Maria — ein Geschenk im Advent

Karl-Maria de Molina
6 min readDec 8, 2023

Mitten im Advent feiert die Kirche das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Dieser Begriff ist etwas sperrig und wird häufig missverstanden. Daher möchte ich mit einigen Pinselstrichen erläutern, was das Fest bedeutet und welchen Gewinn wir daraus ziehen können.

Inmitten des Advents, in der Erwartung des Erlösers, feiert die Kirche das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens.

Viele Christen wissen nicht so genau, was eigentlich dieses Fest bedeutet. Als mein Vater schon ein gewisses Alter erreicht hatte, fragte er mich nach dem Sinn des Festes. Auch neulich stellte eine meiner Schwestern von mir die gleiche Frage.

Im Jahr 1854, und zwar am 8. Dezember, verkündete der damalige Papst Pius IX das Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Hier ein Auszug aus dem Text: „Dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Fehl der Erbsünde rein bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft zu glauben“.

Was bedeutet dieses Fest für unseren Alltag, für unsere Beziehung zu Gott, für unser Bild von dieser Frau, die Gott als Mutter für seinen Sohn auserwählt hat?

Gott hat die Welt geplant und erschaffen. Auch der Mensch war Teil dieser Planung. Und hoppla, da geschah den Menschen ein Malheur: Die erste Sünde. Eine Korrektur musste her. Der Sohn Gottes musste in die Welt kommen, um die Menschen von der Sünde zu befreien. Der Sohn wollte auf die Welt kommen, und zwar als Mensch geboren von einer Frau. Und was tut dann Gott? Er schmückt diese Frau mit allen erdenklichen Gaben, die ein Mensch überhaupt auf sich nehmen kann und befreit ihn von allem Schmutz, von jeglicher Sünde. Passend dazu der berühmte Satz von Duns Scotus „deus potuit, decuit, ergo fecit“ (zu Deutsch: „es ziemte sich, er (Gott) konnte es, daher machte er es“).

Man muss es sich so vorstellen, dass Gott das beste Abbild seiner selbst erschaffen hat, das es geben kann und geben wird. Und dieses perfekte Abbild Gottes ist Maria von Nazareth, die Mutter des Sohnes. Und logischerweise gehört dazu, dass sie keinerlei Berührung mit einer Sünde erfuhr.

Gott führt ein Ranking, nicht nur wir. Und dieses sieht wie folgt aus: Jesus ist als Sohn Gottes vollkommener Mensch (Athanasisches Glaubensbekenntnis); Maria, seine Mutter, wurde ohne Sünde empfangen. Und der höchste Prophet aller Zeiten, Johannes der Täufer, wurde mit Sünde empfangen, aber ohne Erbsünde geboren. Im Gegensatz dazu wurden und werden wir alle mit der Erbsünde gezeugt und geboren. Das ist die Reihenfolge im Ranking Gottes.

Das alles mag in unseren Ohren etwas gekünstelt klingen, nicht in den Plänen Gottes. Er verabscheut die Sünde, weil diese eine Beleidigung Seiner ist. Daher sollte seine Mutter frei von jeglicher Beleidigung sein, und zwar aufgrund ihrer außergewöhnlichen Berufung als Mutter, Braut und Tochter Gottes; aber auch aufgrund ihrer außergewöhnlichen Mitwirkung am Erlösungsplan zusammen mit ihrem Sohn.

Ergänzend möchte ich einen Text von einem bekannten Autor dazu fügen „Die Theologen haben sich häufig ähnlich ausgedrückt, um irgendwie diese Gnadenfülle zu erfassen, mit der wir Maria bekleidet sehen, und die sich mit der Aufnahme in den Himmel vollendet. Sie sagen: Es war angemessen, Gott konnte es tun, also tat Er es (Vgl. Johannes Duns Scotus, In III Sententiarum, dist. III, q. 1). Das ist die beste Erklärung dafür, dass der Herr seiner Mutter vom ersten Augenblick ihrer unbefleckten Empfängnis an alle nur erdenklichen Vorzüge gewährte. Sie war frei von der Macht Satans; sie ist schön — tota pulchra! — rein und lauter an Seele und Leib“ Escrivá (1972).

Maria ist den Menschen im Laufe der Jahrhunderte fast 1.000-mal erschienen, u.a. in Lourdes. Das war im Jahr 1858, d.h. 4 Jahre nach der Verkündigung des Dogmas, wie wir oben gesehen haben. Und so stellte sich die Mutter Gottes dem Dorfmädchen Bernadette Soubirous als „die Unbefleckt Empfangene“ vor. Das war sozusagen ihre Visitenkarte, ihr Identifikationsmerkmal.

Sie, lieber Leser, liebe Leserin, könnten mich zurecht fragen: Was habe ich davon, dass die Mutter Gottes all diese Gnaden erhalten hat? Sehr viel, lautet meine direkte Antwort. Diese Frau wurde von ihrem Sohn am Kreuz zu unserer Mutter auserkoren. Wir sind Kinder einer außergewöhnlichen Frau. Diese Frau aus Nazareth ist unsere Mutter!

Diese Frau residiert heute im Himmel und schaut ständig auf uns. Sie sendet uns unaufhörlich Liebkosungen, sie gibt uns Ratschläge, sie freut sich mit uns, sie leidet mit uns. Diese Frau im Himmel lebt mit uns hier auf Erden. Sie ist Teil unseres Lebens. Sie hat uns in ihr makelloses Herz geschlossen. Wir können ihre Liebe in unserem Herzen spüren. Sie flutet es mit einer tiefen, reinen Freude. Sie verleiht uns Flügel, damit wir über die Schwierigkeiten des Tages springen. Sind das alles Märchen, was ich hier schreibe? Nein. So viele Menschen haben im Laufe der Geschichte diese mütterliche Hilfe erfahren. Auch wir können dazu gehören, wenn wir sie in unser Leben hineinlassen und ihr unsere Liebe bezeugen.

Im Rosenkranz nennen wir Maria „Ursache unserer Freude“ (auf Latein „causa nostrae laetitae“) und das ist sie. Sie lässt uns an ihrer Lebensfreude teilhaben.

Und dies sollte der Tenor des heutigen Festes sein: Freude! Freuen wir uns, dass Gott solch eine Frau uns als Mutter geschenkt hat. Hier auf Erden werden wir sie höchstwahrscheinlich nicht sehen, aber wohl im Himmel. Sie wartet sehnsüchtig auf uns. Hegen wir eine Vorfreude auf diese Begegnung mit ihr. Dies soll uns täglich Ansporn sein, um den schwierigen Alltag zu meistern. Es wird einige Jahre dauern, bis diese Begegnung zustande kommt. Aber die Hoffnung auf dieses „Date“ soll uns tragen, Tag für Tag.

Die Schauspielerin Alissa Jung hat im Film „Ihr Name war Maria“ die Rolle Mariens gespielt. Anschließend sagte sie in einem Interview: „Maria schöpft ihre Stärke aus der Liebe heraus“.

Bitten wir Maria darum, dass sie uns an dieser Stärke teilhaben lässt, damit wir unseren Alltag gottwohlgefällig gestalten und voller Freude leben. Um Umgang mit ihr pflegen zu können, müssen wir uns klein machen. Nur so schaffen wir Platz für sie in unser Herz!

Literatur

Escrivá, J. M. (1972) Christus Begegnen, Madrid

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Der Autor

Dr.-Ing. Karl-Maria de Molina hat Ingenieurwissenschaften, Philosophie und Theologie studiert, und in Fahrzeugtechnik promoviert. Er hat Bücher über Automobiltechnik und Arbeitsmethodik geschrieben, und über Arbeitskultur und Kompetenzentwicklung herausgegeben. Er hat mehrere Lehraufträge in deutschen Universitäten; er hält Seminare über Führungskräfteentwicklung; er hat mehrere Unternehmen gegründet und innovative Produkte entwickelt und vermarktet.

Das notwendige Wissen für diese Artikelreihe hat der Autor erworben durch das Studium der Philosophie und Theologie, durch die tägliche Lektüre des Evangeliums und geistlicher Bücher; durch den täglichen Besuch der Eucharistie; durch die wöchentlichen Gespräche mit dem geistlichen Leiter und durch die Beichte; durch die wöchentliche Teilnahme an Vorträgen über geistliche Themen; durch monatliche Einkehrtage; durch jährliche Exerzitien.

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