Jesus — König unserer Seelen

Karl-Maria de Molina
6 min readNov 20, 2022

Artikel in pdf-Format

Heute feiert die Kirche das Fest Christkönig.

Bis zum 19. Jahrhundert wurden viele Länder in Europa von Königen regiert. Heute ist diese Form der Regierung aus der Mode gekommen. Und trotzdem will ich hier über einen König sprechen, der nicht einmal auf Erden herrscht? (Joh 18,33). Ja. Ich möchte einen neuen König präsentieren: Einen modernen, eine anziehenden, einen zugänglich für jeden/jede von uns: Christkönig.

Wir sind es gewohnt, dass sich Könige wie bessere Menschen aufführen. Dieser Christkönig sagt von sich: „Er ist gütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,25). Sie, lieber Leser, liebe Leserin, können mir entgegnen: Das behaupten alle! Ja. Nur bei diesem König namens Jesus stimmt es sogar. Wie? Er wurde nicht in einem Palast geboren, sondern in einem Stall (Lk 2,7). Als Wanderprediger hatte er nicht einmal ein Zuhause (Joh 1,29). Jesus stammt väterlicher- und mütterlicherseits aus dem königlichen Geschlecht Davids (Lk 2,4). Und am Kreuz wurde sein Titel großgeschrieben: „König der Juden“ (Lk 23,35). Als er vor seinem Richter Pilatus stand, bekräftigte er, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist (Joh 18,36). Von welchem Reich ist er König, wenn nicht von dieser Welt, nicht einmal von Judäa? Sein Königreich ist eben bei uns, in unseren Herzen, da will er herrschen. Im Römerbrief (14,17) sagt uns Paulus: „Er ist der König der Heiligkeit und der Gnade, der König der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“. Das ist wahrlich eine neue Form von Königtum!

Im Lukasevangelium (19,14) lesen wir „Nolumus hunc regnare super nos“ („Wir wollen nicht, dass er über uns herrsche“). Wir rebellieren häufig gegen seine Herrschaft in unseren Herzen, in unserem Leben. Warum? Unsere direkte Antwort könnte lauten: „Mein Leben gehört mir und da hast Du nichts zu sagen“. Verständlich, aber nicht logisch, wenn wir es genauer betrachten.

Dieser Jesus ist nicht nur König, er ist der Schöpfer der Welt. Er hat uns erschaffen, d.h. er kennt sich aus, und zwar besser als wir. Er weiß besser als wir, was wir brauchen. Und eins dürfen wir nicht vergessen: Er respektiert absolut unsere Freiheit, wie Sheen (1954) es immer wiederholt. Er hat uns die Freiheit geschenkt und er stiehlt uns diese nicht. Im Klartext, er versteht seine Herrschaft als ein Dienst an uns! Deswegen kann unsere Antwort auf seine Anfrage lauten: „Volumus hunc regnare super nos“. Ja wir wollen, dass Du über uns herrschst, und zwar in Deinem Reich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens. Und „dieses Reich währt von Geschlecht zu Geschlecht“ (Dtn 3,100), d.h. für immer, ohne Ende.

Was für einen Typ ist dieser Jesus, der im Rahmen seiner Allmacht über Wasser geht? (Joh 6,19) Obwohl König reitet er bei seinem triumphalen Einzug in Jerusalem auf einem Esel und nicht standesgemäß auf einem Pferd (Joh 12,14). Hier kommt seine Demut zum Vorschein und damit bewahrheitet sich, dass er demütig ist -wie oben geschrieben.

Der Apostel Paulus hat Jesus nicht live erlebt. Und obwohl Paulus einen sehr starken Drang zum Handeln besaß, lässt er sich zum Satz hinreißen: „Oportet illum regnare“ (1 Kor 15,25), d.h. „es ist gut, dass er herrsche“. Wie kommt Paulus zu solch einer „Kapitulation gegenüber dem Willen Gottes“? In vielen Texten beschreibt er seine Begegnung mit Jesus vor den Toren Damaskus. Bei dieser Begegnung erkennt Paulus, dass er auf dem Holzweg ist. Er verfolgt Jesus. Und ausgerechnet dieser Jesus erscheint ihm. Auf einmal erkennt Paulus seinen Fehler. Und in diesem Moment vollzieht er eine Drehung um 180 Grad. Ab diesem Moment und bis zum Lebensende wird Jesus in seinem Leben herrschen, d.h. ihm helfen, ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen.

Escrivá (1972) formuliert es so: „Wenn wir wollen, dass Christus herrscht, dann schenken wir ihm unser Herz“. Was heißt das konkret? Es üblich unter rational denkenden Menschen, sich vor einer Handlung zu überlegen, was wir wollen, wie sollen wir es tun? Bei wichtigen Entscheidungen fragen wir die Ehepartnerin, den Ehepartner, die Eltern usw. Was wäre, wenn wir Jesus fragen würden? Er weiß es schließlich besser als wir alle!

In der Industrie setzen wir Consultants ein, die uns beraten, damit wir unsere Prozesse, unsere Kultur, unsere Organisationen im Unternehmen verbessern. Diese Consultants zwingen ihre Mandanten nicht, ihre Hinweise zu befolgen. Sie respektieren die Freiheit der Auftraggeber. Bei Jesus ist es ähnlich, und das ist großartig. In Johannes 8,32 lesen wir „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Die Wahrheit, d.h. Jesus, respektiert vollends unsere Freiheit. Die Mutter Gottes sagt uns bei der Hochzeit zu Cana: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Das ist eine klare Empfehlung, jedoch kein Befehl und keine Drohung. Sie wusste, das Beste für uns ist, die Anregungen Gottes zu befolgen.

Jesus kennt unsere Schwächen. Er weiß, dass wir uns schwer tun, beim Befolgen seiner Anregungen, seiner Bitten, seiner Empfehlungen. Ein klares Merkmal Jesu ist seine Barmherzigkeit, d.h. er hat Verständnis für unsere Schwächen. Aber er will, dass wir diese mit seiner Hilfe, mit seiner Gnade, überwinden. Die Barmherzigkeit Gottes ersetzt keine Bekehrung, keine Umkehr. Gerade das Gegenteil. Er bestraft nicht. Und zugleich erwartet er von uns eine Kurskorrektur in unserem Leben. Lesen wir die Worte Paulus aus dem Brief an die Galater (2,20):“Ich lebe aber, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“. Der willensstarke und resolute Paulus überlässt Jesus das Kommando über sein Leben. Und er ist gut damit gefahren, wie seine apostolischen Erfolge beweisen.

Kehren wir unseren Blick zurück zur Kreuzigung Jesu, wo das Schild „König der Juden“ an sein Kreuz angebracht ist. Die Schriftgelehrten, die Soldaten und der Schächer zu seiner Linken verhöhnen ihn (Lk 23,35). Der Schächer zur Rechten, Dimas, hingegen nimmt ihn in Schutz. Und dann spricht er ein sehr schönes Gebet (Lk 23,42): „Gedenke meiner, wenn Du in Dein Reich kommst“. Die Antwort Jesu ist einfach phänomenal: „Amen, ich sage Dir, noch heute wirst Du mit mir im Paradies sein“. Der gekreuzigte Jesus offenbart hier seine Königswürde. Im Rahmen seiner Allmacht kann er dem Bekehrten Dimas das Paradies versprechen.

Gerade dies ist unsere Hoffnung, bei all unseren Sünden kann er uns in sein Paradies aufnehmen. Voraussetzung dafür ist unsere Bekehrung, d.h. Reue für unsere Sünden und der feste Wunsch, ihn nicht mehr zu beleidigen.

Sie kennen sicherlich Firmen wie booking.com, Expedia usw. Das sind Portale für die Buchung von Reisen in alle Welt: Fahrten mit dem Schiff, Flüge an die Südsee usw. Bei Jesus können wir eine noch schönere Reise buchen: Die Fahrt in den Himmel.

Um eine Reise zu finanzieren, legen wir zumeist, Geld bei Seite. Für die Fahrt in den Himmel ist es ähnlich. Tag für Tag hören wir auf die Bitten Jesu und befolgen diese. Damit legen wir in unser „Sparbuch“ „himmlisches Geld“ für die endgültige Reise. „Jeden Tag eine gute Tat“. Eine Tat im Sinne Gottes. Jesus sagt es uns (Mt 6,19): „Sammelt euch Schätze für den Himmel und nicht für die Erde“.

Jesus ist nicht nur König. Er ist unser Berater, unser Coach, unser Trainer. Er trainiert uns für eine Fahrt, die zum Himmel führt. Sagen wir ihm ruhig: „Ja Jesus, was Du willst, gefällt wir und das will ich auch“!

Literatur

Escrivá, J. (1972) Christus Begegnen, Madrid

Sheen, F. (1954) Du bist gebenedeit unter den Weibern, Paul Pattloch Verlag, Aschaffenburg

Diese Artikel sind bereits online — — — — — — — -

Die Heilige Familie von Nazareth

Jesus kennt unsere Sorgen

Siehe Deine Mutter

Causa nostrae laetitiae — Ursache unserer Freude

Jesus — Meisterwerk Mariens

Zwei Menschen — eine Seele

Im Reich der Beschenkten

Das Portrait einer Königin

Die Leiden Mariens — Teil 1

Die Leiden Mariens — Teil 2

Josef — Sohn Davids und Bräutigam Mariens

Ihr Ja hat die Welt verändert

Gott und der Mensch — eine Liebesbeziehung

Jesus kehrt zurück zum Vater

Das Revival des Heiligen Geistes

Fest Herz Jesu

Fest Herz Mariens

Das Co-Working Gottes mit uns

So dankbar ist Gott

Aufnahme Mariens in den Himmel und ihre Krönung

Maria hat geholfen

Smarte Heiligkeit

Diese Buchrezensionen sind bereits online — — — — — — — -

Licht der Welt — aktueller denn je

Die Entdeckung der Barmherzigkeit

Entdeckungsreise in den Texten des Evangeliums

Den Rosenkranz neu erleben

Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

--

--