New Work braucht Inner Work, Teil 7: Welche Entwicklungsschritte waren im Team nötig um Innovation und Manifestationskraft zu stärken?

bettina rollow
New Work braucht Inner Work
5 min readNov 11, 2016

Im 6. Teil schilderte Joana wie sie sich neue Projekte ausdenkt und diese in die Welt bringt. Hier schreibt Bettina, wie das Team seine Innovations- und Manifestationskraft stärkte.

Für das betterplace lab als Think & Do Tank sind inspirierte, innovative und umsetzungsstarke Mitarbeiter lebensnotwendig. Nachdem Joana als Inspirationsquelle, Innovationstreiber und „Realisiererin“ in den Hintergrund trat, musste das Team lernen sich selbst zu motivieren und produktiv zu sein.

Innovation und Sein

Eines der Hauptziele des Team Transformers besteht darin, sowohl jeden Einzelnen, als auch das Team gemeinsam darin zu stärken innovativ zu denken und Projekte hochqualitativ umzusetzen. Inspiration und Innovation entstehen in freien Räumen, in denen Menschen vertrauensvoll, entspannt und offen miteinander umgehen. Innovative Teams können untereinander gute Dialoge führen. Ihre Meetings und gemeinsame Arbeiten energetisieren die Mitarbeiter, statt sie zu ermüden. Prozesse und Strukturen sind derart aufgestellt, dass Neues ausprobiert werden kann, Fehler gemacht werden können und Scheitern als produktiv erlebt wird. Im Endeffekt geht es um die optimale Balance zwischen Freiraum und Struktur — im Team und auch im einzelnen Teammitglied.

An dieser Stelle schließt sich auch der Kreis zu dem, was ich weiter oben zum „Sein“ beschrieben habe und wofür wir primär die Transparente Kommunikation nach Thomas Hübl ( Siehe Teil 4 und Teil 5) genutzt haben; d.h. zur Fähigkeit des Teams sich zueinander zugehörig zu empfinden und transparent miteinander zu kommunizieren. Denn ein stabiles, vertrauensvolles Wir-Gefühl ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Einzelne sich traut, sich kontinuierlich auf Neues einzulassen und sich mit neuen Ideen in der Gruppe zu zeigen. Neues zu denken und zu präsentieren birgt auch immer das Risiko sich zu entblößen und zu scheitern. Transparente Kommunikation bildet ein solides Fundament, in Zuge dessen Befindlichkeiten, Zwischentöne und Unterströmungen sichtbar gemacht werden und Raum und Energie für gemeinsame Inspiration und Exploration freigesetzt wird. Neues kann unerwartet auftauchen. Ein vorher unbekannter Faktor X kommt ins Spiel.

Ebenso wie im Bereich Teamzugehörigkeit erarbeiteten wir für die Steigerung der Innovations- und Manifestationskraft zuerst einmal unterstützende Maßnahmen. Erst in einem zweiten Schritt hat das Team konkret daran gearbeitet neue Kompetenzen in sich selbst zu entwickeln und die Arbeitskultur zu verändern. Als Basis für die Entfaltung der individuellen Innovationskraft entschied sich das Team, das jeder Mitarbeiter völlig frei bei der Wahl seines Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit war. Das führte dazu, dass an manchen Tagen die Arbeitsinsel des betterplace labs im Großraum Büro der gut.org fast ganz leer war, weil Teammitglieder von Zuhause, im Cafe oder aus Japan aus arbeiten. Kommunziert wird über dezentrale Tools wie Fleep, Google Drive oder Skype.

Faktor X

In der Innovationsliteratur, z.B. Steven Johnson’s Where do new things come from?, wird meist davon ausgegangen, dass Innovationen aus der Rekombination von Bestehendem hervorgehen. Dazu erschien es wichtig, das Team mit möglichst vielen relevanten Informationsquellen vertraut zu machen. War es bislang hauptsächlich Joanas Wochenendbeschäftigung Dutzende von Philanthropie- und soziale Innovationsblogs zu lesen, so tat sich das Team zusammen und bündelte auf einer Feedly-Seite alle im Team vorhandenen Wissensressourcen. Die Teammitglieder verpflichteten sich zukünftig diese Informationskanäle aktiv zu nutzen. Um innovative Fallbeispiele allen Teammitgliedern zugänglich zu machen, führten sie einen Slot im wöchentlichen Teammeeting ein, bei dem reihum einzelne digital-soziale Innovationen präsentiert wurden.

Thomas Hübl unterscheidet zwischen horizontaler und vertikaler Innovation ( siehe Podcast). Entstehen neue Ideen aus dem Remix von altem kann man von horizontaler Innovation sprechen. Im Gegensatz dazu lädt vertikale Innovation etwas grundsätzlich Neues ein. Darunter fallen die plötzlichen Gedankenblitze, von denen der Denker selbst völlig überrascht ist. Oder man hat eine erste Ahnung von einer Idee, These oder Projekt, die sich nach und nach verstärkt — und mit einmal taucht eine fertige, neue Gestalt vor dem inneren Auge auf. Diese Innovationen sind der oben beschriebene Faktor X. Sie sind emergent und können stark disruptiv sein, da sie nicht aus Bestehendem abgeleitet sind.

Die vertikale Innovationsfähigkeit braucht einen offenen Raum — in einem Individuum, oder in einem Team. Jeder Mensch vereint in sich eine individuelle Balance aus Struktur und Freiraum. Struktur ist alles, was uns als Menschen hilft die Komplexität des Lebens gut zu meistern, indem es uns Orientierung und Halt gibt. Darunter fallen beispielsweise Gewohnheiten, Überzeugungen und Konditionierungen. Freiraum dagegen ist unsere Kapazität dem Leben offen und in jeder Situation neu zu begegnen. Dies ist nur möglich, wenn Menschen relativ entspannt sind und sich nicht ängstlich an Strukturen festhalten müssen. Klassische Techniken um Freiraum zu kultivieren sind Mindfulness und Meditation.

Eine ausgewogene Beziehung zwischen Struktur und Freiraum war für die Erarbeitung der zukünftigen Vision und Strategie des betterplace lab wichtig. Vorher maßgeblich durch Joana definiert, war dem Team klar, das es einer neuen, der sich verändernden Teamstruktur angepassten Vision und Strategie bedurfte, mit der sich alle identifizieren konnten und die mit dem jetzigen Team umsetzbar war. Im Zusammenspiel der Kompetenzen und Identitäten der Teammitglieder sowie der Qualität des Miteinanders entstand ein gemeinsamer Raum, in dem sich eine Vision zeigte und entfaltete.

In einem Zwei-Tages Workshop klärte das Team zuerst einmal die grundlegenden Fragen: Wer sind wir? Was können wir? Wo zieht es uns hin? Ziel war es, ein gemeinsames Gefühl und eine Übersicht darüber zu bekommen, wohin sich einzelne Teammitglieder entwickelt haben und welche Kompetenzen heute im Team verfügbar sind. Hierfür malten die Teammitglieder u.a. Bilder zu der Frage: „Wenn Du das Lab wärest, wie sähe das Lab dann aus?“. Zudem erstellten wir eine große Plakatwand, auf der alle aktuellen Kompetenzen des Teams visualisiert wurden.

Im weiteren Schritt ging es dann darum herauszufinden wohin — in welche Art von Projekte, Themenbereiche etc. — es jedes einzelne Teammitglied zieht. Für diese Bewusstseinswerdung nutzen wir unterschiedliche Methoden. In einer geleiteten Meditation wurden die Teilnehmer beispielsweise aufgefordert sich vorzustellen, sie ständen an einem Seeufer und blickten auf den Horizont. Was tauchte dort als Inspiration vor ihrem inneren Auge auf? Die aus dieser und anderen Übungen entstandenen Projektideen stellte sich das Team dann gegenseitig vor. In einem weiteren Schritt arbeiten kleine Teams an ihren jeweiligen Inspirationen und Visionen für das zukünftige betterplace lab. Diese Visionen wurden diskutiert und miteinander abgeglichen. Das Endergebnis bestand aus einer kleinen Anzahl von klaren richtungsweisenden Leitplanken für eine zukünftige Strategie.

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