Jesus mag „Business as usual“

Karl-Maria de Molina
7 min readOct 22, 2023

In einer Welt, wo das Spektakel die Massen fasziniert, freut sich Jesus über den normalen Alltag mit uns Menschen. Und so tritt er in Kontakt mit uns: leise und unaufdringlich.

Der Mensch sucht die Rekorde — Gott meidet sie

Seit einigen Jahren hat sich in unsere Gesellschaft eine Sensationslust breitgemacht. Die Shows, die Filme, die Darstellungen müssen spektakulär sein, einmalig, rekordverdächtig. Diese Sucht hat insbesondere die Welt des Sports ergriffen. Wir fragen uns: Wer hat die meisten Tore geschossen? Wer hat die meisten Titel im Tennis gewonnen? Die Liste ließe sich ins unendliche verlängern. Das Guinnessbuch der Rekorde kennt all diese Titel, klein wie groß. Wir Menschen scheinen eine Sucht zu haben, nach Rekorden, nach Spektakel, nach Show, nach lautem Entertainment.

Gilt das auch für Gott? Nein, nicht für ihn.

Zeitlebens wurde Jesus von den Pharisäern nach Zeichen gefragt. Auf solche Aufforderungen reagierte er mit den Worten: „es wird dieser Generation kein anderes Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jona“ (vgl. Matthäus 12,39).

Jesus hat nur dann Wunder gewirkt, wenn es nötig war. Er hat die Geheilten oft gebeten, das Geschehene nicht weiterzusagen. Drei Tote hat er wieder zum Leben erweckt. Seine Jünger haben später auch Tote zum Leben erweckt. Vielleicht sogar mehr als er. Er hatte schon angekündigt, dass es so kommen würde.

Was erwartet eigentlich Gott von uns? Will er Wundertäter, lange Gebete, Fasten ohne Ende, Selbstkasteiungen? Nein! Er will Menschen, die die Pflichten des Alltags liebevoll erfüllen, die Nächsten so behandeln, wie sie behandelt werden möchten. Gott will „Business as usual“, d.h. den unscheinbaren „grauen Alltag“ meistern: Die Kinder zur Schule bringen, pünktlich mit der Arbeit anfangen, die kranke Schwester im Krankenhaus besuchen, Kinder zum Sportplatz fahren usw. Alles normale Tätigkeit, jedoch mit dem Blick auf Gott. So tun, wie es Jesus, Maria und Josef es tun würden.

Die Interaktionen zwischen uns und Gott

Im Zeitalter des WhatsApp fragen wir uns, wie Menschen früher ohne „das Internet in der Tasche“ (Steve Jobs) gelebt haben. Wir interagieren, ohne uns zu sehen. Wir tippen auf die App, die Nachricht oder senden eine Voice-Nachricht. Und fertig!

Oben haben wir in Erinnerung gerufen, dass Gott unseren normalen Alltag mag. Wie sieht die Kommunikation mit ihm aus? WhatsApp ist dafür untauglich. Wie lässt sich eine Kommunikation mit ihm herstellen? Wir sprechen z.B. ein Gebet, wie das Vaterunser. Bekommt er das mit? Wird Gott darauf antworten? Und wenn ja, wie?

Gott reagiert nicht auf jedes unsere Gebete, aber doch häufig. Häufiger als wir es wahrnehmen. Und warum verpassen wir seine Antworten? Weil wir „auf off“ sind! Gott spricht für gewöhnlich direkt ins Herz, mit konkreten Worten. Manchmal bedient er sich von Zitaten, die wir kennen. Andere Male sind es Worte von der Familie, von Verwandten und Freunden, derer sich Gott bedient, um mit uns in Verbindung zu treten.

Biografien von Heiligen erzählen von Erscheinungen und Gotteserfahrungen. Wie oben gesehen, das ist nicht das Normale. Nonnen wie Schwester Faustina Kowalska (Polen) oder Margaretha Maria Alacoque (Frankreich) erzählen uns von konkreten Erscheinungen. In diesen Fällen wollte Jesus den Nonnen konkrete Aufträge erteilen. Ansonsten haben solche Ereignisse Seltenheitswert. Gott mag das Normale, das Bescheidene, das Unauffällige. Er mag unseren „grauen“ Alltag. Escrivá hat von Gott den Auftrag erhalten, den Menschen in aller Welt den „Weg der Heiligung des Alltags“ bekannt zu machen.

Die Kunst unseres Lebens heißt -so Escrivá, den „grauen Alltag“ (die Business as usual“) in ein Gott wohlgefälliges Ganzes zu verwandeln. Und wie funktioniert das? Eigentlich sehr einfach in der Theorie, schwierig in der Umsetzung: „So handeln, wie es Jesus tun würde“. Das schöne dieses Konzepts: Jede/r kann es umsetzen. Jedoch nur unter einer Bedingung: Wir erbitten die nötigen Gnaden dazu. Ohne diese Hilfen laufen wir gegen die Wand!

Von Du zu Du mit Jesus

Mit der Gnade Gottes kann jeder Mensch den Alltag heiligen, d.h. so leben, wie es sich Gott wünscht. Wir können mit ihm von Du zu Du sprechen, uns von ihm helfen lassen, uns bei ihm bedanken. Gott ist uns sehr nah und mag unter uns wohnen (vgl. Buch der Sprüche 8,31). Vielleicht sehen wir ihn nicht, aber er ist da. Wir können seine Anwesenheit spüren. Und das ist kein Märchen, sondern tägliche Realität für viele Menschen -auch im 21. Jahrhundert. Gott macht keinen Radau, zieht keine Show ab. Er mag das Unauffällige. Er mag uns, so wie wir sind. Und erwartet zugleich sehnsüchtig, dass wir seine Gebote halten. Er freut sich, wenn wir uns bei ihm bedanken (vgl. Lukas 17,17).

Gott äußert Bitten, hat Vorschläge für uns parat. Ein feinfühliges Herz hört seine leise Stimme. Ob wir ihn hören oder nicht, liegt einzig und allein an uns. Wenn unsere Gedanken nur an uns kreisen, nur an unsere Probleme denken, wenn wir nur „busy“ sind, dann hören wir seine sanfte Stimme nicht. Im Alten Testament lesen wir im Buch Samuel: „Rede Herr, Dein Diener hört“ (1 Sam 3, 1–10). Diese leise Stimme Gottes dürfen wir nicht mit möglichen Einbildungen unsererseits oder mit Versuchen des Teufels. Wie können Sie, lieber Leser, liebe Leserin, herausfinden, ob diese Stimme von Ihnen oder von Gott kommt? Sehr einfach. Fragen Sie sich: Führt diese Stimme zu mehr Freude, zu mehr Liebe zu den Mitmenschen, zu mehr Dankbarkeit zu Gott? Dann ist diese Stimme echt. Seien Sie froh, dass Sie seine Stimme hören!

Ich erlaube mir, Ihnen einen Ratschlag zu geben: „Überlassen Sie Gott die Richtung Ihres Lebens, d.h. lassen Sie sich von seinem Herzen leiten“. Wenn Sie es tun, dann tut sich eine neue Welt auf. Eine Welt voller Freude inmitten von Nöten und Problemen, die es immer geben wird. Diese werden Sie jetzt mit Gott zusammen meistern. Er wird Ihnen Ruhe, Gelassenheit, Geduld, Stärke und Freude schenken. Gott lässt sich nicht an Großzügigkeit übertreffen. Wer sich ihm anvertraut, erlebt das „früher, vollständiger und besser“ (aus Escrivá Im Feuer der Schmiede Nr. 284 — „antes, más y mejor). Ihr neues Leben wird die Welt mit dem „bonus odor Christi“ (mit dem Wohlgeruch Christi) besprühen. Und wo es keine Liebe gab, wird diese neu wachsen (nach Johannes von Kreuz). Genau diese Welt wollte Gott für uns Menschen als er uns erschuf. Wirken wir alle bei der Erneuerung der Welt mit.

Schlussfolgerung

Gott lebt an unserer Seite, und zwar seit unserer Geburt. Er sucht unsere Nähe, interessiert sich für unsere Sorgen und Nöte, freut sich über unsere Freuden, trauert um unser Leiden. Er teilt uns seine Bitten mit, seine Vorschläge. Er mag die lauten Töne nicht. Wir werden Gott auf Erden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit unseren Augen sehen, aber doch hören mit den Ohren des Herzens. Dafür müssen wir auf „Empfang gehen“. Reservieren wir Gott einige Minuten im Alltag, d.h. wo wir auf „Empfang gehen“. Es ist auch eine Frage von Wertschätzung. Er hat uns erschaffen und hält uns am Leben. Es ist das Mindeste, dass wir ihm täglich einige Minuten schenken. Nutzen wir dafür z.B. die Fahrten mit den ÖPNV, mit dem Auto oder Fahrrad, oder auch zu Fuß. Seien wir erfinderisch und großzügig. Er wird sich dankbar zeigen -so wie immer!

Diese Artikel sind bereits online — — — https://medium.com/@karlmariademolina

Jesus mag „Business as usual“

Maria weint — Message von la Salette

Warum beten wir den Rosenkranz?

In der Schule Mariens

Der Deal unseres Lebens

Wie kommt es, dass wir Maria lieben?

Denis und das „si doveva“

Unser Leidensweg führt zu Jesus

Den Himmel brauchen wir noch!

Das Vermächtnis der Mutter Gottes

Jesus zu Besuch bei Martha in Bethanien

Wer bist Du, Jesus?

Gott ist ein Familien-Typ

On the way to Emmaus

Die leisen Dialoge mit Jesus

Auf dem Weg nach Emmaus

Die 6V der Follower Christi

Die Karwoche an der Seite Mariens

Der Schlüssel zum Dialog zwischen Jesus und Maria

Jesus von Nazareth — ein Persönlichkeitsprofil

Jesus und Daniel, der Hirtenjunge

Ein Mensch ohne Makel — geht das?

Jesus — König unserer Seelen

Unser Leben in den Händen Gottes

Smarte Heiligkeit

Maria hat geholfen

Aufnahme Mariens in den Himmel und ihre Krönung

So dankbar ist Gott

Das Co-Working Gottes mit uns

Fest Herz Mariens

Fest Herz Jesu

Das Revival des Heiligen Geistes

Jesus kehrt zurück zum Vater

Gott und der Mensch — eine Liebesbeziehung

Ihr Ja hat die Welt verändert

Josef — Sohn Davids und Bräutigam Mariens

Die Leiden Mariens — Teil 1

Die Leiden Mariens — Teil 2

Das Portrait einer Königin

Im Reich der Beschenkten

Die Heilige Familie von Nazareth

Jesus kennt unsere Sorgen

Siehe Deine Mutter

Causa nostrae laetitiae — Ursache unserer Freude

Jesus — Meisterwerk Mariens

Zwei Menschen — eine Seele

Diese Buchrezensionen sind bereits online — — — — — — — -

Licht der Welt — aktueller denn je

Die Entdeckung der Barmherzigkeit

Entdeckungsreise in den Texten des Evangeliums

Den Rosenkranz neu erleben

Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

--

--