen Tagen haben wir die Geburt Jesu gefeiert. Epiphanie, d.h. die Erscheinung des Herrn feiern wir heute, und damit den Besuch der Sterndeuter aus dem Morgenland. Für Maria und Josef sicherlich ein schönes Ereignis. Beim Vergleich der Texte vom Besuch der Sterndeuter (Matthäus 2,8–20) mit dem Besuch der Hirten (Lukas 2,8–20) drängt sich das Gefühl auf, dass bei Maria der Hirtenbesuch einen tieferen Eindruck hinterlassen hat. Darin erkennen wir die Werteskala Mariens: Nicht der Reichtum zählt, sondern die Gottesverbundenheit.

Überrascht dürften Maria und Josef auf die fremden Besucher aus dem Morgenland geschaut haben. Wer sind diese Menschen und wie haben sie von der Geburt Jesu erfahren? Maria hat sich auf die Pläne Gottes vollends eingelassen. Nichts mehr erschüttert sie. Die positiven wie die negativen Ereignisse betrachtet sie mit einem tiefen Vertrauen auf Gott.

Auf jeden Fall war der Besuch der Sterndeuter ein Grund zur Freude. Gottesvorsehung hat Maria und Josef bereits einige Momente des Glückes beschert. Dieser Besuch reiht sich dazu. Auch nach dem Besuch kreisten die Gespräche des Ehepaars über diesen unerwarteten Besuch. Ihre Seelen waren mit Freude erfüllt.

Diese Freude sollte jedoch von kurzer Dauer sein. Nur wenige Wochen nach dem Besuch der Sterndeuter kündet sich Unheil an: Sie müssen fliehen, das Leben ihres Kindes ist in Gefahr. Die Stunde des Leids hat geschlagen. Für Gott wäre ein Leichtes gewesen, dieses Leid abzuwenden. Aber nein, Gott hat es so eingerichtet. Die „Leidtragenden“ sind einmal mehr seine Eltern: Maria und Josef.

Die Medaille unseres Lebens hat zwei Seiten: Freud und Leid. Und diese Medaille wurde uns bei der Geburt beigestellt. Es gehört zum Wesen eines Menschen, diese Paarung aus freudigen und leidvollen Momenten meistern zu müssen. Die Kunst unseres Lebens besteht darin, dieser Medaille einen positiven Blick zu würdigen; und gewagt formuliert: Das Leid zu lieben! Ja, zu lieben. Nur durch die Annahme des Leids werden wir die Himmelspforte aufstoßen können. So haben es die Heiligen getan, so haben es meine Eltern und einige meiner Freunde getan. Und so müssen wir es ihnen nachmachen. Gott will Menschen, die diese Medaille mit den zwei Seiten freudig tragen. Erst dann gehören wir zu den Auserwählten, von dem das Evangelium berichtet. Es sind jene, die in der Glorie Gottes leben werden. Mit unseren Worten formuliert: ein All-Inklusive-Dauerurlaub in einem 5-Sternhotel. Wer bietet mehr?

Diese Artikel sind bereits online — — — https://medium.com/@karlmariademolina

Wer glaubt, ist nicht allein!

Es ist ein Röslein entsprungen

von Gott „entführt“

Gott ist ein Familien-Typ

Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet, und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

--

--