Jesus zu Besuch bei Martha in Bethanien
Heute feiert die Kirche das Fest der Heiligen Martha von Bethanien. Und auch von Maria, ihrer Schwester.
Bei Lukas 10,38 wird die erste Begegnung Jesu mit Martha erzählt: „Eine Frau namens Martha nahm ihn (Jesus) freundlich auf“.
Bei Johannes 11,1 wird ein weiteres Treffen beschrieben: „Ein Mann war krank, Lazarus aus Bethanien, dem Dorf, in dem Maria und ihre Schwester Maria wohnten“.
Die Begegnungen Jesu mit der Familie von Lazarus, Martha und Maria sind ein wahrer Schatz der Lehre Jesu im Umgang mit den Mitmenschen. Gehen wir der Reihe nach.
Zeit für Gott finden in unserem Alltag
Bei der ersten Begegnung wurden Jesus und die Apostel in das Haus der Familie eingeladen. Von Martha ging die Einladung aus. Und so fühlte sie sich für die Organisation der Mahlzeit verantwortlich. Sie staunte aber nicht schlecht, als ihre Schwester zu Füßen Jesu saß und seine Worte lauschte (Lk 10,39). Martha kannte Jesus kaum. Das hielt sie nicht zurück, Jesus anzukreiden, dass er Maria nicht dazu ermutigte, ihrer Schwester zu helfen.
Die Szene ist ziemlich krumm. Jesus ist Gast, er wird aber von der Gastgeberin kritisiert. Ungewöhnlich! Jesus liefert eine Antwort, mit der Martha nicht gerechnet hatte: Er lobt Maria. Für Jesus ist die göttliche Lehre wichtiger als die materiellen Angelegenheiten. Den Originaltext lesen wir wieder bei Lukas (10,41): „Martha, Martha, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig, Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden“. Die Worte Jesu bedeuten nicht, dass wir unsere Pflichten vernachlässigen sollen. Er stellt sie nur hinter die göttlichen Pflichten.
Diesen „Takeaway“ sollten wir in unserer „busy“ Welt verinnerlichen. Wie? Durch kurze Pausen, die wir für Gespräche mit Gott nutzen können. 10 Minuten für Gott haben wir jeden Tag. Oder?
Jesus kann und will uns helfen
Und jetzt greifen wir den zweiten Text bei Johannes auf. Wir wissen nicht, ob Jesus nach der ersten Begegnung wieder bei Martha zu Besuch war. Aus dem Text geht hervor, dass mittlerweile eine tiefe Freundschaft entstanden ist. Johannes (11,3) schreibt: „Lazarus war krank…daher sandten die Schwestern Jesus die Nachricht: Herr, dein Freund ist krank“. Was für ein schönes Gebet. Die Schwestern appellieren an die Liebe, an das Erbarmen, an die Allmacht Gottes.
Der Text geht weiter (11,20): „Als Martha hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus“. Und wieder das gleiche Verhaltensmuster: Martha, die proaktive; Maria, eher zurückhaltend.
Das Gespräch wird von Martha geführt. Sie hört eigentlich nicht zu. Jesus kündigt ihr an, Lazarus wird wieder lebendig. Sie missversteht ihn jedoch gründlich.
Nach dem Gespräch mit Martha lässt Jesus Maria rufen (11,28): „Nach diesen Worten ging sie (Martha) weg…und sagte zu Maria: Der Meister ist da und lässt dich rufen…viele Juden waren bei Maria im Haus“. Die Juden gingen nicht mit Martha zu Jesus, aber doch mit Maria. Und weiter: „Als Maria dorthin kam, wo Jesus war, fiel sie ihm zu Füßen“. Diese Haltung der Demut begeistert mich. In anderen Artikeln habe ich diese sich im Evangelium wiederholende Szene kommentiert: Menschen fallen Jesu zu Füßen, wenn sie von ihm etwas wollen.
Wie erwähnt, Maria fiel Jesu zu Füßen. Von Martha wird dies nicht gesagt. Unterschiedliche Haltungen beider Schwestern bei der ersten Begegnung mit Jesus und auch bei der zweiten. Die Persönlichkeitsprofile der Schwestern sind stabil und unterschiedlich zugleich.
Das Gespräch mit Martha war formal, theologisch. Wie anders verhält sich Jesus im Gespräch mit Maria (11,35): „Er (Jesus) sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie antworteten ihm: Herr, komm und sieh! Da weinte Jesus“. Johannes erwähnt drei Momente, wo Jesus weinte, wo Jesus innerlich gerührt war. Er wusste, er werde Lazarus wieder zum Leben erwecken. Und trotzdem. Er weint. Er weint durch die Worte und Handlungen der Schwester Maria. Die Worte Marthas erreichen -wie oben gesehen- sein Herz nicht so tief, wie bei Maria.
Damit zeigt uns Maria von Bethanien, wie wir Jesu Herz erreichen können. Beide Schwestern haben sich bei Jesus beschwert, dass er sich verspätet hat und deswegen in der Zwischenzeit Lazarus gestorben ist. Aber nur Maria rührt Jesus zu Tränen.
Im Magnifikat (Lk 1,46) ruft die Mutter Jesu: „Barmherzig ist er allen, die ihm in Ehrfurcht nahen“. Das tat Maria von Bethanien. Dieses „sich zu Füßen“ werfen, ist ein deutliches Zeichen von Ehrfurcht. Lernen wir von beiden Schwestern den richtigen Umgang mit Jesus. Maria steht fürs beschauliche, Martha fürs aktive Leben. Beide liebten Jesus. Und Jesus hat beide lieb gehabt, auch in ihrer Diversität der Charaktere.
All das ist eine Ermutigung für uns. Gott liebt uns, so wie wir sind. Zu Schwester Faustina sagt er: „Wenn du mir eine Freude bereiten willst, sprich zu den Mitmenschen von meiner großen und unergründlichen Barmherzigkeit“. Sprechen wir mit unserer Familie, mit unseren Bekannten über die Barmherzigkeit Gottes, und so bereiten wir Jesus eine große Freude! Es hat es verdient. Er hat es nötig.
Wir trauen Gott zu wenig
Dieser lange Text mit beiden Schwestern aus Bethanien offenbart uns den schwachen Glauben von uns Menschen.
Martha und Maria haben Jesus unterschätzt. Sie meinten, Jesus kann Lazarus nur dann helfen, wenn er nur krank ist. Nicht aber, wenn er bereits tot ist. „Martha sagte zu ihm: Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag“ (Joh 11,39). Jesus musste sie in das Gespräch von soeben erinnern: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn Du glaubst, wirst Du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ (Joh 11,40). Und dann kommt das Wunder zustande: Lazarus lebt wieder! Jesus hat ihn auferweckt. Und die anwesenden Juden kamen dadurch zum Glauben (Lk 11,45).
Wir sind beiden Schwestern sehr dankbar, dass sie das Erbarmen und die Allmacht Gottes so herausgefordert haben, damit Jesus sein wahres Gesicht zeigt: Freundschaft, Glaube, Hilfsbereitschaft, Allmacht!
Wunder können auch heute geschehen, wenn wir an Gott glauben. Er wartet nur auf uns! Heilige aus dem 20. Jahrhundert wie Johannes Paul II oder Mutter Teresa haben viele Wunder erwirkt. Gott hat auf sie gehört. Auch wir dürfen um Wunder bitten. Der Glaube macht es möglich! In Markus 9,23 lesen wir „Alles kann, wer glaubt“.
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Der Autor
Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.
Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.