Content Strategie — mehr als ein Studium

Sabine Ettema
CosARTig’s Blog
Published in
6 min readDec 22, 2016

2016 war für mich in vielerlei Hinsicht ein spannendes Jahr. Ein Studium das als “Das-mach-ich-solangs-mir-gefällt” begonnen hat, ist nun fixer Bestandteil meines beruflichen Lebens geworden und daraus nicht mehr wegzudenken. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass sich dadurch auch bein unternehmerischer Fokus in Richtung Content Strategie verschiebt und so viel von meinem Studium in die tagtägliche Arbeit einfließt und umgekehrt.

Zurück zum Anfang des Jahres

Überraschend schnell habe ich bemerkt: Dieses Studium ist anders als alle anderen Ausbildungen die ich bisher gemacht habe. Wer mich kennt weiß, dass ich schon die eine oder andere Hochschule hinter mir habe und auch in der Wahl meiner Studien sehr flexibel war. Daher die berechtigte Frage aus meinem Umfeld:

“Wozu studierst du jetzt noch was?!”

Zu Beginn war meine ehrlich gemeinte Antwort:

“Es klingt so, also würde es direkt an meine Arbeit anschließen und und so lange Inhalte dabei sind die ich in meiner Arbeit brauchen kann, mach ich es. Wenn das nicht mehr der Fall ist, höre ich wieder auf. Und wenn es mir neben der Selbstständigkeit zu viel wird, auch. Ganz einfach.”

So weit so gut. Die Krux daran war nur: Der Zeitpunkt an dem ich mit Inhalten konfrontiert wurde, die ich nur ansatzweise NICHT brauchen hätte können, der kam nie. Nicht im ersten und auch nicht im zweiten Semester. Ganz im Gegenteil: Je mehr ich mich mit Content Strategie und den angrenzenden Bereichen beschäftigt habe, umso mehr merkte ich, wie spannend, vielseitig, umfassend und zukunftsträchtig der Aufgabenbereich ist.

Und dann kam London

Über London haben schon einige meiner KollegInnen geschrieben. Aber zusammenfassend kann ich sagen: Der Übertitel “Content Strategy at Work” würde es am besten treffen. Hier hat sich für viele von uns der Kreis zwischen Lehrsaal und Berufsalltag endgültig geschlossen. Ob es Einblicke ins Leben einer internationalen Digitalagentur waren (Digitas LBI), Vorträge von selbstständigen Content Strategen, Besuche bei Jamie Oliver, Mozilla, Facebook oder den Governmental Digital Services (GDS): Überall hat man uns mit offenen Armen empfangen und auch die “alten Haasen” in der Branche mussten etwas neidvoll zugeben, dass sie sich auch ein Studium wie unseres gewünscht hätten. Somit brachte diese Woche neben vielen Eindrücken, lehrreichen Gesprächen und tollen Abendveranstaltungen eine zusätzliche Bestätigung auf der ganzen Linie.

Mein erstes Content Strategie Projekt

Gleich nach London bekam ich von der FH das Angebot, im Rahmen einer Projektarbeit eine gesamte Content Strategie für ein mittelständisches Unternehmen zu machen. Neben anfänglicher Euphorie machten sich die ersten Zweifel breit. Bin ich bereit dafür? Schaffe ich es, alle Tools die wir bisher gelernt hatten auch wirklich in einem Kundenprojekt einzusetzen. Schon bei der Aufwandsschätzung tappte ich im Dunkeln, weil die Vorerfahrung fehlte.

Doch nach einigen Tagen des Zweifelns war klar, was in welcher Reihenfolge zu tun war und wie ich vorgehen würde. Ich konnte all meine berufliche Vorerfahrung aus verschiedensten Strategieprojekten heranziehen, erstellte einen Projektplan und legte mit der Analyse los. Wie immer — nur eben mit dem Fokus auf Content.

Die zweite Halbzeit beginnt

Und damit kam die Erkenntnis, dass die erste Hälfte schon geschafft war. Sprich: Aufhören war nicht mehr drin, denn jetzt begaben wir uns auf die Schlussgerade.

Mit dichtem Programm starteten wir mit dem Schwerpunkt “Content Marketing und Community Management” ins Semester. Daneben gab’s noch spannende Vorträge zum Thema PR und Unternehmenskommunikation. Was für mich vor allem in der ersten gemeinsamen Präsenzwoche ein absolutes Highlight war — das waren meine KollegInnen, unter anderem auch jene, die ich bisher noch wenig kannte. Ab der ersten Vorlesung in Graz brachten sich alle mit viel Engagement und vor allem enormer Erfahrung ins Geschehen ein. Wer tagtäglich mit Social Media zu tun hatte, erzählte über Erfahrungen, gab Tipps zu hilfreichen Tools oder erklärte uns, worauf wir achten sollten. Dasselbe passierte auch in anderen Themengebieten, die sich im Laufe der Woche ergaben: Von Facebook Ads, über Monitoringtools oder Erfahrungen in der PR, hin zu Strategietools, die sich bereits in anderen Unternehmensbereichen bewährt haben. Der Austausch war auch mit den Lehrenden immer auf Augenhöhe, auf hohem Niveau und für mich eine große Bereicherung.

Auch die vergangenen Wochen zeigten mir, dass wir wirklich eine sehr erfahrene, lernbereite, offene und kompetente Truppe sind. Jeder für sich ist bereits Experte auf seinem Gebiet, traut sich seine Meinung kundzutun und bringt sein Wissen aktiv in die Gruppe ein. Somit leben wir mittlerweile auch ohne es bewusst wahrzunehmen eine Art permanentes informelles Barcamp.

Und was bringt mir das im Alltag?

Wie schon anfangs erwähnt, war eine Bedingung an das Studium, dass ich es für meine tägliche Arbeit in der Strategieberatung brauchen kann. Spannend ist für mich zu sehen, dass sich die beiden Bereiche nicht nur ergänzen, sie greifen wirklich nahtlos ineinander. Methoden und Herangehensweisen aus der Strategieentwicklung münze ich um auf die Content Strategie und umgekehrt.

Mein erstes Projekt im Bereich Content Strategie hat mir gezeigt, wie viel Spaß es mir macht, mich in das Thema auch vertieft einzulesen und einzulassen. Das führt nun auch so weit, dass ich in meinen aktuellen Projekten, vor allem im Bereich Vertriebsstrategie vermehrt daran arbeite, wie wir Herausforderungen mit userzentriertem Content besser begegnen können. Auch das Bewusstsein, wo sich ein potenzieller Kunde gerade in der Customer Journey befindet und die Kommunikation darauf abzustimmen, bringt mir im täglichen Job sehr viel.

Was mir außerdem im beruflichen Umfeld auffällt ist die Tatsache, dass wir uns in unserem Studium auf einem sehr fortgeschrittenen und hohen Niveau befinden. Für uns sind digitale Technologien und Entwicklungen zwar faszinierend aber irgendwie auch selbstverständlich. Wir begegnen ihnen angstfrei, evaluieren sie, übernehmen was wir brauchen können und ersetzen was nicht mehr zu uns passt.

Wenn ich mir jedoch anschaue, womit mittelständische Unternehmen derzeit kämpfen, dann sehe ich, dass Digitalisierung oftmals noch nicht angekommen ist. Es werden zwar einzelne Maßnahmen gesetzt (Online Shop, Facebook, Newsletter etc.), die übergeordnete Strategie fehlt aber noch. Nicht weil man nicht möchte, sondern weil schlichtweg das Wissen fehlt, wie diese Einzelmaßnahmen sinnvoll abgestimmt werden können. Und genau hier sehe ich unser Aufgabenfeld in den nächsten Jahren. Wir ausgebildeten Content Strategen können Unternehmen genau darin unterstützen.

Egal welche spezielle berufliche Vorerfahrung wir haben — ob es Marketing, Unternehmensstrategie, PR, Design, Entwicklung oder Journalismus ist — mit den ergänzenden Methoden und dem Wissen über die Teilbereiche der Content Strategie sind wir so breit und zukunftsträchtig aufgestellt, dass uns in den nächsten Jahren die Arbeit nicht ausgehen wird. Und wenn ich zwischendurch in den nächsten Jahrgang spähe, jener der ein Jahr nach uns mit dem Studium begonnen hat, bin ich etwas neidisch darüber, dass dieser noch ein weiteres Jahr studieren und lernen darf. Denn all diese wertvollen Inputs aus der Praxis werden mir nach Abschluss der Masterarbeit sicher fehlen. Aber vielleicht schaffen wir es ja, eine Community zu gründen, die es uns einfach macht in Kontakt zu bleiben, uns auszutauschen und gegenseitig am laufenden zu halten.

Hier noch lesenswerte Artikel meiner MitstreiterInnen die mir besonders gefallen:

Ein wunderbarer Artikel zum ersten Semester von meinem lieben Kollegen Paul.

Ein Rückblick auf London von Judith und Sarah.

Und zum Schluss noch jede Menge Gründe, warum es wichtig ist, dass wir tun was wir tun, von Sandra.

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Sabine Ettema
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marketing strategy, content strategy, konzeptschmiede