Die Salbung Jesu in Bethanien

Karl-Maria de Molina
5 min readMar 25, 2024

Die Liebe treibt uns Menschen dazu, großartige Dinge zu tun. Das ist der Fall bei Maria von Bethanien, die die Füße Jesu mit einem kostbaren Öl salbte. Das geschah in Bethanien im Haus der Familie einige Tage vor der Kreuzigung Christi. Die Tat dieser Frau sollte uns dazu bringen, uns zu fragen, was werde ich in diesen Tagen für Jesus tun?

Was geschah damals in Bethanien?

Der heutige Palmsonntag läutet den Beginn der Karwoche ein und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Leiden des Herrn. Folgerichtig befasst sich das heutige Evangelium mit der Passion. Der Text ist lang. Aber ganz zu Beginn wird eine ungewöhnliche Szene präsentiert: eine Frau salbt die Füße Jesu. Für Matthäus und Markus spielt sich diese Szene im Hause des Simon in Bethanien. Für Johannes war es wohl im Hause des Lazarus, auch in Bethanien. Während bei Matthäus und Markus der Name der Frau nicht genannt wird, verrät uns Johannes den Namen: es ist Maria, die Schwester des Lazarus.

Von Maria und Martha berichten uns die Evangelisten mehrfach: beim ersten Besuch Jesu in ihrem Haus, dann bei der Auferweckung des Lazarus und dann bei der Salbung. In diesem Artikel möchte ich mich ausschließlich auf die letzte Episode konzentrieren. Über den ersten Besuch Jesu in Bethanien liegt bereits ein Artikel vor.

Dass Matthäus und Markus die Szene im Hause des Simon und Johannes bei Lazarus platzieren, ist für uns hier unerheblich. Auch das Detail, dass bei den zwei ersten Evangelisten der Kopf und bei Johannes die Füße Jesu gesalbt wurden, lassen wir unkommentiert. Wir konzentrieren uns auf die Handlung, auf das Motiv, auf die Großzügigkeit der Geste, auf den Zeitpunkt, auf die Demut der Frau.

Maria salbt die Füße Jesu

Maria hat nicht vergessen, dass es Jesus war, der ihren Bruder Lazarus vom Tod wieder zum Leben erweckt hat. Sie hat auch nicht die Worte des Meisters vergessen, als er zum ersten zu Besuch bei ihnen war. Und Maria weiß, der heutige Besuch wird wohl der letzte sein. Ihr ist nicht entgangen, dass die Juden Jesus umbringen wollen.

Bei Johannes (12,1) lesen wir: „Sechs Tage vor dem Paschafest kam Jesus nach Bethanien, wo Lazarus war, den er von den Toten auferweckt hatte“. Willam (1953) meint, dass Jesus die Tage zwischen dem triumphalen Einzug in Jerusalem bis zum Paschafest im Hause des Lazarus zu Gast war. Und mit ihm die zwölf Apostel. Daher platziert Johannes die besagte Salbung bei Lazarus und nicht bei Simon.

Der Text des Johannes geht weiter: (12,2): „Dort bereiteten sie ihm ein Mahl. Martha bediente“. Das klingt uns vertraut vom ersten Besuch Jesu. Martha war die proaktive, die hilfsbereite; Maria die zuhörende, die einfühlsame. Und die großzügige. Der Evangelist schreibt weiter: „Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt“.

Ich kann mir vorstellen, alle waren von diesem Akt echter Großzügigkeit und Demut innerlich bewegt. Nur Judas -der spätere Verräter- sah es anders. Für Jesus war diese Geste so wichtig, dass er ankündigte: „Sie hat im Voraus meinen Leib für das Begräbnis gesalbt. Amen, ich sage euch: Überall auf der Welt, wo das Evangelium verkündet wird, wird man sich an sie erinnern und erzählen, was sie getan hat“ (Markus 14,9).

Das Motiv Marias, Jesus voller Großzügigkeit zu begegnen, sollte auch für uns gelten. Er hat uns durch seine Erlösungstat wieder zum Leben der Gnade auferweckt. Und hat uns reichlich beschenkt: mit seinem Leib in der Eucharistie, mit dem Beistand des Heiligen Geistes, mit der Kirche, mit seiner Mutter, mit den Sakramenten usw. Im Artikel „Im Reich der Beschenkten“ habe ich ausführlich diese Geschenke aufgelistet und beschrieben. Daher ist ihre Wiederholung hier obsolet.

Was lehrt uns die Geste Marias von Bethanien?

Wenn die Geste Marias Jesus so wichtig war, dass er die Evangelisten inspiriert hat, diese Szene ausführlich zu beschreiben, dann nur, weil wir daraus eine klare Lehre ziehen sollen: Großzügigkeit und Demut im Umgang mit Jesus!

Wir lieben Jesus in dem Maße, wie wir unsere Mitmenschen lieben. Wenn dem so ist, dann fragen wir uns, wie großzügig sind wir mit unseren Mitmenschen? Matthäus (25,34–46) zählt Jesus die guten Taten mit den Mitmenschen auf: den Hungernden Essen geben, Obdachlose aufnehmen, Nackten Kleidung geben, Gefangene besuchen. Wir sollten prüfen, welche von diesen Taten können wir vorweisen. Jesus ist hier sehr konkret: Keine guten Taten heißt Verdammnis.

Die heute beginnende Karwoche liefert uns den passenden Rahmen, um unser Verhalten gegenüber Gott und gegenüber unseren Mitmenschen zu analysieren: Was tue ich für die anderen? Welche Rolle spielen andere in meinem Leben? Sind sie nur Stufen auf unserem Weg nach oben? Sind sie nur Mittel zu Zweck oder haben sie eigene Würde, die wir schätzen, respektieren und lieben?

Jesus ist in Vorleistung gegangen. Er hat für uns gelitten, hat das Kreuz getragen. Jetzt erwartet er unsere Antwort: “Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf ich und folge mir nach” (Mt 16,24). Das klingt krass. Wie lässt sich dieser Satz in unserem Leben umsetzen? Indem wir, die Widrigkeiten, die Widerwärtigkeiten annehmen, weil diese Liebkosungen Gottes sind. Und indem wir uns von unseren Präferenzen nicht überwältigen lassen und frei bleiben. Mit Präferenzen meine ich unsere Hobbys, unsere Vorlieben, unsere Essgewohnheiten usw. Jeder von uns kennt die eigenen Präferenzen.

Wie werden wir die Füße Jesu salben? Indem wir gute Taten tun und dabei sagen: „Jesus, das tue ich für Dich!“ Oder auch, wenn etwas schiefläuft: „Jesus, diesen S* Rückschlag nehme ich gern für Dich an!“.

Beenden wir diesen Artikel mit einem Zitat von Mutter Teresa: “In Gott finden wir unsere Kraft, und unsere Gedanken werden eins mit seinen Gedanken, mit seinen Gebeten, mit seinem Tun, mit seinem Leben”.

Literatur

Willam, F. M. (1953) Das Leben Marias, der Mutter Jesu, Herder

Mutter Teresa (1986) Die Sprache des Herzens — Gedanken für jeden Tag, Freiburg

Diese Artikel sind bereits online — — — https://medium.com/@karlmariademolina

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Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet, und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

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