Das Vermächtnis der Mutter Gottes

Karl-Maria de Molina
6 min readAug 2, 2023

Die Kirche feiert im Laufe des liturgischen Jahres zahlreiche Gedenktage zur Ehre der Mutter Gottes: Heute das Fest Maria von den Engeln und am 5. August dann Maria Schnee. Nehmen wir diese Feste zum Anlass, um uns mit dem Vermächtnis der Mutter Gottes zu befassen.

Von wichtigen Persönlichkeiten werden zeitlebens oder nach ihrem Ableben zahlreiche Biografien geschrieben, um deren Vermächtnis zu würdigen. In diesem Artikel möchte ich einen Aspekt im Vermächtnis der Mutter Gottes näher beleuchten.

Beim Anblick auf das Bild von Paolo Veronese (Hochzeit zu Cana, Louvre) haben Sie sich gefragt, wie passt das Bild zum Titel des Artikels? Die Antwort finden Sie im Text.

Von der Mutter Gottes überliefern uns die Evangelisten Lukas und Johannes insgesamt vier Wortmeldungen: Verkündigung (Lk 1,26), Heimsuchung (Lk 1,41), Auffindung im Tempel (Lk 2,48) und Hochzeit zu Cana (Joh 2,5).

Heute befassen wir uns mit dem Geschehen in Cana, während einer Hochzeit.

Zahlreiche Autoren wie z.B. F. M. Willam (1953) haben sich mit diesem Ereignis der Hochzeit zu Cana befasst. Er war ein Kenner der Traditionen im damaligen Israel, und so kann er den üblichen Ablauf solch einer Hochzeit präzise schildern. Der Autor geht davon aus, dass die Mutter Gottes beim Catering mitgeholfen hat. Damit hatte sie Einblick in den Umfang der Vorräte.

Im Johannes (2,1) Evangelium lesen wir „Am dritten Tag fand in Cana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen“. Die Tatsache, dass Mutter und Sohn eingeladen waren, lässt vermuten, dass es sich um eine Hochzeit von einem Verwandten bzw. einer gut befreundeten Person handelte. Diese Einschätzung wird dadurch bestärkt, da Jesus auch seine Jünger einladen dürfte.

Lesen wir weiter (Joh 2,3): „als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr“. Warum informierte Maria ihren Sohn über dieses Malheur? Willam (1953) erinnert daran, dass die Gäste einer Hochzeit einen Beitrag in Form von Naturalien leisteten. Daher könnte es sein, dass Maria wusste, Jesus hatte bislang keinen Beitrag erbracht, und sie ihn damit erinnerte, diesen zu leisten.

Auf der anderen Seite wusste Maria auch, dass Jesus nicht über das nötige Geld verfügte, um den Wein zu besorgen. Damit brachte Maria ihren Sohn in eine knifflige Situation, deren Lösung auf ein Wunder hinaus lief. Dieser Umstand kam Jesus ungelegen. Er hatte für das erste Wunder einen anderen Zeitpunkt eingeplant. Daher wundert es nicht, dass er folgende Antwort lieferte: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ (Joh 2,4). Seine Mutter ließ sich nicht beirren und so sagte seine Mutter zu den anwesenden Dienern: „Was er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5). Diese sind die letzten von Maria überlieferten Worte und damit aus Sicht der Kirche ihr Vermächtnis. Und diese Worte sind der Gegenstand dieses Artikels.

Der Dreiklang mit Gott Vater und Gott Sohn

Diese Worte Mariens haben in mehrfacher Hinsicht eine große Bedeutung für unser Leben. Sie reihen sich perfekt zwischen die Worte von Gott Vater und Gott Sohn ein. Schauen wir zunächst auf die Worte des Gott Vaters. Auf dem Berg Tabor befinden sich Jesus und drei seiner Jünger: Petrus, Jakobus und Johannes. Sie erleben die Verklärung Jesu und hören die Worte, die Gott Vater spricht: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden haben, auf ihn sollt ihr hören“ (Mt 17,5). Damit gibt uns der Vater den Ratschlag, auf die Worte Jesu zu hören. Erster Punkt vom Dreiklang.

Diese Worte finden ihre Fortsetzung im Wortlaut Mariens „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Das heißt, zunächst einmal hören (Gott Vater) und dann die erhaltene Anweisung Jesu umsetzen (Gottes Mutter). Und welche Anweisung gibt uns Jesus? Eigentlich viele. Für mich die wichtigste und die dazu passende lautet: „Wer meine Gebote hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich“ (Mt 5,19). Diese Worte krönen den Dreiklang für unser Leben: Worte Jesu hören, diese Gebote halten!

Impact vom Vermächtnis Mariens

Wir können die Worte Mariens in Cana „Was er euch sagt, das tut“ als ihr Lebensmotto verstehen. Sie bilden die Richtschnur für ihr Handeln. Sie hat immer und in allem den Willen Gottes ausgeführt. Die Worte Gottes, die sie direkt oder indirekt erhalten hat, wurden von ihr voller Liebe und Treue ausgeführt. Angefangen mit der Übernahme der Mutterschaft des Sohnes Gottes. Dann die Flucht nach Ägypten. Und die Kreuzigung Jesu. Schlimmer kann es einer Mutter nicht ergehen als beim Anblick der Hinrichtung ihres Sohnes.

Maria hat in ihrem Leben immer und in allem die Gebote Gottes gehalten -wie sich ihr Sohn für uns alle wünscht. Und nicht nur das. Sie hat uns angespornt, diese zu halten. Damit hat Maria diese Bitte Jesus „Gebote halten und halten lehren“ beispielhaft in die Tat umgesetzt.

Und indirekt hat Jesus höchstselbst dies bestätigt, als er sagte: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter“ (Mk 3,35). In einer anderen Stelle heißt es: „Eine Frau aus der Menge rief zu ihm: Selig die Frau, deren Leib dich getragen und deren Brust dich genährt hat. Er aber erwiderte: Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen“ (Lk 11,27). Damit lobt Jesus seine Mutter, weil sie genau das tut, worum er uns bittet: Gebote halten und halten lehren.

Bereits im Alten Testament lesen wir im Buch Samuel: „Rede Herr, denn dein Diener hört“ (1 Sam 3,1). Oder auch im Buch der Weisheit (3,9): „Die treu sind in der Liebe, werden ihm gehorchen“. Der Tenor ist immer der gleiche: Hören und gehorchen. Mit der Verkündigung Marias nimmt der Erlösungsplan Fahrt auf und startet das Neue Testament. Und Maria stellt mit dem „hören und gehorchen“ eine Brücke zwischen das Alte und Neue Testament.

Marias Leben war vollkommen kohärent mit ihrem Satz in Cana. Sie ist ein Beispiel von Glauben, Demut und Gehorsam. Damit ist ihr Vermächtnis wertvoll und für uns tragend.

Wenden wir uns an sie, um ihre Hilfe zu erflehen, damit auch wir „die Worte Jesu hören und halten lehren“.

Beenden wir diesen Artikel mit einem Zitat von Willam (1953): “Jesus und Maria sind im Rahmen des Gehorsams gegenüber dem Auftrag des himmlischen Vaters zu einer Einheit geworden”.

Literatur

Willam, F. M. (1953) Das Leben Marias, der Mutter Jesu, Herder

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Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

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