Propagandaplakat der Technischen Nothilfe. ZZwischen 1933 und 1945 entstanden. Quelle: Bundesarchiv Plak 003–017–001

Die Technische Nothilfe — Vom Freikorps zum THW

Kai Schmidt
Das Sonar

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Teil IV. Die NS-Zeit

Die anderen Teile der Serie: Teil I. /Teil II. / Teil III.

Auf die neuen politischen Verhältnisse nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten reagierte die TN ähnlich wie auf vorrausgegangene Wechsel in der politischen Führung des Landes. Das oberste Ziel der TN-Leitung war es, die Organisation zu erhalten. Dazu mussten die Nazi-Herrscher von der Nützlichkeit der Organisation überzeugt werden und von ihrer Loyalität gegenüber den Machthabern.

Die politische Anpassung fiel nicht schwer, da die Führung der TN zumindest konservativ eingestellt war, teilweise auch weiter rechts zu verorten war. Auch der Antikommunismus bot einen willkommenen Anschlusspunkt an das neue Regime. Man biederte sich unverhohlen dem Regime an und übte sich im öffentlichen Schulterschluss mit SS und SA.

Auch von den technischen Fähigkeiten musste man die Machthaber überzeugen, denn rechte Gesinnung alleine reichte nicht, um den Bestand zu sichern. Aus Sicht des NS-Regimes wurde alles unter dem Gesichtspunkt des Krieges gesehen, welchen das Regime fest vorhatte zu beginnen. Zudem waren Streiks generell verboten worden, wodurch der ursprüngliche Zweck der TN nun völlig obsolet war.

Man setzte den in den letzten Jahren der Weimarer Republik eingeschlagenen Kurs fort und konzentrierte sich neben der Katastrophenhilfe nun vor allem auf den Luft- und Gasschutz. So schaffte es die TN die Nazis von ihrer Nützlichkeit zu überzeugen und die Organisation wurde nicht aufgelöst, sondern in den NS-Staat integriert und gleichgeschaltet.

Noch 1933 wurden neue Richtlinien für die Organisation durch das Regime erlassen und Hitler gratulierte 1934 zum 15-jährigen Bestehen der Organisation. Das Ziel der Bestandssicherung hatte die Führung der Technischen Nothilfe um Otto Lummitzsch damit erreicht.

Lummitzsch wurde allerdings im April 1934 durch Hans Weinreich, vorher in der Führung der SA tätig und Angehöriger der SS, ersetzt, da Lummitzsch Frau nach den Rassegesetzen der Nazis Halbjüdin war und er eine Scheidung ablehnte. Die TN wurde, ähnlich wie die Feuerwehren, bis 1939 schrittweise in eine technische Hilfspolizeitruppe umgewandelt.

Die TN wurde der Ordnungspolizei angegliedert und unterstand damit Heinrich Himmler, dem Reichsführer-SS, der Chef der Polizei war. An der Spitze der TN stand ab diesem Zeitpunkt ein SS Dienstgrad. Weinreich wurde 1943 durch Willy Schmelcher ersetzt, der bis Kriegsende der Chef der TN blieb.

Die TN war also vollkommen gleichgeschaltet und eines von vielen Werkzeugen des NS-Regimes. Dementsprechend wurde die Technische Nothilfe in die Kriegspläne eingebunden und bereitete sich vor allem auf den Einsatz im Luftschutz vor. Neben der Menschenrettung wurden vor allem das Beseitigen von Trümmern und die Instandsetzung von zerstörten Betrieben und Infrastruktur geübt.

Dabei arbeitete man eng mit Feuerwehr und Rotem Kreuz zusammen. Neue Uniformen zeigten auch äußerlich die neue Stellung der TN. Erstmals wurde die TN im Sinne der neuen Machthaber bei der Besetzung des Sudetenlandes eingesetzt, bei der sie im Gefolge der Wehrmacht in Aktion trat.

Mit Kriegsbeginn wurde die TN faktisch zweigeteilt. Die wehrpflichtigen Nothelfer, welche zur Wehrmacht eingezogen worden wären, wurden bei und nach der Eroberung Polens und Frankreichs in den besetzten Gebieten zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Betriebe eingesetzt. Dieser Teil der Nothelferschaft wurde 1941 in die Wehrmacht übernommen und bildete die Technischen Truppen des Heeres.

So wie die Technische Nothilfe aus der Technischen Abteilung der Reichswehr hervorgegangen war, so wurden Teile nun wieder in das Heer integriert. Chef der Technischen Truppen der Wehrmacht war Erich Hampe. Dieser war nach Otto Lummitzsch der wichtigste Funktionär der TN. Ab 1920 war er stellvertretender Chef und zugleich Einsatzleiter der Technischen Nothilfe.

1941 wurde der 1933 in die NSDAP eingetretene Hampe aufgrund von Differenzen entlassen und zur Wehrmacht eingezogen. Dort war er als Chef der Technischen Truppen tätig, in welche die wehrpflichtigen Nothelfer integriert wurden. Nach dem Krieg wurde Hampe Präsident der Bundesanstalt für zivilen Luftschutz.

Der Rest der Nothelfer blieb in den Heimatorten und bildete den Kern des Instandhaltungsdienstes und der von der TN für den Luftschutz gestellten Kräfte. Diese waren durch den Verlust der Wehrpflichtigen stark unterbesetzt und konnten ihre Aufgaben im Verlaufe des Krieges immer unvollständiger erfüllen.

Auch die Zwangsverpflichtung neuer Nothelfer scheiterte, da geeignete Männer in der Industrie und zunehmend bei der Wehrmacht benötigt wurden. Eine Verpflichtung von Frauen und Hitlerjugend, wie teilweise bei den Feuerwehren, fand nicht statt. Die Instandsetzungstrupps, welche beschädigte Infrastruktur reparieren sollten, waren unterbesetzt, überaltert und unzureichend qualifiziert.

Nach dem verlorenen Krieg wurde 1945 die Technische Nothilfe, wie fast alle anderen Organisationen des NS-Staates, durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 verboten und aufgelöst.

Doch Otto Lummitzsch sollte es erneut gelingen, die Technische Nothilfe in einem neuen System zu etablieren. Unter neuem Namen, aber mit vielen personellen und traditionellen Konstanten, wurde die TN als Technisches Hilfswerk neu gegründet. Wie die Geschichte der Bundesrepublik von der der Republik von Weimar unterschied, unterschied sich auch die Geschichte des THW fundamental von der ihr vorrausgehenden Technischen Nothilfe.

Bei beiden war es eine kaum zu erwartende Erfolgsgeschichte. Heute ist das THW selbstverständlich und unumstritten. Die umstrittene und in vielerlei Hinsicht problematische TN ist trotz ihrer Bedeutung auch von der historischen Forschung fast vergessen. Heute wundert man sich, wenn man diese Geschichte erfährt und man fragt sich, wie dieser unwahrscheinliche Weg gegangen wurde der Weg

Vom Freikorps zum THW.

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